FUNDRAISING-PRAXIS

Kleinvieh macht auch Mist.

D-Mark

Spricht man im Verein von Kleinspenden, bekommt die Buchhaltung meist graue Haare. Rechnet sie doch mit enormem Buchungsaufwand, der durch die Spendenhöhe kaum berechtigt erscheint. Doch Studien und praktische Erfahrungen beweisen, dass eine Menge Kleingeld gesammelt zu großen Erträgen führt.

Laut einer Studie der Bundesbank liegen über 1,5 Milliarden Euro in Münzen bei uns Bundesbürgern ungenutzt in den „Schubladen“. Ein enormes Potenzial. Noch skurriler wird es bei den D-Mark-Beträgen. Seit fast zwölf Jahren hat die D-Mark als Zahlungsmittel ausgedient und doch schätzt die Bundesbank den Bestand in deutschen Haushalten auf 6,23 Milliarden D-Mark in Scheinen und rund 6,85 Milliarden D-Mark in Münzen. Der Gesamtwert liegt umgerechnet bei stolzen 6,69 Milliarden Euro.

D-Mark in Schubladen

Dass soviel Geld keinen Nutzen stiftet, ärgerte auch die Berliner Verlegerin Kerstin Hack. Ihre Idee der Spendenseite www.d-mark-spenden.de entstand aus einer Verkettung von Zufällen: „Einer Freundin fielen beim Aufräumen 50 D-Mark in die Hände. Meiner Mutter einige Münzen. Ich selbst fand auch ein paar Pfennige in einem Schrank. Alles innerhalb kurzer Zeit“, erinnert sie sich. Da fiel bei ihr buchstäblich der Groschen: „Ich dachte mir: Womöglich gibt es noch mehr Menschen, die D-Mark übrig haben.“ Kurzerhand fragte sie bei der Hilfsorganisation Shelter Now nach, ob dort noch Spenden in D-Mark akzeptiert würden, und informierte dann per Newsletter die Kunden ihres Verlags. Mittlerweile kamen 6.000 D-Mark zusammen, um Obstbäume in Afghanistan zu pflanzen und die Versorgungslage der Bevölkerung zu verbessern. Auch andere Projekte sind bereits auf der Plattform vertreten. Hack tritt dabei einem Problem entgegen, das alle Organisationen mit D-Mark-Spenden haben. Die Bundesbank tauscht in neun Bundesländern nur noch in maximal zwei Filialen D-Mark um. Hack dagegen garantiert dafür, dass an sie eingesandte Beträge an die Projekte in Euro weitergeleitet werden. Die ehrenamtlich betreute Website hilft so, alten Scheinen neues Leben einzuhauchen und ist durchaus noch für andere Projekte offen. „Erfolg hat es, wenn einzelne Menschen in ihrem Umfeld aktiv werden und ihre Freunde auf diese Möglichkeit hinweisen: Hier könnt ihr eure alte D-Mark sinnvoll einsetzen. In der Regel ist es am Besten, wenn die Leute das Vertrauen der anderen haben und das Geld entgegen nehmen und selbst einsenden. Das spart anderen die Mühe und erhöht die Bereitschaft, zu geben“, berichtet Kerstin Hack von ihren Erfahrungen. „Einer ,fremden‘ Organisation spenden Menschen in der Regel nur selten etwas - auch hier läuft es über bestehende Beziehungen und Vertrauen“, berichtet sie.

Fremdwährungen einsammeln

Auch andere Währungen sind für Non-Profit-Organisationen von großem Interesse. So ergab eine Studie beim Meinungsforschungsportal Yougov, dass jeder zweite erwachsene Deutsche (55 Prozent) bereit wäre, sein restliches Urlaubsgeld für einen guten Zweck zu spenden. Unternehmenskooperationen können hier helfen, an diese Urlaubsspenden zu kommen.

Im Rahmen der „Change for Good“-Partnerschaft mit UNICEF rief beispielsweise die Fluggesellschaft easyJet ihre Passagiere auf, vom 15. Juli bis 30. September 2013 Kleingeld ungenutzter Fremdwährung gleich an Bord zu spenden. Leider liegen die aktuellen Zahlen bei UNICEF noch nicht vor, aber im Sommer 2012 wurden so mehr als 21.000 Euro gesammelt. „Sein Kleingeld auf einem Urlaubsflug zu spenden, ist eine sehr unkomplizierte Art, zu helfen“, bestätigt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. „Jeder Beitrag zählt – und die Hilfe kommt an.“

Problematischer ist hier eher der Umtausch der Fremdwährungen. Aber auch dafür gibt es Lösungen. Firmen wie Coin Co International tauschen beispielsweise 50 Hartgeld-Sorten und 150 Währungen in Scheinen nach dem aktuellen Financial Times Index in Euro um. Opportunity International arbeitete mit seiner Initiative D-Mark-Detektive mit dem Aachener Unternehmen GFC Handel zusammen.

Spendendosen aufstellen

Das Kleinvieh wirklich Mist macht, berichtet auch Nicolaus Stadeler von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im Interview. Knapp eine Million Euro nimmt er über seine 15.000 Spendenschiffchen ein, die in Kneipen, Bars und bei Händlern stehen. Gerade die Anfrage bei Händlern der Region für regionale Projekte kann erfolgreich sein. Besonders beliebt sind Apotheken, Buchläden, Cafés oder Kneipen. Wert gelegt werden sollte auf die Sicherheit der Spendendosen und deren regelmäßige Leerung. Dem Dosenaufsteller sollte möglichst wenig Aufwand entstehen. Ein Flyer oder ein Plakat im Laden, die den Spendenzweck verdeutlichen, sind sinnvoll. Hilfreich übrigens, wenn ein paar Cent in der Spendendose sichtbar verbleiben. So wird der Spendenwunsch sofort deutlich.

Ganz anders geht die Stiftung DEUTSCHLAND RUNDET AUF vor, die Kunden an Supermarktkassen animiert, mit den Worten „Aufrunden bitte!“ bis zu 10 Cent zu spenden. Und es funktioniert. Seit dem Start im März 2012 wurde bereits über 35 Millionen Mal aufgerundet und 1,6 Millionen Euro gespendet. Darüber hinaus mobilisiert die innovative Spendenform vollkommen neue Spender. Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung OC&C haben 21 Prozent aller Aufrunder nie zuvor gespendet. Zudem werden auch deutlich jüngere Spender erreicht. 43 Prozent der Aufrunder sind unter 39 Jahre alt, konstatiert OC&C. Demgegenüber sind unter allen Privatspendern laut GFK nur 15 Prozent dieser jungen Spendergruppe zuzuordnen. Nina Jäcker, Geschäftsführerin der DEUTSCHLAND RUNDET AUF Partner GmbH sieht ihr Konzept bestätigt: „Wir wollen und werden dieses große Potenzial weiter ausschöpfen und noch viel mehr Menschen und Handelspartner für das Aufrunden begeistern.“

Matthias Daberstiel

 

(Foto: PR)

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