FUNDRAISING-PRAXIS

Crowdfunding – Alles oder nichts!

Screenshot Startnext Reporter ohne Grenzen.

Nicht jeder Trend aus den USA wird in Europa ein Hit, aber Crowdfunding hat mittlerweile eine veritable Entwicklung hingelegt. Über 2 Millionen Euro wurden bereits von der Crowd für verschiedenste Projekte aufgebracht. Gemeinnützige Organisationen müssen bei dieser Methode aber einige Dinge beachten, unterscheidet sich Crowdfunding doch in einigen Punkten vom Fundraising.

Mitfiebern ist bei den Reportern ohne Grenzen (RoG) angesagt. Noch kurz vor dem 5. April 2013 steht der Zähler ihres Crowdfunding-Projektes bei Startnext für das aktuelle Foto-Buch, dessen Verkauf die Arbeit der RoG finanzieren hilft, nicht bei 100 Prozent. Im Gegensatz zum Fundraising, wo auch Teilbeträge gespendet werden und direkt ankommen, gilt beim Crowdfunding das „Alles oder nichts-Prinzip.“ Wer bis zum Projektschluss nicht genügend Unterstützer motivieren konnte und das Geld nicht zusammen bekommen hat, der hat Pech. Viel Aufwand um nichts? Trotzdem erfreut sich Crowdfunding in Deutschland steigender Beliebtheit. „Wir befinden uns weiterhin in der Wachstumsphase. Die Anzahl der Projekte, der Unterstützer und der erfolgreichen Projektsummen wächst rasant“, stellt Joerg Eisfeld-Reschke fest, der den Trend schon seit Jahren beobachtet und das erste Crowdfunding Handbuch als E-Book veröffentlichte.

Immer noch drängen neue Plattformen, wie „Sciencestarter“, der Initiative „Wissenschaft im Dialog“ auf den Markt. Dessen erfolgreichstes Projekt klingt zwar mehr nach Studentenspaß, ist aber ernst gemeint: Das Forschungsprojekt „PfEn – Energetische Nutzung von Pferdemist“ erreichte die bislang höchste Fördersumme von 14.650 Euro durch 108 Unterstützer. „Wir sind stolz darauf, dass uns so viele verschiedenen Personen und Firmen unterstützt haben. Das ist ein deutliches Zeichen für das Interesse an unserer Forschung“, sagt die Energie- und Umwelttechnikerin Saskia Oldenburg. Jetzt kann sie mit dem Aufbau einer Versuchsanlage zur Trennung von Pferdemist für die Energiegewinnung an der Technischen Universität Hamburg-Harburg beginnen

Krösus im deutschen Markt der Crowdfunding-Plattformen ist „startnext“, die nach dem Crowdfundingmonitor von Fuer-Gruender.de 82 Prozent des Gesamtumsatzes der größten fünf Plattformen stemmen. Und ein Ende scheint nicht absehbar. 2012 lagen laut Crowdfunding-Monitor der Durchschnittsbetrag eines geförderten Projektes bei knapp 4.000 Euro und die Erfolgsquote bei 43 Prozent. Die Unterstützer geben dabei im Schnitt 67 Euro für ihre Lieblingsprojekte aus. Kein schlechter Wert! Die Macher der Crowdfunding-Plattformen schätzen, dass sich da aber noch mehr tut. Die Erfolgsquote auf startnext liegt momentan schon bei 54 Prozent. Das heißt, über die Hälfte der Projekte bei startnext schafft die 100 Prozent-Marke. Anne Theil, Geschäftsführerin bei startnext erwartet, das 2013 „noch mehr etablierte Kreative, Künstler oder Institutionen Projekte starten, die auch größere Fundingsummen realisieren können, weil sie ein größeres Netzwerk ansprechen können“. Damit wird natürlich auch die „Crowd“, also die Zahl der potenziellen Unterstützer, wachsen.
Gerade eben hat Kabarettist Dieter Hildebrandt für sein stoersender.tv-Projekt erfolgreich werben können. Seine Idee überzeugte die Unterstützer sogar so sehr, dass zum Schluss statt der avisierten 125.000 Euro sogar 153.114 Euro zusammen kamen

