FUNDRAISING-PRAXIS

Spendenaufrufe systematisch testen: so macht es Wikimedia..

Mit 3,8 Mio. Euro Spendeneinnahmen in 52 Tagen war die Online-Fundraising-Kampagne von Wikimedia Deutschland, dem deutschen Förderverein der Wikipedia, eine der erfolgreichsten hierzulande. Grund war ein ausgetüfteltes Test-Design, das Till Mletzko, Fundraiser bei Wikimedia Deutschland, kürzlich auf der fundraising2.0-conference vorgestellt hat. Systematisch haben er und seine Mitarbeiter Spendenaufrufe, Bannerdesigns und Landingpages optimiert und so der Wikimedia-Herbst-Kampagne zu einem durchschlagenden Erfolg verhelfen können.

Was wurde getestet?

Um Spenden zu generieren, schaltet Wikipedia einmal im Jahr Spendenaufrufe, die als Banner im oberen Teil der Website erscheinen. Für die Dauer von ca. 7 Wochen werden persönliche Aufrufe von Wikipedia-Aktiven geschaltet. Das bekannteste Gesicht ist mit Sicherheit das von Jimmy Wales, Gründer der Wikipedia. Aber auch Autoren, Mitarbeiter und Spender können sich mit einem persönlichen Spendenaufruf engagieren. In ihren Spendenaufrufen erzählen sie, warum es wichtig ist, für Wikipedia zu spenden, warum Wikipedia wichtig ist und was Wikipedia für sie selbst bedeutet. Ein Klick auf das Banner führt zu einer Landingpage mit einem persönlichen Aufruf und einem Spendenformular. Während der gesamten Dauer der Spendenkampagne testete Wikimedia systematisch Designs und Bestandteile verschiedener Banner und Landingpages. So wurden beispielsweise Fotos mit verschiedenen Hintergründen, Banner mit oder ohne Fotos sowie verschiedenfarbige Formulare ins Rennen geschickt. Ebenso wurde die Platzierung einzelner Banner-Elemente und – last but not least – das wording des Spendenaufrufes systematisch getestet.

Halten Sie die Testbedingungen konstant!

Wikimedia testete jeweils parallel zwei Banner, Landingpages oder Formulare für die Dauer von 1 bis 5 Stunden. Die erfolgreichere Variante wurde dann am folgenden Tag geschaltet. So können Online-Tools auch im Verlaufe einer Kampagne getestet und optimiert werden. Sicherlich richtet sich die Anzahl der Testläufe und der daraus resultierenden Ergebnisse nach den zur Verfügung stehenden Kapazitäten und dem Traffic auf der Website. Mit 180.000 Besuchern pro Kampagnen-Tag und 26 Tests innerhalb von 52 Tagen erzielte Wikimedia eine respektable Anzahl an Resultaten. Diese flossen direkt in die laufende Kampagne ein und Wikimedia wird in der nächsten Herbst-Kampagne darauf aufbauen. 

So planen Sie Ihren Test:

Machen Sie den AB-Test: Nur wenn sich zwei Testvarianten in genau einem einzigen Kriterium unterscheiden, lassen sich die Resultate wirklich klar zuordnen.
Überlegen Sie, wann getestet werden soll. Externe Faktoren wie das Wetter, die Uhrzeit oder Feiertage haben einen Einfluss auf die Online-Aktivität. Scheint draußen die Sonne, sitzen weniger Menschen vor dem Computer.
Halten Sie die Test-Bedingungen konstant. Führen Sie die Tests zu gleichen Zeiten und mit vergleichbaren Zielgruppen durch.
Wiederholen Sie Ihren Test! Um herauszufinden, ob sich ein Ergebnis reproduzieren lässt, lohnt es sich, von Zeit zu Zeit einen Test unter identischen Bedingungen zu wiederholen. Bei einem konträren Ergebnis sollte die methodische Herangehensweise überdacht werden.

Flexibilität und Schnelligkeit sind gefragt.

Die Wikimedia-Website basiert auf MediaWiki, einer Open-Source-Software, mit der alle Wikimedia-Projekte dargestellt werden und die frei nutzbar ist. Damit können Till Mletzko und sein Team selbst kreativ werden und schnell reagieren: eine absolute Grundvoraussetzung für das Online-Testverfahren. Das Testverfahren selbst und sämtliche Ergebnisse sind übrigens, wie alle Projekte von Wikimedia, öffentlich einsehbar. Hier finden Sie die Testergebnisse.

Dass der Fundraiser die Webseite selbst gestalten und benutzerfreundlich optimieren kann, ist eine Grundvoraussetzung für ein Online-Testverfahren.

