FUNDRAISING-PRAXIS

Fundraising macht nicht alle glücklich - Umgang mit Widerstand

Fortschritt

Kennen Sie das auch? Widerstand gegen Fundraising in der Organisation kann ganz schön nervenaufreibend sein. Wir erleben es immer wieder, dass viele Fundraiser und Fundraiserinnen vor allem damit zu kämpfen haben, wie sie Rückendeckung der Leitung erhalten und Mitstreiter für die Umsetzung überzeugen können. Denn Fundraisingaufbau, Maßnahmenoptimierung oder die Einführung neuer Instrumente bedeuten immer Veränderung.

Weshalb und wie verändert sich etwas in einer Organisation? Da sind zunächst Impulse: entweder von außen (Mitbewerber, aktuelle Anlässe wie zum Beispiel eine Notsituation) oder von innen (neue Ideen, Vorgabe aus der Führung, Hinweise aus dem Controlling). Auch äußere Rahmenbedingungen können manchmal geradezu zur Veränderung zwingen (Wegfall von Zuschüssen, Mitgliederschwund, Überalterung der Zielgruppe). Dennoch kommt es vor, dass eine Organisation den Leidensdruck oder eine Bedrohung so stark anwachsen lässt, bis sie kurz vor dem Scheitern steht. Oft sehen nur einige wenige die Notwendigkeit zur Veränderung. Deshalb ist es wichtig, sich die Formel der Veränderungsenergie (nach Richard Beckhard, 1977, David Gleicher, 60er Jahre, sowie zur Bonsen, 2003) vor Augen zu halten:

U x V x E > W

U = Unzufriedenheit mit der Realität
V = Vision einer möglichen Zukunft
E = erste Schritte und Ideen
W = Widerstand gegen die Veränderung

Alle drei Faktoren müssen größer „Null“ sein, damit Veränderung geschieht. Es reicht leider nicht aus, wenn nur Einzelne diese Faktoren bei sich selbst erfüllt sehen - es braucht:

  1. eine kritische Masse Veränderungswilliger, die voranschreiten (also mit denen arbeiten, die Lust auf Veränderung haben),
  2. die Erkenntnis der Notwendigkeit der Veränderung, bei Leitung/Führung und Mitgliedern, Mitarbeiterschaft oder Ehrenamtlichen - wenn die nicht ausreichend „flächendeckend“ vorhanden ist, muss sie gezielt herbeigeführt werden. Hierzu eignen sich insbesondere Methoden die Beteiligung ermöglichen wie World-Café, Zukunftskonferenz oder auch Real Time Strategic Change (RTSC).
  3. Ohne Vision, also ohne eine Vorstellung, wie es und was zukünftig (besser/anders) werden soll, entsteht auch keine Veränderungsenergie. Und je allgemeiner eine Vision formuliert ist, desto schwächer ist ihre Wirkung. Nur eine konkrete, praktisch vorstellbare und positiv animierende Vision kann Energie frei setzen. Visionen entstehen auf vielerlei Weise - die besten Erfahrungen haben wir mit Open-Space-Konferenzen oder Zukunftswerkstätten gemacht.
  4. Eine Vision verliert ohne Vorstellungen von ersten Schritten ihre motivierende Kraft. Es genügt nicht, ein feuriges Zukunftsbild zu haben, aber keinen Ansatz für die Umsetzung. Fehlt dieser, verpufft das Feuer einer mitreißenden Vision.
  5. Widerstände können niemals vollkommen verhindert oder vermieden werden. Während des gesamten Veränderungsprozesses tauchen immer wieder Reaktionen auf wie Widerspruch, Aufregung, Ausweichen oder Lustlosigkeit - alles Symptome des Widerstandes. Wer Widerstand nicht fürchtet, sondern als Anzeiger für Themen oder Aspekte nimmt, die vielleicht in der Begeisterung übersehen wurden, kann diesen Phänomenen gelassen und wertschätzend gegenüber treten. Weil Widerstand menschlich und natürlich ist.
  6. Keine Angst vor der Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigkeit! Das ist der Abschied von dem Glaubenssatz, man müsse unbedingt „alle mit ins Boot holen“. Unserer Erfahrung nach hat man es - grob gesprochen - mit einer Drittelung der Beteiligten zu tun: ein Drittel hat Lust auf Veränderung, ein Drittel weiß noch nicht so recht und wartet erst mal ab und ein Drittel ist zunächst skeptisch und dagegen. Haben die Voranschreitenden nach einiger Zeit diejenigen aus dem zweiten Drittel erreicht, gehen immerhin schon weit über die Hälfte aller die Veränderung mit. Und es bleiben am Ende immer einige wenige übrig, die sich nach wie vor dagegen stellen und ggf. ihre persönlichen Konsequenzen daraus ziehen (innerliche Kündigung oder gehen).
  7. Die Führung muss sich bekennen: Auch wenn sich dies für manche wie ein rotes Tuch liest: Ohne die Entscheider geht es nicht. Wenn die nicht glaubwürdig hinter den Zielen und dem angedachten Weg stehen, wird die Energie schon im Keim erstickt. Veränderung beginnt also zu allererst mit einer Stakeholderanalyse. Sie deckt die Interessen und Motive der wesentlichen Stakeholder auf. Diese Erkenntnisse entscheiden darüber, wer wann, wie und in welcher Rolle in den Prozess einzubinden ist.

 

Susanne Reuter




Susanne Reuter, Zentrum für Systemisches Fundraising

 

(Foto: matthias21-Fotolia.com, PR)

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