Aber auch kleinere Projekte sind erfolgreich. Der foodsharing e.V. zum Beispiel konnte dank Crowdfunding seine Plattform foodsharing.de starten, auf der man Lebensmittel, die man zu viel hat, an andere Menschen im Umfeld per App oder Website vermitteln und direkt weitergeben kann, anstatt sie wegzuwerfen.
Drei Erfolgsfaktoren macht Eisfeld Reschke für eine erfolgreiche Crowdfunding Kampagne aus. Er empfiehlt „eine Projektidee mit attraktiven Gegenleistungen, eine gute Vorbereitung und viel Kommunikation“. Gerade Letzteres ist entscheidend. Nicht nur die auf der Plattform versammelte Crowd gilt es zu überzeugen, sondern gerade die eigene Fanbase muss mobilisiert und während der einzelnen Finanzierungsphasen für das Projekt aktiviert werden. „Es reicht keinesfalls, nur eine Projektideen einzustellen und nach der Laufzeit wiederzukommen!“, betont er.
Anne Theil empfielt Non-Profit-Organisationen besonders, sich nicht hinter ihrer Organisation zu „verstecken“. Beim Crowdfunding gehe es um die Geschichten und die Motivation der Menschen, die das Projekt umsetzen, und diese sollten im Vordergrund stehen. Dazu ist in der Vorbereitung auch ein Perspektivwechel anzuraten, um die Projektpräsentation so effektiv wie möglich an die Wünsche der Crowd anzupassen.
Dies ist auch eine Stärke beim Crowdfunding. Durch die Gewinnung einer Mindestanzahl von Fans im Vorfeld, die Plattformen wie startnext sogar verbindlich vorschreiben, wird das Projekt sofort am Markt getestet. Vor der eigentlichen Finanzierungsphase werden die Erfolgsaussichten so schon klarer.
Matthias Wahler, Fundraiser, bei Reporter ohne Grenzen sieht auch in der Öffentlichkeitsarbeit den Vorteil des Crowdfunding, denn ein wichtiges Ziel des Fotobuches ist die nachhaltige Aufklärungsarbeit: „Wir haben so die Möglichkeit, bereits vor der Veröffentlichung von ,Fotos für die Pressefreiheit‘ auf das Foto-Buch zum Thema aufmerksam zu machen und Menschen direkt einzubinden.“ Das Fotobuch bot sich insofern an, da so die Produktionskosten nicht aus Spendenmitteln getragen werden müssen und das Buch als Gegenleistung zur Verfügung steht. Trotzdem war auch für Wahler dieses Projekt ein Lernprozess: „Wir waren auch neugierig, wie Crowdfunding funktioniert und was damit möglich ist. Das war unser erste Aktion und wir haben sehr viel gelernt.“ Jede Organisation muss also abwägen, ob dieses Modell etwas für sie ist, erwarten die Unterstützer doch konkrete Gegenleistungen. Damit ist Crowdfunding dem Sponsoring näher als dem Fundraising. Doch auch eine Unterstützung als Spende ist möglich. Gegenleistungen sollten dann jedoch aus steuerlichen Gründen mehr ideell als materiell angelegt werden.

Weiter Informationen zum Thema verspricht die am 17. April 2013 stattfindende Konferenz „The Future of Crowdfunding”. Das Programm beinhaltet Vorträge und Diskussionen mit Crowdfunding-Experten und Crowdfunding-Plattformen. Die Referenten der deutschen und europäischen Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen werden die wichtigsten Zukunftstrends und die drängendsten Fragen der Branche besprechen. Die Veranstaltung ist Teil der Crowdsourcing Week 2013, die am 3. Juni in Singapur stattfindet.

(Foto: Screenshot)

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Kommentar von Thomas |

Die Anzahl der Nutzer an Crowdfunding wächst immer weiter an, denn dadurch konnten in vielen Bereichen schon tolle Projekte auf die Beine gestellt werden. Mit der richtigen Idee und viel Arbeit ist Crowdfunding für viele eine echt Chance.