So optimieren Sie Ihren Spendenaufruf.

Wie soll ein Spendenaufruf gestaltet sein, damit er wirklich jemanden überzeugt? Till Mletzko sagt: „Der Einstieg ist entscheidend. Wenn der Wikipedia-Gründer sagt: ‚Ich bin ein Freiwilliger‘, dann steht das konträr zu der Auffassung, er müsse doch eigentlich mit Wikipedia Geld verdient haben. Damit wird klar, dass sich niemand an Wikipedia bereichert. Erfolgreich war auch der Einstieg: „Es ist, als würde ich gerade die erste Zeile meines Nachrufs erleben.“ Mit diesen Worten verdeutlicht der Software-Entwickler und Wikimedia-Mitarbeiter Brandon Harris, was ihm dieses Projekt bedeutet und wie wichtig er es findet.“

Es ist entscheidend, mit dem ersten Satz zu überzeugen. Die Botschaft zu Beginn muss glaubwürdig und authentisch sein. In dem persönlichen Aufruf sollte ein Spendenaufruf platziert werden.

Viele Spendenaufrufe für Wikipedia wurden von Freiwilligen geschrieben. Wikimedia-Mitarbeiter führten mit diesen Freiwilligen ausführliche Interviews und Gespräche und konnten so die Authentizität der Aussagen prüfen. Das Ergebnis: je authentischer die Aufrufe waren, umso mehr Spenden wurden generiert.

Feststehende, allgemeine Aussagen gehören zur Struktur jedes persönlichen Aufrufes. Diese Grundaussagen sollte man vorher genau festlegen und dafür sorgen, dass sie immer mit kommuniziert werden. (Bei Wikipedia war das beispielsweise der Slogan: „Wir gehören zu den Top 5 der Webseiten, sind aber dennoch gemeinnützig und wir schalten keine Werbung“).

Innerhalb einer feststehenden Struktur, Mitarbeiter, Spender und Freiwillige mit ihrer eigenen Meinung zu Wort kommen zu lassen, das ist die hohe Kunst des persönlichen Spendenaufrufes. Till Mletzko sagt dazu: „Schreibt einen persönlichen Aufruf und veröffentlicht den auf Eurer Website. Zeigt einen Freiwilligen, einen Mitarbeiter oder den Geschäftsführer und lasst ihn seine Geschichte erzählen. Der Aufruf sollte nicht zu lang sein, einen tollen ersten Satz haben. Wenn der Aufruf nicht funktioniert, ändert ihn geringfügig. Das ist kein akkurater Test, aber auf jeden Fall ein erster Hinweis darauf, ob Ihr Euch auf dem richtigen Weg befindet.“

Größe und Zusammensetzung der Testgruppe

Was ist die ideale Größe einer Testgruppe? Lohnt es sich zu testen, wenn nur 1.000 Adressen in der Datenbank sind? Wir fragten Till Mletzko, der sich optimistisch zeigte: „Testen lohnt sich immer. Man sollte es aber systematisch angehen. Die einfachste Variante ist das klassische E-Mailing, das funktioniert auch mit 1.000 Adressen in der Datenbank. Man sollte natürlich seine Adressaten gut kennen und möglichst zwei identische Gruppen miteinander vergleichen (wie zum Beispiel eine gleiche Verteilung der Spendensummen). Auf die Art und Weise lassen sich beispielsweise zwei unterschiedliche Spendenseiten konkurrierend testen, indem man zwei unterschiedliche links in dem E-Mailing versendet."

Es ist die Herangehensweise an die Testverfahren, die über eine erfolgreiche Fundraising-Arbeit entscheidet. Auch mit kleinen Testgruppen lassen sich Ergebnisse erzielen. Wenn in der einen Testgruppe 10 Spender reagieren und in der anderen 100, so ist es wahrscheinlich, dass die zweite Konstellation erfolgreicher war, egal wie groß die Testgruppe ist. Till Mletzko sagt: „Wenn Wikimedia testet, dann sehen zwischen 10.000 und 25.000 Menschen eine Testvariante. Das sind natürlich Größenordnungen, die klare Aussagen zulassen. Wir haben pro Kampagnentag etwa 180.000 Besucher auf der Webseite, was Wikimedia natürlich in eine sehr komfortable Lage bringt. Deshalb sind hier auch marginale Differenzen entscheidend. Auch dass wir mit dem Test unterschiedliche Anreize setzen konnten, ist natürlich ein Faktor für den Erfolg und darauf werden wir bei unseren nächsten Tests aufbauen.“

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