INTERVIEW

Machen Sie mit beim StiftungsPanel!

Dr. Antje BischoffSeit September 2012 sind alle rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts mit Sitz in Deutschland dazu aufgerufen, beim StiftungsPanel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen mitzumachen. Sie werden vier Mal pro Jahr gebeten, einen Fragebogen zu ihrer Arbeit auszufüllen und sich an weiterführenden Umfragen zu beteiligen. Mit der kontinuierlichen Daten-Erhebung will der Bundesverband die Entwicklung des Stfitungswesens über einen längeren Zeitraum verfolgen und Erkenntnisse über aktuelle Trends gewinnen. Das Panel wird gefördert von der Joachim Herz Stiftung, der Software AG-Stiftung und dem BMFSFJ.

NGO-Dialog: Frau Bischoff, sie leiten das Kompetenzzentrum Stiftungsforschung beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. Welche Zielsetzung verfolgt das Kompetenzzentrum?

Das Kompetenzzentrum Stiftungsforschung bündelt die Forschungs-Aktivitäten des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, die schon seit vielen Jahren stattfinden. Dazu gehören die Konzeption und Durchführung von Studien, die wir teilweise in Kooperation mit Partnern durchführen, sowie Befragungen im Stiftungssektor. Als Teil des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen vertritt das Kompetenzzentrum Stiftungsforschung in erster Linie die Interessen der Deutschen Stiftungen. Mit unseren Studien setzen wir Themen und unterfüttern aktuelle Diskurse im Stiftungssektor mit Daten und Fakten. Neben den Stiftungen gehören zu unseren Zielgruppen aber auch politische Entscheidungsträger (Ministerien, Landesbehörden, Kommunen, Europäische Institutionen), Wirtschaftsvertreter (Unternehmen, Banken und Versicherungen), wissenschaftliche Einrichtungen (Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) sowie natürlich die Medien. Die Studienergebnisse werden u.a. in Form von Handlungsempfehlungen an diese Zielgruppen herausgegeben.

Die Stiftungsforschung des Bundesverbandes fand ihren Auftakt im Jahre 2006. Damals interessierte uns, wie Stiftungen über ihre Aufsichtsbehörden denken. Daraus entstand unsere erste Studie: „Wie gut sind Deutschlands Stiftungsaufsichten?". Es folgten viele weitere Studien, in denen aktuelle Themen der Stiftungsarbeit aufgegriffen wurden, wie beispielsweise „Stiftungen und Finanzkrise“. In unserer Studie „Stiftungen und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen“, die zu Beginn des Jahres veröffentlicht wurde, geht es um das Bildungspaket. Hauptaufgabe des Kompetenzzentrums ist es ja, aktuelle Entwicklungen zu verfolgen und Themen zu setzen – das gelingt uns ganz gut. Auch mit unseren aktuellen Studien „Stiftungen und Thinktanks“ sowie „Mission Investing im deutschen Stiftungssektor" stießen wir auf ein reges Interesse bei den Stiftungen und in der Öffentlichkeit. Das äußert sich darin, dass insbesondere in den Medien diese Themen verstärkt aufbereitet werden.

NGO-Dialog: Mit dem StiftungsPanel will der Bundesverband über Jahre hinweg die Entwicklungen im Stiftungswesen verfolgen und dokumentieren. Alle rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts sind dazu aufgerufen, sich an der Befragung zu beteiligen. Wie ist die Resonanz bisher?

Das StiftungsPanel ist ein Erhebungsinstrument. Mit den Befragungsergebnissen möchten wir die Hauptziele des Kompetenzzentrums erreichen: nämlich Themen zu setzen und unsere Stiftungsforschung zu bündeln. Wie gut und effektiv das Panel ist, hängt von der Beteiligung der Stiftungen ab. Je größer der Rücklauf unserer Befragungen, umso aussagekräftiger sind die Resultate. Deshalb möchten wir es den Stiftungen so einfach wie möglich machen, an der Befragungen teilzunehmen. Wir haben unseren Aufruf im September gestartet und bisher haben sich über 320 Stiftungen registriert – das ist schon sehr gut. Perspektivisch möchten wir, dass sich etwa 500 bis 1000 Stiftungen am Panel beteiligen. Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft, denn von vielen Stiftungen wissen wir, dass sie sich noch anmelden wollen. Ich selbst betreue ja den Arbeitskreis „Umwelt, Natur, Gesundheit" im Bundesverband, da sind noch einige dabei, die es bisher einfach nicht geschafft haben, sich registrieren zu lassen.

NGO-Dialog: Können Sie etwas zur Methodik sagen, die hinter der Datenerhebung steckt? Wie hoch ist der Aufwand für die Stiftungen, die bei dem Panel mitmachen?

Ein Panel ist eine Gruppe registrierter Personen, die sich damit einverstanden erklärt haben, wiederholt an Online-Befragungen teilzunehmen. Wir haben eine spezielle Panel-Software, die Routineabläufe wie die Einladung der Panel-Teilnehmer sowie den Fragebogenversand übernimmt. Es ist uns wichtig, den Arbeitsaufwand für die Stiftungen gering zu halten, deshalb sollen die Umfragen maximal 10 bis 15 Fragen umfassen. Aus früheren Erhebungen wissen wir, dass eine größere Anzahl an Fragen von den Stiftungen nicht zu bewältigen ist. Das können sie bei ihrem ohnehin großen Arbeitspensum nicht leisten. Auch der Einstig in das Panel ist sehr einfach. Die Stiftung muss sich nur einmal zu Beginn mit ihren Stammdaten registrieren, diese können einmal pro Jahr aktualisiert werden. Die Angaben der Stfitungen sind bei uns in sicheren Händen, der Datenschutz hat höchste Priorität. Wir werten die erhobenen Daten anonym aus und geben keine Daten nach außen.

