FUNDRAISING-PRAXIS

Videos können nichts alles

Videos gewinnen in der Kommunikation immer mehr an Bedeutung. Doch sind sie auch Träger einer Spendenbotschaft und lösen eine Spende aus? Unser Gastautor Jan Heilig sieht sie eher als Eintrittskarte für die Spenderkommunikation.

Ja, ihr lieben Videomacher für die gute Sache, dieser Film ist ein Klassiker in professioneller Dramaturgie: Die goldene Regel der drei guten Dinge, dabei auch eine schöne Steigerung und zum Ende hin eine dramaturgische Wende, als klar wird: Hier geht es um Adoption. Und nicht zu vergessen: Der gesunde Humor – alles da. Alles gut ausgeführt.

Doch mir als Videomacher geht es um etwas anderes. Dieses Video ist nämlich auch ein Paradebeispiel in Türschwellen-Motivation.

Türschwellen-Motivation

Immer wieder predige ich meinen Kunden: Video ist KEIN Allround-Alleskönner-Tool, weder im Marketing, noch im Fundraising. Es hat Stärken, aber es ist eben nur ein Baustein. Warum? Nun, so ein Video läuft gerade mal ein bis zwei Minuten. Man kann es eine Million mal verteilen ohne Mehrkosten, ja. Aber den einzelnen Zuschauer erreicht es genau EIN MAL. Und diesen Zuschauer soll das Video dann in 60 Sekunden dazu bringen, bei Ihnen Mitglied zu werden, oder für Ihre Organisation zu spenden? Wenn er vielleicht heute zum ersten Mal von Euch gehört hat? So ein Unsinn.

Die Stärke von Videos ist diese: Videos können Menschen über eine Schwelle bringen, ganz besonders Menschen, die zwar interessiert, aber noch nicht ganz entschlossen sind. Und das Video kann sie eben einen Schritt weiter bringen, nicht 20 Schritte. Es kann sie zum Beispiel auf den Button „Mehr lesen“ klicken lassen. Oder hilft ihnen vielleicht sogar, die Kontaktaufnahme zu wagen. Dafür sind Videos geradezu perfekt, denn sie können sehr gut Emotionen transportieren – oder auf sie reagieren.

Zwei Emotionen – ach – in meiner Brust!

Die Zielgruppe im Video oben sind Eltern, die schon über Adoption nachdenken. Sie stehen auf dem Sprung, aber sie scheuen sich noch. Zwei Emotionen bestimmen ihre Lage:

1) Sie haben ein Bedürfnis: Sie wollen gerne Eltern sein – denn die Liebe eines Kindes ist mit nichts vergleichbar.
2) Sie haben aber auch eine Sorge: Denn sie wollen gerne gute Eltern sein. Und wer ist das schon? Oder weiß es vorher?

Auf beide Emotionen zielt das Video. Es besänftigt Ängste – „Ihr müsst nicht perfekt sein“ – und es verstärkt die Motivation: „Ein Moment wie dieser braucht elterlichen Beistand! Also los jetzt. Dafür werdet Ihr geliebt werden.“

Ein gutes Non-Profit-Video ist immer ein gutes Türschwellenvideo. Und Teil einer Kette. Wer meint, dass es ein Alleskönner ist, nach dessen Produktion man sich gemütlich in seinen Sessel zurücklehnen kann – nun, der muss selber seine Erfahrungen machen.

Jan Heilig ist Filmemacher und Agenturinhaber aus Berlin und spezialisiert auf Non Profit-Videokampagnen. Sein Blog „Video für NGOs” bringt jede Woche ein neues Video mit Besprechungen und vielen nützlichen Tipps unter http://ngovideo.blogspot.de




(Bild: privat)

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