FUNDRAISING-PRAXIS

Cause-related Marketing bei Krombacher – zwischen Greenwashing und authentischer Unternehmensverantwortung

Wenn ein Unternehmen mit einer Non-Profit-Organisation kooperiert und sein Beitrag mit dem Umsatz von Produkten verbunden wird, spricht man von Cause-related Marketing (CrM). Dr. Stefan Blümling analysiert für den ngo-dialog die bekannte aktuelle Krombacher-Kronkorkenaktion auf die postulierte Win-Win-Win-Konstellation. Denn gewinnen soll nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Gesellschaft/Umwelt sowie die Kunden, die davon ausgehen, durch ihren Konsum einen positiven gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Da CrM immer auch mit Greenwashing gleichgesetzt wird, gilt es auch, die Verantwortungsstrategie des Unternehmens unter die Lupe zu nehmen, um diesen Verdacht auszuschließen.

Das Unternehmen Krombacher ist eine der führenden Brauereien auf dem deutschen Markt. Seit 2002 verfolgt Krombacher eine Nachhaltigkeitsstrategie, in der das Unternehmen stark auf den Zusammenhang ‚Intakte Natur-Reines Wasser-Gutes Bier‘ abhebt und das Motto „Zum Wohle von Mensch und Natur“ ausgibt. Es wurden bisher ein Nachhaltigkeitsbericht (2010) und ein Zwischenbericht (2011) erstellt, in denen Stand und Fortschritte in sechs identifizierten CSR-Verantwortungsbereichen dokumentiert werden: Produkt, Produktion, Umwelt, Mitarbeiter, Verbraucher und Gesellschaft. Krombacher hat dabei für ein mittelständisches Unternehmen mit rund 850 Beschäftigten und einem Umsatz von 650 Mio. Euro (2012) ein durchaus vorzeigbares Aktivitätsniveau aufzuweisen. Neben den Maßnahmen zur Ressourcenoptimierung im Produktionsprozess und der Logistik sowie verschiedenen Klimaschutzaktivitäten unterstützt Krombacher regelmäßig soziale und karitative Projekte in der Region. Das Unternehmen beziffert sein Engagement für Naturschutz und Soziales für die Zeit von 2001 bis 2010 auf insgesamt rund 8,5 Millionen Euro.

Krombacher startete in 2011 - nach der vor einigen Jahren allseits beachteten aber auch vielfach kritisierten Aktion „ein Kasten Bier erhält einen Quadratmeter Regenwald“ - eine zweite Kronkorkenaktion. Auch mit dieser neuerlichen Maßnahme wird mit der Wiedervernässung von Torfmooren im Sebangu-Nationalpark/Borneo eine Klimaschutzmaßnahme finanziert. Begleitet wurde die Kronkorkenaktion in der Zeit vom 15.2.2013 bis zum 30.6.2014 von einer umfangreichen, verkaufsfördernden Gewinnaktion. Diese sah vor, dass Krombacher für jeden Kronkorken, der nicht gewinnt, einen Unterstützungsbeitrag in den Fond des WWF (World Wide Fund For Nature) für Borneo gibt. Die Gewinner nehmen an einer Verlosung über Preise mit einem beachtlichen Marktwert von rund 100 Millionen Euro teil. Verlost wurden unter anderem auch 222 Golf BlueMotion sowie 21 Mio. Gutscheine für Gratisausgaben von Zeitschriften

Die Verlosung ist im Kontext der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens allerdings als äußerst fragwürdig einzustufen, da sie nahezu ausschließlich auf den Eyecatcher „VW-Golf“ fokussiert und die Verlosung von PKW nicht für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den formulierten Ansprüchen in den CSR-Verantwortungsbereichen „Umwelt“ und „Verbraucher“ steht. Dies gilt auch für die Gratisausgaben von Zeitschriften, die sämtlich keinen Bezug zu Nachhaltigkeitsthemen aufweisen.

PKWs verursachen hohe Externalitäten und sind nicht „zum Wohle des Menschen“

Mit der Verkaufsförderung am Mobilitätsbereich anzusetzen, ist zunächst einmal sehr berechtigt, weil dieser in engem Zusammenhang mit den von Krombacher geförderten Klimaschutzprojekten steht sowie mit der Botschaft, für die das Unternehmen seit über zehn Jahren eintritt. Denn die Mobilität verursacht ca. 25 Prozent der bundesdeutschen CO2-Emissionen; der Anteil des Motorisierten Individualverkehrs an den nationalen CO2-Emissionen liegt in Deutschland bei etwa 18 Prozent. Energieeffiziente Fahrzeuge (hier der Golf Trendline, BlueMotion, 99 g CO2/km) zu verlosen ist oberflächlich und isoliert betrachtet auch im Sinne der Krombacher-Botschaft, wenn man davon ausgeht, dass ein alter, ineffizienter PKW durch einen in gleichem Maße genutzten neuen PKW ersetzt wird.

Allerdings vernachlässigt Krombacher völlig, dass laut einem Beitrag von Michael Frondel in Deutschland ca. 60 Prozent der Effizienzsteigerungen bei PKW durch Verhaltensänderungen in Form erhöhter Fahrleistung wieder „aufgefressen“ werden. So ist die Summe der in Deutschland gefahrenen Personenkilometer (Pkm) laut Umweltbundesamt von 2000 bis 2010 um 6,5 Prozent (55 Mrd. Pkm!) gestiegen. Überdies zeigt sich der Personenkraftverkehr für viele weitere Externalitäten (Unfälle, Lärm, Luftverschmutzung, Naturzerstörung, Wegebau) verantwortlich, die den deutschen Steuerzahler jährlich über 45 Mrd. Euro kosten – staatliche Einnahmen aus Mineralöl- und KFZ-Steuer bereits abgezogen. Der PKW-Verkehr an sich ist also alles andere als „zum Wohle des Menschen“. Dagegen verursacht der Schienenverkehr nur ca. 1,6 Mrd. Euro externe Kosten/Jahr.