NGO-Dialog: Welchen Fragen soll das StiftungsPanel auf die Spur kommen? Oder anders: wie konkret werden die aus den Umfrage-Ergebnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen sein?

Es gibt zwei Typen von Befragungen, die wir mit dem StiftungsPanel durchführen werden. Das ist zunächst einmal eine Längsschnittbefragung, bei der wir die Stiftungen kontinuierlich zu immer denselben Themen befragen. Das betrifft eine der vier Befragungen pro Jahr, die sich dann beispielsweise mit den Themen „Kooperationsbereitschaft", „Entwicklung der Finanzen" oder „Förderschwerpunkte" befasst. Mit der Längsschnittbefragung erhoffen wir uns, Entwicklungen und Grenzen für diese ausgewählten Themen aufzeigen zu können.

Auf der anderen Seite können wir mit dem StiftungsPanel auf aktuelle Fragestellungen ad hoc Bezug nehmen. So haben wir beispielsweise im Jahr 2011 eine direkte Online-Umfrage zu Finanz- und Wirtschaftskrise durchgeführt. Mit dem Panel können wir aktuelle Themen schnell und flexibel aufgreifen und auswerten. Unsere aktuelle ad-hoc-Befragung dreht sich um „Fehlerkultur" – ein Thema, das viele Stiftungen beschäftigt. Es geht darum herauszufinden, wie Stiftungen damit umgehen, wenn Fehler passieren. Dazu haben wir kürzlich einen Kongress veranstaltet und führen nun die erste Panel-Befragung durch, die noch bis zum 12. Dezember 2012 läuft. An dieser Befragung können alle Stfitungen bürgerlichen Rechts teilnehmen. Wir sind sehr gespannt auf die Resultate.

Es hängt natürlich von den Antworten der Befragten und von den Ergebnissen ab, welche Empfehlungen wir letztendlich ableiten können. Selbstverständlich möchten wir unsere Handlungsempfehlungen so konkret wie möglich formulieren. Als Wissenschaftlerin bin ich es aber gewohnt, ergebnisoffen zu arbeiten. Dazu kommt, dass manche Themen für die eine Gruppe von Stiftungen interessant sind und für die andere nicht. Entsprechend ist es mit der Relevanz daraus abgeleiteter Empfehlungen. Grundsätzlich setzen sich die Resultate unserer Studien aus Ergebnissen von Online-Befragungen und Experteninterviews zusammen. Die daraus abgeleiteten Empfehlungen entstehen in enger Zusammenarbeit mit unserem wissenschaftlichen Beirat. 

NGO-Dialog: Der Stifter und Millionär Dieter Lehmkuhl äußerte in einem Interview (Fundraiser Magazin 5/2012), Bedenken über die nicht demokratische Verwendung von Stiftungsgeldern. Gerade in den Bereichen Kultur und Bildung würde mit privatem Vermögen mitunter Politik „nach Gutsherrenart“ gemacht, während dem Staat für diese Bereiche die Haushaltsmittel fehlen. Haben Stiftungen ein Legitimationsproblem, weil Entscheidungen nicht demokratisch getroffen werden? Findet diese Thematik Berücksichtigung in den Handlungsempfehlungen des Panels?

Stiftungen können nicht nach „Gutsherrenart“ entscheiden, weil sie einem staatlichen Doppelcheck unterliegen. Bei rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts prüft die Stiftungsaufsicht zum einen regelmäßig, ob das Wirken der Stiftung den Vorgaben der Satzung und des Stiftungsrechts entspricht. Das Finanzamt prüft zum anderen in regelmäßigen Abständen, ob die Stiftung die Voraussetzung der Gemeinnützigkeit erfüllt. Zu 96 % verfolgen Stiftungen gemeinnützige Zwecke. Außerdem: Geschätzte 17 Milliarden Euro geben deutsche Stiftungen für satzungsgemäße Zwecke aus. Damit können Stiftungen die staatlichen Leistungen nicht annähernd ersetzen, sondern nur ergänzende Impulse geben. Hinzu kommt, dass immer mehr Stiftungen ihre Arbeit nach den Grundsätzen Guter Stiftungspraxis des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen ausrichten. Dazu gehört unter anderem, dass der Geschäftsbericht einer Stiftung als Download angeboten wird oder dass der Stiftungsrat unabhängig von dem für die operative Tätigkeit verantwortlichen Stiftungsvorstand agiert, wie es beispielsweise bei der Bürgerstiftung Braunschweig der Fall ist. Wir als Bundesverband empfehlen den Stiftungen, die Grundsätze Guter Stiftungspraxis umzusetzen und diese in ihre täglichen Arbeit zu integrieren. Das erhöht die Transparenz und letztendlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die gute und wichtige Stiftungsarbeit – ein zentrales Anliegen, das wir immer wieder kommunizieren.

Frau Bischoff, wir bedanken uns bei Ihnen für dieses Gespräch.

Dr. Antje Bischoff ist seit 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, wo sie den Arbeitskreis „Umwelt, Natur, Gesundheit" betreut. Seit Anfang 2012 leitet Frau Bischoff das Kompetenzzentrum Stiftungsforschung im Bundesverband Deutscher Stiftungen und ist für den Aufbau des StiftungsPanels zuständig.

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