FUNDRAISING-PRAXIS

Frag Deine Spender! Spenderbefragungen

Kosten reduzieren und Ertrag steigern: die wunderbare Vorstellung jedes Vereins- oder Stiftungsvorstandes. Doch dazu braucht es vor allem Informationen über die Zielgruppe. Warum nicht einfach mal mit den Spendern sprechen?

Spendende waren lange Zeit eine Black-Box. Spendenorganisationen wussten zwar, wie oft und wie viel gespendet wird, aber warum und mit welcher Motivation gegeben wird, war einfach nicht bekannt. Es wurde auch nicht danach gefragt.

Viele Informationen

Das hat sich mittlerweile verändert. Große Organisationen führen schon seit einigen Jahren Spenderbefragungen durch, um mehr über ihre Spender zu erfahren und um Potenziale zu erkennen. So dokumentiert Michael Urselmann in seinem Buch „Fundraising“ die Befragung von „Brot für die Welt“ aus dem Jahr 2011, in der 75.000 Förderer schriftlich befragt wurden. Die Rücklaufquote betrug 8,1 Prozent. Bei Großspendern sogar 15,1 Prozent. Ergebnis war neben vielen Interessenten für Anlassspenden, Testament, Dauerspende und Zustiftung auch 15.000 Einzelinformationen über Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Alter, Beruf und Anzahl der Kinder.

Interaktion stärkt Spenderbindung

Der große Vorteil von Spenderbefragungen ist aber die Interaktion mit den Spendenden. Sie fühlen sich dadurch ernst genommen. Deshalb ist es auch wichtig, diese Form der Spenderkommunikation immer auch mit dem Service- und Feedback-Gedanken zu verbinden und nicht nur stumpf nach demografischen Merkmalen zu fragen. Hier geht es um Beteiligung und echtes Interesse. Deshalb sind auch offene Fragen, das heißt ohne Antwortvorgaben, ein wichtiger Teil eines Fragebogens.

Die Form der Befragung ist dabei sehr unterschiedlich und richtet sich auch nach dem Zielpublikum. Sind Adresse und Telefonnummer bekannt, ist eine schriftliche oder telefonische Befragung möglich. Der Unterschied ist, dass bei schriftlichen Befragungen immer eine intensivere Auseinandersetzung des Befragten mit dem versandten Fragebogen stattfindet. Das ist bei der inhaltlichen Konzeption zu beachten.

Bezahlte Marktforschung

Bei telefonischen Befragungen wird der Spender besser durch den Fragebogen geführt. Fragen können nach Interessen gesplittet oder, wie es in der Fachsprache heißt, gefiltert werden. Das ist bei schriftlichen Befragungen deutlich eingeschränkter möglich, weil der Spender die Filterung natürlich besser nachvollzieht. Ein weiterer Vorteil der telefonischen Befragung ist die persönliche Nähe durch den Anrufer. Das goutieren Spender sehr. Ein Nachteil sind die Kosten, denn für eine größere Anzahl von Telefonaten ist ein ausführender Dienstleister fast unabdingbar. Allerdings können die Kosten leicht durch eine Spendenbitte kompensiert werden. Im Fall von „Brot für die Welt“ legte die Organisation dem Fragebogen einen Überweisungsträger bei. Die auf die Fragebogenaktion eingehenden Spenden überstiegen sogar die Kosten und produzierten einen Return on Investment (ROI) von 1,6. Tom Neukirchen, ein Spezialist für Spenderbefragungen aus Hamburg der beim Deutschen Stiftungstag 2015 in Karlsruhe zu dem Thema sprach, stellt bei den Kunden seiner Agentur außerdem starke Responsequoten von 1,6 bis 4,9 Prozent bei bisher inaktiven Spendern fest. Bei aktiven Spendern lag sie sogar bei bis zu 30 Prozent. Seiner Meinung nach ist deshalb eine Spenderbefragung eine bezahlte Marktforschung. Er schätzt den ROI solcher Aktionen immer größer 1 ein und hält das Ergebnis in fast allen Spendersegmenten für kostenneutral.

Auch für kleine NGOs geeignet

Also wieder nur ein Instrument für die großen Organisationen? Weit gefehlt. Beliebt ist die Online-Befragung. Sie ist strukturiert, schnell und durch die vielen Anbieter am Markt meist auch günstig. Allerdings ist sie weniger persönlich und kann durch die Anonymität nicht für die Anreicherung mit Spenderdaten dienen, es sei denn, der Spender gibt seinen Namen freiwillig an. Der Vorteil liegt darin, dass man hier auch Interessenten und nicht nur die Hausliste befragen kann. Etwa Facebook-Fans und Online-Spender, von denen man nur eine E-Mail-Adresse und einen Namen hat. Sie fühlen sich durch dieses Medium auch ernst genommen und reagieren. Selbstverständlich können kleine Organisationen natürlich ihre Spender für eine Umfrage auch anrufen und dabei wichtige Informationen sammeln. Eine Vollerhebung, also alle Förderer zu befragen, ist dafür meist nicht nötig. Schon die wenigen Impulse aus 10 bis 20 Gesprächen reichen meist, um Veränderungen und Verbesserungen zu erkennen. Welche Impulse eine Befragung setzen kann, zeigt die Auswertung einer Spenderbefragung des Kolpingwerks, die öffentlich zugänglich ist.

Spender-Panel – die hohe Kunst

Gerhard Wallmeyer, Leiter der Fundraisingabteilung bei Greenpeace, sagte auf dem Deutschen Fundraisingkongess 2015 zu seinen Erfahrungen: „Spender lieben es, befragt zu werden und wir verzeichnen hohe Öffnungs- und Responseraten.“ Ein Grund mehr, es genauer wissen zu wollen. Gemeinsam mit Tom Neukirchen baute Greenpeace ein Spender-Panel mit 2.000 Personen auf. Ziel ist es, von diesem relativ genauen Abbild der Greenpeace-Förderer auf die große Zahl der Förderer aber auch möglicher Unterstützer zu schließen und sich noch besser den Spenderwünschen anzupassen.

Der Vorteil des Panels liegt in der Regelmäßigkeit der Befragung. So können Veränderungen im Spendenverhalten durch bis zu zwölf Befragungen pro Jahr erfasst und die Spenderwünsche bereits in die Planung von Projekten einbezogen werden. Gleichzeitig liefert das Panel auch Spendertypen, was die Zielgruppenselektion vereinfacht. Neukirchen hat auch mit einzelnen Online-Befragungen bereits gute Erfahrungen gemacht, um die Spenderdaten anzureichern und Interessengebiete zu identifizieren.

Alles in allem sind Spenderbefragungen ein probates Mittel für große wie kleine Organisationen um Spender zu binden und die Interaktion zu stärken. Außerdem sind so wertvolle Informationen über das Spendenverhalten und Wünsche identifizierbar. Mit diesen Ergebnissen sind zukünftige Spendenaktionen genauer planbar oder es können Veränderungen im Organisationsablauf, im Kommunikationsverhalten oder der Spenderansprache und -pflege umgesetzt werden.

(Bild: Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Psychologie, Projektbüro GI:VE)

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