Die Gewinnaktion schadet der Glaubwürdigkeit der CSR-Strategie – nicht aber dem Umsatz

Krombacher hat insgesamt etwa 100 Mio. Euro in diese eine Verkaufsförderung investiert, wohingegen sich das Umwelt-Engagement seit 2001 (hier nur die Nationalparks in Afrika und auf Borneo) auf etwa 9 Mio. Euro beläuft. Diese Relation sowie insbesondere die Ausgestaltung der Gewinnaktion sind zu kritisieren: Es wurden die bekannten Verhaltens-, Einstellungs- und Erwartungsmuster der Kunden bedient, um den Umsatz zu steigern. Bei der Gewinnauswahl wurde jedoch die Kompatibilität mit der eigenen Firmenphilosophie nicht berücksichtigt. Die kostspielige Verkaufsförderung unterlag ausschließlich dem Ziel der Umsatzsteigerung mit ‚grünem Anstrich‘; dabei setzte Krombacher auf bewährte Werbepartner rund um Automobil, Sport und TV. Das schadet der Glaubwürdigkeit der eigenen CSR-Strategie und rückt diese Ausgestaltung des CrM in die Nähe des Greenwashing.

Chance verpasst: CrM könnte nachhaltiges Verhalten bei den Kunden fördern

Dabei hätte die Gewinnaktion als Motor für mehr Zukunftsverantwortung bei den Kunden genutzt werden können. Denn bei der „Kommunikation mit dem Verbraucher“ hat Krombacher noch Nachholbedarf. Dieses Handlungsfeld ist zwar eines der sechs CSR-Verantwortungsbereiche bei Krombacher, jedoch hebt das Unternehmen hier nur auf die Themen Jugendschutz, Schutz vor Alkoholmissbrauch sowie verantwortungsvolle Werbung ab. Krombacher engagiert sich damit nur im Unternehmens-Kernbereich und wenig über den Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen hinaus. Andere Unternehmen sind da weiter. So animiert das Einzelhandelsunternehmen ‚tegut‘ seine Kunden seit Jahren zu einem verändertem privaten Konsumverhalten auch zu mehr Selbstversorgung.

Krombacher trägt mit der Gewinnaktion zu der unter Verbrauchern verbreiteten Überzeugung bei, sie leisteten allein dadurch einen Umweltschutzbeitrag, dass sie einen „BlueMotion-Golf“ fahren. Das Autofahren an sich nicht nachhaltig ist, blendet Krombacher völlig aus. Und auch bei den Kleingewinnen gibt sich das Unternehmen keine Mühe, auch nur den kleinsten Nachhaltigkeitsanstrich anzubringen. Dabei ist das Unternehmen noch im Juni 2011 dem Utopia Changemaker-Manifest beigetreten, und hat sich damit verpflichtet, „nachhaltiges Verhalten bei den Kunden zu fördern“.

Krombacher hat offenbar nicht den Mut, seinen Kunden zu vermitteln, dass – wie beim Unternehmen – auch die Verbraucher zu Verhaltensänderungen kommen müssen, um Klimaschutz zu erreichen und um „Zum Wohle von Mensch und Natur“ zu handeln. Das Unternehmen hätte seinen Nachhaltigkeitsansprüchen angemessen agiert, wenn es exponiert beispielsweise die BahnCard 100 oder Jahrestickets für die großen Verkehrsverbünde verlost hätte. Und als kleinere Gewinne wären beispielsweise wertige Allround-Fahrräder mit Wetterausrüstung passender gewesen als die Millionen Zeitschriftengutscheine für Mainstream-Hefte wie Kicker und Cosmopolitan.

Natürlich wäre Krombacher damit ein gewisses Risiko eingegangen: Das Auto hat als Verkehrsmittel und Statussymbol einen extrem hohen Stellenwert, und die Deutsche Bahn gerät in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder in Misskredit. Die Verkaufsförderung wäre vielleicht weniger zugkräftig gewesen. Auch bei den Kleingewinnen hätte sich Krombacher auf neue Partner zubewegen müssen.

Dennoch: Hier stehen Ernsthaftigkeit und Authentizität des Krombacher-Engagements auf dem Spiel. Einstimmig ausgestaltetes CrM wäre die Chance zu einem Alleinstellungsmerkmal in Sachen Kundenbeziehungsmanagement gewesen: Krombacher-Kunden hätten zu einem aktiven Bestandteil der vom Unternehmen proklamierten Nachhaltigkeitsstrategie werden können, indem ihnen andere Verhaltensweisen angeboten werden. Was aus der aktuellen CrM-Aktion nun zurück bleibt, ist der äußerst fade Beigeschmack einer an dieser Stelle nur halbherzig wahrgenommenen Unternehmensverantwortung.

 

Dr. Stefan BlümlingDr. Stefan Blümling, Diplom-Volkswirt, hat 14 Jahre in der Kommunalforschung und -beratung gearbeitet. Seit 2013 ist er mit „verAntworten“ als freiberuflicher Berater und Wissenschaftler zu aktuellen Nachhaltigkeitsthemen unterwegs. Bei der Fundraising-Akademie hat er im vergangenen November eine Fortbildung zum CSR-Berater abgeschlossen.


 


(Foto: PR)

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