INTERVIEW

Parteispenden: „Erfolgreich mit dem klassischen Mailing werben."

Andreas SchlottmannSo offensiv wie in den USA, wo ohne Fundraising im Wahlkampf nichts geht, wird das politische Spendensammeln in Deutschland noch lange nicht betrieben. Und doch wird auch bei den im Bundestag vertretenen Parteien die Werbung um Parteispenden zunehmend professionalisiert. Denn laut Parteiengesetz sind sie in Deutschland verpflichtet, sich zu mindestens 50% selbst zu finanzieren, wenn sie an der staatlichen Teilfinanzierung teilhaben wollen. Diese Mittel stammen zu einem festen Teil aus regelmäßigen Beiträgen und Zuwendungen der Mitglieder, deren Zahl jedoch innerhalb der letzten Jahre stark rückläufig ist. Bei der SPD ist Andreas Schlotmann als Spenden-Referent dafür zuständig, finanzielle Mittel für seine Partei einzuwerben. Wir wollten wissen, welche Kommunikationskanäle und Fundraising-Methoden beim politischen Fundraising eine Rolle spielen und worin es sich vom klassischen Fundraising unterscheidet.

NGO-Dialog: Herr Schlotmann, Sie sind in der SPD dafür zuständig, dass in die Parteikasse Geld rein kommt. Inwiefern braucht politisches Fundraising spezifische Konzepte und Instrumente, unterscheidet es sich vom klassischen Fundraising?

Der grundsätzliche Unterschied ist, dass wir auf einer anderen rechtlichen Basis arbeiten. Im Parteiengesetz sind eine Reihe von Reglementierungen definiert wie beispielsweise Annahmeverbote. Auf steuerrechtlicher Ebene finden sich ebenfalls Unterschiede. So sind beispielsweise Parteispenden juristischer Personen steuerlich nicht absetzbar. Dazu kommt, dass es bestimmte Fundraising-Instrumente, wie Geldauflagenmarketing, im politischen Fundraising nicht gibt. Über andere Dinge, wie z.B. Legats-Spenden, denken auch wir nach. Aber es ist natürlich schwierig für eine Partei, dafür eine vernünftige Vermittlung zu finden. Dazu kommt, dass wir beim Thema Partei-Spenden immer auch gegen besondere Vorbehalte kämpfen müssen, es gibt eine andere Sensibilität bei den Spendern und in der Öffentlichkeit.

Fundraising basiert auf der richtigen Technik, auf Professionalität und Marketing, aber der Erfolg erklärt sich eben auch durch unterschiedliche Spendenkulturen. Was die Methoden und Instrumente anbelangt, schauen wir uns natürlich an, was z.B. spendenwerbende gemeinnützige Organisationen machen. Darüber hinaus beobachten wir, wie politisches Fundraising in anderen Ländern, allen voran in den USA, umgesetzt wird. Gesellschaftliche und kulturelle Unterschiede spielen natürlich eine große Rolle. So ist die Bereitschaft, für politische Parteien zu spenden oder sich für gemeinnützige Organisationen zu engagieren, in den USA einfach größer. Ein Vergleich: Im letzten Bundeswahlkampfjahr 2009 wurden von allen im Bundestag vertretenen Parteien in Deutschland insgesamt 90 Mio. Euro an Spenden eingeworben. Barack Obama hat 2008 in seiner Kampagne 140 Mio. US-Dollar eingenommen – innerhalb eines einzigen Monats. 

NGO-Dialog: Würden Sie uns eine Fundraising-Kampagne Ihrer Partei schildern?

Unsere Ressourcen sind da sehr begrenzt. Und deshalb ist das Wort Kampagne auch vielleicht ein wenig unbescheiden. Vielleicht sprechen wir eher von einem Konzept, das als Teil der Gesamtkommunikation der Partei, sozusagen als Teil der Kampagne der Partei, anzusehen ist. So haben wir beispielsweise im Bundestagswahlkampf 2009 verschiedene Instrumente miteinander kombiniert, um den unterschiedlichen Vorstellungen entgegen zu kommen, die Menschen haben, wenn sie sich überlegen, uns zu unterstützen. So wurde angeboten, der SPD mit einer Plakatspende zu helfen. Es konnten Spenden klassisch oder per SMS getätigt werden. Beworben wurde das Online-Tool für die Plakataktion, und auch das klassische Mailings kam zum Einsatz. Mit dem Ergebnis waren wir sehr zufrieden.

