FUNDRAISING-PRAXIS

Mehr als eine Finanzspritze – was Krankenhaus-Fundraising leisten kann

Was vor wenigen Jahren noch selbstverständlich schien, ist heute nicht mehr sicher. Krankenhäuser als öffentliche Institutionen können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ihre laufenden Ausgaben und Investitionen vollständig aus öffentlicher Hand gedeckt werden. Sie sind verstärkt darauf angewiesen, nach neuen Wegen der Finanzierung zu suchen. Heute schon kann unser Gesundheitssystem nicht mehr alle Kosten voll decken. Das wird dazu führen, dass wir zukünftig mehr Selbstbeteiligungen leisten müssen. Aus diesen Gründen haben auch in Deutschland viele Krankenhäuser damit begonnen, ein professionelles Fundraising aufzubauen. In den USA gehört eine Fundraising-Abteilung zu jedem Krankenhaus dazu, wobei diese allerdings, anders als in Deutschland, auch die Grundversorgung mit absichern muss.

Krankenhäuser sind zunehmend auf finanzielle Unterstützung angewiesen

Unabhängig von ihrer Trägerschaft, werden Krankenhäuser in Deutschland nach einem dualen System finanziert. Während die Betriebskosten von den Krankenkassen, Krankenversicherungen und (zu einem geringen Teil) von den Patienten selbst getragen werden, übernimmt der Staat die Investitionskosten für Gebäude und Ausstattung. Doch die leeren Kassen der Landeshaushalte bringen dieses duale System immer mehr an seine Grenzen: Notwendige Investitionen können nicht mehr getätigt werden. Über Fundraising kann ein Krankenhaus Projekte und Vorhaben finanzieren, die ansonsten nicht realisierbar wären.

Werfen wir einen Blick in die USA, wo Krankenhaus-Fundraising sehr erfolgreich betreiben wird. Nach einer Studie von Roland Berger kümmern sich in einer einzigen Fundraising-Abteilung einer US-amerikanischen Klinik durchschnittlich 14 Vollzeit-Mitarbeiter um die Organisation von Special Events, die Kommunikation mit Spendern und Förderern und Stiftungsbelange. Die Kliniken nehmen jährlich 100 bis 200 Millionen Dollar an Spenden ein, was bis zu 15% ihres Umsatzes ausmachen kann. Anders als in den USA dient in Deutschland das Krankenhaus-Fundraising nicht der Absicherung der Grundversorgung und Forschung. Es wird benötigt, um zusätzliche Projekte zu finanzieren, die das Niveau der Versorgung anheben, Innovationen ermöglichen und die Qualität des Aufenthaltes erhöhen.

Die Mittelbeschaffung für Kliniken muss strategisch und „von innen heraus" erfolgen

Fast jedes deutsche Krankenhaus unternimmt bereits heute zumindest vereinzelte Anstrengungen, Spenden einzuwerben und so zusätzliche Mittel zu erlangen. Allerdings gehen die wenigsten Häuser diese Aufgabe systematisch an. Für den Erfolg kommt es aber entscheidend darauf an, das Fundraising als strategische Aufgabe der Organisation anzusehen.

Einige Krankenhäuser haben interessante und innovative Wege gefunden, die Mittelbeschaffung in ihrer Einrichtung zu etablieren. Andere setzen lieber auf Einsparmöglichkeiten und externe Unternehmensberatungen, wie das folgende Beispiel zeigt: „Diak mit Zukunft“ – so heißt das Projekt, das im Herbst 2011 von der Diakonie gestartet wurde. „Aufgrund wirtschaftlich unbefriedigender Ergebnisse“, so der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Lenke, wurde eine Unternehmensberatung beauftragt, die zunächst Einsparmöglichkeiten in der Verwaltung suchte und die 1,5-Personen-Abteilung Fundraising kurzerhand auflöste. Dank der „Benchmarks“ der Unternehmensberater („sie wissen auf gut Deutsch, was anderswo gezahlt wird“, so Lenke) würden nun 1,3 Millionen € jährlich bei medizinischen Sachkosten eingespart. Damit und durch zusätzliche Einsparungen im laufenden Betrieb soll schon 2013 mit dem Bau der Kinderklinik begonnen werden, ein zweiter Neubau soll 2017 folgen.

