INTERVIEW

Unternehmen und NGOs: Den Dialog bewusst gestalten

Wie finden UnternehmDr. Michael J. Inackeren und der Dritte Sektor in Deutschland zueinander? Wird der Dialog in der Praxis bewusst gestaltet? Übernehmen die Unternehmen dabei eine aktive Rolle? Diese und weitere Fragen haben wir dem Leiter des Bereichs Corporate Communications & Public Affairs der METRO AG Dr. Michael J. Inacker gestellt.

NGO-Dialog: Herr Dr. Inacker, wie kommen – aus Ihrer Erfahrung – Unternehmen und gemeinnützige Organisationen ins Gespräch? Was ist dafür notwendig?

Wir haben verschiedene Möglichkeiten. Das eine ist die direkte Ansprache, das heißt die direkte Kontaktaufnahme, die entweder von uns erfolgt oder auch von den NGOs. Vielfach ist es so, dass die Organisationen mit konkreten Themen an uns herantreten, dass sie Studien über die Arbeit unseres Unternehmens machen – natürlich auch kritische Studien – und wir dann die Gelegenheit erhalten, darüber zu sprechen. In der Praxis klappt es leider nicht immer so. Manche NGOs veröffentlichen Studien und versäumen es, das betreffende Unternehmen um eine Gegenmeinung zu bitten.

Also, es gibt den direkten Weg der Ansprache. Und dann gibt es Wege, die sich bei uns beispielsweise dadurch ergeben, dass wir in multilateralen Organisationen engagiert sind wie z. B. jetzt im Weltwirtschaftsforum in Davos. Das ist eine sehr wichtige Kontaktbörse geworden, nicht nur für das Gespräch der Unternehmen mit der Politik und untereinander, sondern auch und gerade mit NGOs.

NGO-Dialog: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen von einer NGO, mit der Sie persönlich ins Gespräch getreten sind? Vielleicht auf einem informellen Weg?

Informell würde für mich bedeuten, dass es kein offizielles Gespräch ist. Bei uns sind das schon reguläre Gespräche, die wir führen, z. B. mit Oxfam, mit Greenpeace oder auch mit Südwind. Als Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie wird ein intensiver und offener Stakeholder-Dialog mit diesen und weiteren, auch regional ausgerichteten Organisationen, gewünscht und geführt.

NGO-Dialog: Herr Dr. Inacker, Sie haben vorhin über die Anknüpfungspunkte zu den Organisationen gesprochen, z. B. Studien. Wie entwickeln Sie gemeinsame Themen mit den NGOs?

Es gibt durchaus Themen, bei denen wir – bei allen Interessensunterschieden mit den NGOs – die sogenannte Verantwortungs-Partnerschaft sehen und sagen: „Hier haben wir ein gemeinsames Interesse, bestimmte Themen zu adressieren.“ Bei uns sind es beispielsweise Fragen wie Lieferanten-Training oder Verbesserung der Sozialstandards, in denen wir durchaus bewusst versuchen, Hinweise und praktische Erfahrungen von Nichtregierungsorganisationen aufzunehmen und die Themen gemeinsam weiterzuentwickeln.

NGO-Dialog: Wenn Sie jetzt bewusst sagen: „Mit diesem gemeinnützigen Partner möchte ich ins Gespräch treten“, wie gehen Sie dabei vor? Bei der Auswahl und auch konkret bei der Ansprache?

Wir schauen, welche NGOs seriös sind und auch politisch und gesellschaftlich öffentliches Gewicht haben. Mit denen nehmen wir dann Kontakt auf. Wir haben anderseits auch NGOs mit den oben genannten Kriterien, die an uns herantreten, die schon erwähnte Studien über uns machen bzw. über die Arbeit unseres Unternehmens. In diesem Bereich schauen wir, wie relevant sie sind. Es gibt auch unseriöse NGOs, da muss man immer wieder genau hinschauen, nach welchen Kriterien eine NGO arbeitet.

Gewichtige NGOs – Greenpeace oder Oxfam – sind dann Gesprächspartner, mit denen wir den Dialog suchen und führen. Wir haben natürlich auch in unseren Unternehmen in den vergangenen Jahren ab und zu kritische Themen gehabt, z. B. Sozialstandards gerade in den Schwellenländern, hinsichtlich derer Kritik geäußert wurde, und wir dann die NGOs eingeladen haben, auch zu uns ins Unternehmen, um hier mit den Fachleuten offen darüber zu sprechen.

NGO-Dialog: Herr Dr. Inacker, was verstehen Sie unter einer seriösen NGO?

Seriös bedeutet für mich, dass eine NGO nicht primär über uns redet, sondern mit uns im Dialog bestimmte, auch durchaus kritische Themen angeht. Seriös bedeutet auch, dass man als Organisation – wenn man vermeintlich Kritisches festgestellt hat – den Unternehmen die Gelegenheit zu einer Stellungnahme gibt. Und dass dann auch unsere Position gewürdigt wird. Dazu gehört auch, dass eine NGO im Zweifel bereit ist, eigene Urteile zu revidieren, wenn man eine andere Faktenlage feststellt.

NGO-Dialog: Herzlichen Dank für das Interview und Ihre Zeit!

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