FUNDRAISING-PRAXIS

Vom Lückenbüßer zum Werbeeffekt

Freianzeigen-Mailing der Diakonie Katastrophenhilfe
Freianzeigen-Mailing der Diakonie Katastrophenhilfe

In fast jeder Tageszeitung und auch in Magazinen sind mittlerweile Anzeigen von gemeinnützigen Organisationen zu finden. Doch die meisten NGOs zahlen nichts dafür, sondern springen mit ihren Anzeigen nur in Layoutlücken. Wir zeigen, wie das geht.

Freianzeigen sind eigentlich Lückenbüßer und werden deshalb auch Fülleranzeigen genannt. Oft stellen Zeitungen und Magazine im Produktionsprozess fest, dass bei ihnen eine Lücke im Layout entsteht, die partout nicht gefüllt werden kann. Dann greift der Layouter nach Anzeigen, die von gemeinnützigen Organisationen eingesandt wurden und die ohne finanzielle Gegenleistungen gedruckt werden können.

Doch wie passt dann die Anzeige in die gerade entstandene Lücke? Ganz einfach: Organisationen liefern druckfähige Anzeigenvorlagen in den verschiedensten Formaten. Die Standard-Größen sind den Media-Daten der Zeitungen und Magazine zu entnehmen. Bei Zeitungen können aber auch sogenannte mm-Anzeigen gebracht werden. Dazu sollte man sich die Zeitung eine Weile anschauen und die Größen durchmessen und für die gebräuchlichsten Formate dann seine Motive entwickeln. Hilfreich ist es, einen Grafiker zu kennen oder beauftragen zu können. Deshalb findet man auch seltener kleine Organisationen mit Freianzeigen. Doch auch das geht, wie die Geschwister-Gummi-Stiftung aus Kulmbach zeigt, die verschiedene Formate auf ihrer Website zum Download zur Verfügung stellt. Der Verein hat thematisch eher allgemeine Motive gewählt. Größere Vereine oder Wohlfahrtsorganisationen wie SOS-Kinderdorf oder die Diakonie Katastrophenhilfe setzen dagegen auf verschiedene Themen und bitten die Verlage professionell mit Mailings und CDs mit digitalen Anzeigenvorlagen um eine Veröffentlichung zur Unterstützung ihrer Arbeit.

Die Freianzeigen auf der Website downloadbar zur Verfügung zu stellen ist ein probates Mittel, denn oft überlegen sich Layouter in Verlagen auch, was inhaltlich passen könnte und wählen danach spontan Organisationen aus. Etwa, wenn im Todesanzeigenteil gezielt eine Werbung für eine Testamentsbroschüre aufgenommen wird. Gut, wer da bei Google bei den Stichworten Freianzeige und Testament weit oben auftaucht, wie zum Beispiel die UNO-Flüchtlingshilfe.

Im Gegensatz zu früher entscheiden Verlage nicht nach der Spendenbescheinigung, ob sie Anzeigen bringen. Früher wurden nach Veröffentlichung noch Zuwendungsbestätigungen im Wert der Anzeige ausgestellt. Für die meisten Verlage würde das heute einen hohen bürokratischen Aufwand bedeuten. Michael Urselmann bezeichnet es in seinem aktuellen Handbuch Fundraising sogar als „heikel“, weil eigentlich aus Sicht des Verlags eine Umsatzsteuer anfallen würde. Deswegen verzichten Verlage oft darauf.

Ein Nachteil von Freianzeigen ist die fehlende Planbarkeit. Man kann zwar gezielt auf die Anzeigenabteilungen schriftlich oder telefonisch zugehen und sie um eine Veröffentlichung in einem definierten Zeitraum oder Medium bitten, aber ob das funktioniert, ist ungewiss. Die Medien entscheiden bewusst nach der Lücke und nur selten nach Dringlichkeit. Deshalb sind zeitlose Motive empfehlenswert. Kampagnenmotive haben eigentlich nur bei medial stark begleiteten Naturkatastrophen oder im Fall von klar definierten Medienpartnerschaften Chancen gezielt eingesetzt zu werden. Empfehlenswert ist es sicher zeitlosere Motive zu entwicklen, die inhaltlich in die Rubriken der Zeitungen passen. Persönliche Kontakte zu den verantwortlichen Anzeigenabteilungen können da nicht schaden, um individuelle Angebote zu machen.

Auch das Medium ist manchmal nicht planbar. So erfuhren die Kampagnenmacher der Jugendverbände verschiedener Hilfsorganisationen zu spät davon, dass Freianzeigen für ihre Kampagne „Was-geht-ab.de“ in rechtsradikalen Zeitschriften auftauchten. Offenbar spekulierten die dahinter stehenden Personen darauf, dass ihre Zeitschriften so unverfänglicher und seriöser daher kommen. Eine Strategie, die in der rechtsradikalen Szene bekannt und beliebt ist. Ein kaum kompensierbarer Nachteil.

Gemeinnützige Organisationen sollten also ihre Ressourcen (Grafiker, persönliche Ansprache), ihre Werbeziele und ihre Erwartungen genau prüfen, bevor sie Freianzeigen entwickeln und anbieten.

(Bilder: Fundraiser-Magazin)

Zurück

Einen Kommentar schreiben