Für Dariush Ghobad, Fundraiser am Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach (EVK), liegen die Vorteile in einem integrierten Fundraising-Konzept. Er findet es besonders wichtig, dass die Mittelbeschaffung einer Klinik „von innen heraus" erfolgt und dass die Kommunikation zu allen Ebenen, insbesondere zur Geschäftsführung, funktioniert. Dass sein strategischer Ansatz aufgeht, das will er mit einem ambitionierten Projekt beweisen. Die seit zehn Jahren ambulant tätige Hospizarbeit „Die Brücke" soll ein Dach über dem Kopf erhalten. Die Kosten für den Hospiz-Neubau belaufen sich auf etwa eine Million Euro, die Krankenkassen werden nach Fertigstellung etwa 90 % der laufenden Kosten übernehmen. Ghobad ist zuversichtlich, dass die nötigen Finanzmittel bis Dezember 2013 bereitstehen werden.

Krankenhaus-Fundraising leistet mehr, als nur Gelder einzusparen. Gerade die Einbindung bestehender Initiativen ist nur möglich, wenn ein intensiver und kontinuierlicher Dialog mit den Ansprechpartnern geführt wird. „Das kann eine externe Unternehmensberatung kaum leisten", so Ghobad. Die (Studie von Roland Berger) zeigt an einem eindrucksvollen Beispiel, was Krankenhaus-Fundraising auf dieser Ebene leistet: Der 2008 gegründeten Stabsstelle am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ist die Integration bestehender Initiativen für eine erfolgreiche Projektfinanzierung gelungen. Das ist das Ergebnis einer intensiven Betreuung der Vorstandsvorsitzenden bestehender Fördervereine und Stiftungen. Immerhin fünf der sechs Fördervereine waren am Ende des Dialogs bereit, ihre Ressourcen zu bündeln, um gemeinsam den Neubau der Universitätsklinik zu finanzieren.

Nicht zuletzt ist eine professionelle Markenbildung und ein Kommunikationskonzept wichtig, um Identifikationsmöglichkeiten für potentielle Spender zu schaffen: Das Patientensicherheits- und Simulationszentrum (TüPASS) am Universitätsklinikum Tübingen wurde zu einer echten Marke entwickelt, mit der sich potentielle Förderer identifizieren können. Durch die professionellen Markenpositionierung war es für TüPASS möglich, Sponsoringverträge mit namhaften Firmen aus der Pharma- und Medizintechnik abzuschließen.

Um langfristige Unterstützung für nötige Investitionen zu finden, gibt es für Krankenhäuser verschiedene Wege. Generell hat es sich jedoch bewährt, folgende Punkte zu beachten:

Krankenhaus-Fundraising sollte:
(Studie von Roland Berger)

- als zentrale Stabsstelle, nahe bei der Unternehmensleitung eingerichtet werden
- über die notwendigen Personalressourcen verfügen, die sich an der Größe des Krankenhauses orientieren: mindestens mit einer (Vollzeit)stelle besetzt sein
- mit einem ausreichenden, möglicherweise projektbezogenen, Budget ausgestattet sein
- auf ein systematisches Controlling ausgelegt sein: Kennzahlen wie Kosten, Responserate und Spendeneinnahmen bei den verschiedenen Maßnahmen erheben
- ein Key-Account-Management für Großspender und Firmen einrichten
- möglichst viele Klinikmitarbeiter von den Fundraising-Zielen und –Aktivitäten überzeugen und sie zu Botschaftern der Sache machen

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