NGO-Dialog: Findet bei der SPD Fundraising auch in den Kreis- und Landesverbänden statt und wenn ja, wie?

Den überwiegenden Teil der Spenden generiert die SPD über die 10.000 Ortsvereine. Mit lokaler Präsenz und persönlichem Kontakt werden dort vor Ort die wesentlichen Kriterien für eine erfolgreiche Spendenarbeit erfüllt. Eine aktive und systematische Spendenwerbung im Ortsverein oder auf der Ebene der Unterbezirke, Landesverbände und Bezirke ist aber eher selten. Dafür fehlen im hauptamtlichen und erst recht im ehrenamtlichen Bereich die Ressourcen. Unsere Ortsvereine werden fast ausschließlich ehrenamtlich unterhalten und deren Hauptaufgaben sind die politische und organisatorische Arbeit. Wir vom Willy Brandt Haus versorgen mit Informationen und bieten Schulungen an, mit Schwerpunkt auf der Erläuterung der komplizierten Rechtslage. Daneben werden auch geeignete Methoden und Instrumente vorgestellt, die sich nach den lokalen und regionalen Möglichkeiten richten.

NGO-Dialog: Sie haben eben erläutert, dass im Bundestagswahlkampf 2009 auch klassische Mailings zum Einsatz kamen. Gibt es diese auch im Fundraising-Alltag? Wenn ja, wie sehen sie aus und welchen Ertrag bringen diese Mailings?

Das Mailing kommt bei der SPD ab den Landesverbänden aufwärts zum Einsatz – und auch dort schon mit recht gutem Erfolg. Natürlich muss man schon eine kritische Masse haben, damit sich ein Mailing tatsächlich rechnet. Und somit hängt der Einsatz von der Größe der Gliederung ab. Natürlich kann auch ein Ortsverein mit 100 Mitgliedern erfolgreich sein. Wenn er 100 Mitglieder anschreibt und ein Mitglied spendet 500 €, dann hat sich das finanziell gelohnt. Aber hauptsächlich werden bei der SPD Mailings vom Parteivorstand versendet. Mit unserem aktuellen Mailing haben wir uns beispielsweise an 200.000 Mitglieder gewandt. Das Mailing ist für uns ein wichtiges Fundraising-Instrument, das sich ebenso an der aktuellen politischen Situation und Wahlkampfzeiten orientiert, wie an Spenderhistorien und Zielgruppen. Insbesondere unsere Mitgliedermailings laufen sehr erfolgreich. Aber auch im Bereich der juristischen Personen werben wir einen nicht unerheblichen Teil der Parteispenden auch durch Mailings des Parteivorstandes ein. Der Erfolg ist in etwa vergleichbar mit dem einiger größerer Spendenorganisationen in Deutschland.

NGO-Dialog: Wo liegt Ihrer Meinung nach noch Potential für das politische Fundraising in Deutschland? Welche Methoden und Kommunikationskanäle werden hier in Zukunft eine Rolle spielen?

Ausreichende Spendeneinnahmen sind für die eine oder andere Partei eine Frage des wirtschaftlichen Überlebens. Die SPD ist von Spenden weniger abhängig, weitaus wichtiger sind für uns die Beiträge und Sonderbeiträge unserer Mitglieder. Aber wie fast alle Parteien haben auch wir in den letzten Jahren Mitglieder verloren. Und natürlich hat das auch finanzielle Konsequenzen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, über eine Ausweitung der Spendenwerbung nachzudenken.

Bei der Wahl der Instrumente und Methoden können wir nicht nur aus den eigenen Erfahrungen lernen. Ich glaube, dass wir technisch besser werden müssen. Ich glaube aber auch, dass wir technisch besser werden können. Trotzdem wird das klassische Mailing auf absehbare Zeit das Instrument für die Spendenwerbung in unserer Partei bleiben.

Herr Schlotmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Andreas Schlotmann ist als Spenden-Referent für die SPD tätig.

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