FUNDRAISING-PRAXIS

Was in alten Büchern noch so steckt

Großer Andrang beim Floh- und Büchermarkt 2016 im Kloster Gerleve
Großer Andrang beim Floh- und Büchermarkt 2016 im Kloster Gerleve

Bücher sind für viele Menschen zu schade, um weggeworfen zu werden. Dieses Gefühl wird schon länger auch im Fundraising angesprochen. Denn wenn man damit noch etwas Gutes tun kann – umso besser!

von Pascal Theuerkauf

Die Idee war für Mary Sell nicht neu. Die Engländerin, die in Passau einen Buchladen betreibt, kannte das Oxfam-Prinzip, gespendete Bücher für den guten Zweck zu veräußern, aus ihrer Heimat. Gemeinsam mit einigen Unterstützern gründetet sie deshalb den Verein Book-Aid-Passau e.V. „Jeden Donnerstag öffnen wir den Laden für Interessenten und geben die Bücher gegen eine Spende in selbst gewählter Höhe ab“, berichtet sie. Seit 2008 sortieren Ehrenamtliche die Ware und machen sie verkaufsfertig. Über 30.000 Euro kamen so schon für den gemeinnützigen Zweck zusammen. Zuletzt 1.000 Euro für das Tageszentrum Passau. Dieses Zentrum ist eine offene Anlaufstelle für Menschen mit psychischer Erkrankung. Mit verschiedenen Workshops und Ausflügen unterstützt das Zentrum der Lebenshilfe Passau Menschen dabei, wieder in einen geregelten Tagesablauf zurückzufinden. In verschiedenen Räumen, wie zum Beispiel dem Entspannungsraum oder dem Werkstattraum, können sich die Besucher in familiärer Atmosphäre austauschen und gegenseitig helfen. Außerdem wird gebacken, gebastelt und gekegelt. Mit der Spendensumme können nun Ausflüge mit den Besuchern und Neuanschaffungen zur weiteren Freizeitgestaltung finanziert werden.

Diese Beispiel zeigt, wie für Spendenzwecke, die sonst schwierig zu kommunizieren sind, Gelder eingenommen werden können. Bücher gehören in Deutschland immer noch zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken, und Leseratten, die lieber auf Papier lesen, gibt es trotz E-Book immer noch in der Überzahl. Dass Bücher einmal weniger werden könnten ist momentan noch kein Problem. „Wir bekommen mehr als genug Bücher angeboten. Aus Haushaltauflösungen oder weil Studenten wegziehen“, berichtet Mary Sell. Sie hat sogar so viele, dass sie Bücher verschenkt. „In einigen Cafés durfte unser Verein Regale aufstellen, wo Besucher Bücher ausleihen oder tauschen können“, berichtet Sell. Ohne das Ehrenamt wäre das aber nicht möglich. Andere Vereine mit ähnlichen Zwecken wie die Genossenschaft Büchertisch Berlin oder Buchspende.org setzen auf Mitarbeiter, die sonst kaum vermittelbar sind oder auf Menschen mit Behinderung und machen so aus dem Buchverkauf ein Beschäftigungsprojekt.

Doch es braucht auch Kunden, die an den alten Büchern Interesse haben, und die Konkurrenz beim Verkauf alter Bücher ist groß, allerdings nicht durch Antiquariate, sondern durch Online-Buchaufkäufer wie Momox oder Rebuy. Mittlerweile gibt es mit Werzahltmehr.de sogar schon ein Vergleichsportal für Online-Buchankäufer. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen hat Mary Sell jetzt Unterstützung von Studenten erhalten: „Die haben uns ganz schön aufpoliert“, lacht sie. Ein neuer Facebookauftritt und ein Video sollen für das Konzept von book-aid werben.

Steuerlich handelt es sich bei dem Buchverkauf natürlich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Organisationen, die also vorhaben, Spendenbescheinigungen auszugeben, können das nicht mit der Abgabe eines Buches verknüpfen, weil es sich dabei um eine Gegenleistung handelt. Auch von Sachspendenbescheinigungen raten Experten ab, weil der taxierbare Wert eines gebrauchten Buches zu marginal ist.

Bücher sind aber auch ein Klassiker für Flohmärkte für den guten Zweck. Auf dem jährlichen Floh- und Büchermarkt im Klosterbauernhof der Abtei Gerleve zum Beispiel geht der Erlös für Projekte in Afrika. Zuletzt an den Yennenga e.V. der die Mädchenausbildung in Burkina Faso unterstützt. So ein Markt ist immer auch eine Gelegenheit, den sozialen Zweck gut an viele potenzielle Förderer zu kommunizieren. Perfekt für Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit.

(Bild: Kolodziejczyk, Yenennga e.V.)

Zurück

Einen Kommentar schreiben