FUNDRAISING-PRAXIS

Crowdsourcing – Hilfe kommt online

Die Stunde der Wintervögel: Nicht nur Crowdsourcing sondern auch Neuspendergewinnung
Die Stunde der Wintervögel: Nicht nur Crowdsourcing sondern auch Neuspendergewinnung

Grabsteine, Salamander, Fledermäuse. Nein, hier geht es nicht um einen Friedhof mit morbidem Charme und Naturschutzpotenzial, sondern um Crowdsourcing und Citizen-Science-Projekte, eine erfolgreiche Form des ehrenamtlichen Engagements per Internet.

Viele Vereine, aber auch öffentliche Körperschaften wie Museen und Archive in Deutschland beschäftigen sich mit ganz speziellen Themen und Inhalten. Für sie ist es nie leicht, Unterstützer und Förderer zu finden, denn spezielle Themen bedingen meist auch eine kleine und eher spezielle Zielgruppe, die bereit wäre, das Thema zu unterstützen, weil sie es per se schon mal versteht und seine Bedeutung erkennt.

Gerade im Bereich von Wissenschaft und Forschung setzten sich in den letzten Jahren immer mehr Crowdsourcing- Projekte durch. Dabei geht es aber weniger um Geld, als um ehrenamtliche Mitarbeit von Menschen, die Wissen in solche Projekte einbringen oder über spezielle Fähigkeiten oder Erfahrungen verfügen. Deshalb werden solche Projekte auch Citizen-Science-Projekte genannt. Ein Beispiel ist die Erfassung der Geburts, -Heirats und Sterbeurkunden der Kölner Bevölkerung zwischen 1876 und heute. Das Historische Archiv der Stadt Köln kam auf die Idee, diese bisher kaum erschlossenen Schätze der Großstadt durch Namensindexierung zu erschließen und online zugänglich zu machen. Doch der Umfang des Archivs einer Millionenstadt ist gewaltig, für wenige Archivmitarbeiter unmöglich zu stemmen, und dann sind diese Urkunden auch noch in der Kurrentschrift verfasst, die nicht mal mehr die heutige Rentnergeneration noch richtig lesen kann. Offene Arme fand das Archiv bei der Westdeutschen Gesellschaft für Familienforschung und dem Verein für Computergenealogie. Beide hatten ein hohes Interesse, diese Quellen der Familienforschung zugänglich zu machen und auch Experten, nämlich ihre Vereinsmitglieder, welche die alte Schrift perfekt lesen können. Im ersten Teilprojekt zu den Namensregistern der Kölner Innenstadt-Sterbeurkunden aus dem Zeitraum von 1938 bis 1978 schrieben über 100 Teilnehmer an dem Projekt 157.000 Daten aus 10.000 Seiten ab.

Doch dies ist nur ein Beispiel. Viele Organisationen haben den Wert dieser freiwilligen Hilfe per Internet erkannt und haben solche Projekte initiiert, um Salamander und Fledermäuse zu zählen, Alleen zu schützen, oder seltene Arten, wie den Wiesenknopf, eine seltene Schmetterlingsart, zu finden. Eine Übersicht solcher Projekte steht auf der Website „Bürger schaffen Wissen“, oder sie können dort bekannt gemacht werden.

Vom Online-Volunteer zum Spender

Organisationen wie der NABU oder der Landesbund Vogelschutz haben das mittlerweile auch als Chance verstanden, neue Mitglieder zu finden. Denn Menschen, die sich für ein Thema interessieren, sind einfacher zu gewinnen. Die jährliche „Stunde der Gartenvögel“ beziehungsweise die „Stunde der Wintervögel“ ist deshalb nicht nur ein gigantisches Crowdsourcing-Projekt, um Vogelbestände in Deutschland gut abzubilden, sondern bietet durch Telefon-Fundraising und E-Mail-Marketing auch die Chance auf effizientes Fundraising bei knapp 45.000 Vogelfreunden. Die nächste „Stunde der Wintervögel“ findet vom 6. bis 8. Januar 2017 statt.

Breite Öffentlichkeitsarbeit

Andere Organisationen machen auf Probleme aufmerksam, wie das Portal „Wheelmap“ der Sozialhelden aus Berlin, das barrierefreie Orte bekannt macht und so das Thema Inklusion stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert. Jeder mit einem Handy kann barrierefreie oder überhaupt nicht rollstuhlgerechte Orte in eine virtuelle Karte eintragen und so sichtbar machen. „Dank Wheelmap haben Menschen mit Mobilitätseinschränkungen jetzt einen Guide für rollstuhlgerechte Orte. Sie haben es damit leichter, im Alltag neue Orte zu entdecken und andere Menschen, auch nicht-behinderte, zu treffen. Das ist, ganz im Sinn der Wheelmap, dann Inklusion“, bringt es Raul Krauthausen von den Sozialhelden auf den Punkt. Aktuell sind über 700.000 Cafés, Bibliotheken, Schwimmbäder und viele weitere öffentlich zugängliche Orte erfasst. Täglich kommen über 300 neue Einträge hinzu.

Crowdsourcing bietet also die Chance, Menschen mit ähnlichen Interessen, wie sie der Verein hat, für sich zu gewinnen und auch größere Projekte mit deren Hilfe zu stemmen. Wie bei allen Ehrenamtsprojekten gilt es aber auch hier, den Aufwand und das Management für die Organisation nicht zu unterschätzen. Der Vorteil des Online-Volunteering ist zweifelsohne auch, dass Menschen ortsgebunden und zeitlich flexibel mitarbeiten. Mehr dazu auch im Beitrag im Handbuch Fundraising der Fundraising-Akademie von Hannes Jähnert und auf seinem Blog.

(Bild: NABU/Sebastian Hennigs)

Zurück

Einen Kommentar schreiben