INTERVIEW

„Online ist nicht nur was für Junge!“

Maik Meid
Maik Meid

Maik Meid, Jahrgang 1976 ist Fundraising-Manager (FA) und kommt aus dem Ruhrgebiet. Seit 2005 ist er im Fundraising tätig und leitet den Online-Fundraising-Kurs der Fundraising-Akademie. Wir sprachen mit ihm über Hürden, falsche Erwartungen und Hoffnungen im digitalen Fundraising.

NGO-Dialog: Jung und Hip, so kommt die Online-Szene daher, doch ist Online-Fundraising nicht schon ein alter Hut?

Maik Meid: Nein, das ist es noch nicht. Das wäre auch ein Fehler, wenn das die Botschaft ist, die Online-Fundraising rüberbringt. Ich glaube, dass Grundwissen im Online-Fundraising in das Portfolio jedes Fundraisers und jeder Fundraiserin gehört. Es ist dabei völlig egal, wie alt oder dynamisch du bist. Das Thema digital wird natürlich gern als modern und hip bezeichnet, aber die erste E-Mail in Deutschland wurde schon 1984 verschickt. Heute ist das Alltag. 90 Prozent der Deutschen sind online laut ARD/ZDF-Online-Studie. Internet ist auch bei Rentenrinnen und Rentnern das Leitmedium.


NGO-Dialog: 
Wo sehen Sie den größten Nachholbedarf bei den gemeinnützigen Organisationen?

Maik Meid: Ich sehe den Bedarf sowohl in den Strukturen als auch bei den Menschen. Ganz entscheidend ist für mich, dass wir das Thema Online-Kommunikation nicht als Silo denken. Es muss Teil der Fundraising-Struktur und des Fundraising-Konzepts sein. Das wird aktuell eher noch als Parallelstruktur gedacht. Größere Organisationen denken da bereits anders, was positiv ist. Aber oft wird das Thema an die Jungen gegeben, weil die sich ja damit auskennen und die Affinität für digitale Themen haben. Aber das Online-Thema ist nicht nur was für junge Menschen! Das sehe ich ein Stück weit auch als Verweigerung der Verantwortlichen zu akzeptieren, dass digitale Technologie kein Trend ist, sondern einfach nicht mehr weg geht, weil es zum Alltag eines jeden Menschen gehört.


NGO-Dialog: 
Was müssen die Organisationen beachten?

Maik Meid: Leider erlebe ich immer noch eine Reihe von kleinen und mittleren Organisationen, die einfach schon froh wären, wenn sie sich im Fundraising allgemein gut aufstellen könnten. Dann mit Online-Fundraising als Akquise-Thema zu beginnen, ist in den meisten Fällen eher nicht sinnvoll. Es sei denn, ich hab einen Verein, der sich ausschließlich an eine hippe junge und online-zahlungsverliebte Zielgruppe wendet. Aber wer hat das schon? Die Herausforderung für die breite Masse der Organisationen ist doc,h betriebswirtschaftlich besser da zu stehen.


NGO-Dialog: 
Ist das mit Online-Fundraising realistisch?

Maik Meid: Nicht unmöglich, aber wenn man denkt, das wäre eine kurzfristige Steigerungsmöglichkeit der Einnahmen, liegt man schon falsch. Es dauert natürlich wie bei anderen Fundraising-Maßnahmen auch seine Zeit, bis das greift. Das wird von Verantwortlichen nicht immer so gesehen.


NGO-Dialog: 
Wurde von den Firmen, die Online-Spendenformulare auf den Markt brachten aber nicht genau das vermittelt? Geringe Kosten und somit schneller Erfolg?

Maik Meid: Ich bin wirklich weit davon entfernt hier Bashing zu betreiben, aber natürlich sind die meist kommerziellen Anbieter darauf angewiesen, dass ihre Produkte leicht einsetzbar sind und sich nicht erst über Jahre und intensive Beratung, sondern sofort über Provisionen refinanzieren. Aber im Alltag scheitert vieles doch schon an Banalitäten. Versuchen Sie mal in einem Diakonischen Werk eine Paypal-Schnittstelle zu etablieren! Aus Sicht des Dienstleisters kein Problem, aber für die Organisationen deutlich schwieriger.


NGO-Dialog: 
Im Januar startet wieder der neue Kurs zum Online-Fundraising an der Fundraising-Akademie. Was können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dort erwarten?

Maik Meid: Ich fange mal von hinten an. Ein Merkmal der Kurse der Akademie sind ja die Agenturarbeiten. Das heißt, am Ende kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit echten Kunden in Berührung und müssen in Rekordzeit, die meist nicht dem Alltag entspricht, eine Kampagne oder Implementierung für Online-Fundraising für die Organisation entwickeln. Da achten wir als Kursleitung natürlich darauf, dass diese Aufgaben auch nicht abgetrennt vom restlichen Fundraising der Organisation sind. Wir wollen ja versuchen, das Silodenken abzubauen.


NGO-Dialog:
Das heißt auch hier ein umfassenderer Ansatz im Fundraising.

Maik Meid: Ja, wir haben den Kurs damals bewusst so konzipiert, dass wir nicht Fundraising erklären, sondern den meist schon erfahrenen Kolleginnen und Kollegen einen digitalen Rucksack packen wollen, damit sie auch in diesem Bereich erfolgreich sind. Deshalb gibt man sich dieser Weiterbildung hin. Wir gehen also davon aus, dass sie auch den Silo verlassen wollen. Aber das war die Grundannahme. Fakt ist, dass der Kurs gemischt ist. Wir haben also auch Menschen, die über das Online-Fundraising in NGOs einsteigen wollen. Ich sehe das aber durchaus als Stärke, weil die etablierten Fundraiser so auch durchaus kritisch hinterfragt werden. Unsere Referentinnen und Referenten kommen ja auch aus der Praxis und können das gut moderieren. Aber in dreimal drei Tagen macht man niemanden zum Online-Fundraiser. Eine gewisse digitale Affinität und Vorwissen würde ich also schon voraussetzen


NGO-Dialog: 
Wie sehen Sie generell die Berufschancen in dem Feld?

Maik Meid: Nun, in Deutschland gelten natürlich Zertifikate eine Menge. Ich bekomme das auch zurückgespiegelt, dass Absolventen genau wegen dieser Weiterbildung einen Job bekommen haben. Das finde ich natürlich schön, aber auf der anderen Seite glaube ich, dass man auch ein guter Online-Fundraiser ohne Zertifikat werden kann. Für mich ist der Abschluss eher die Gewähr, dass hier ein Mensch steht, der das Digitale in sein Fundraising-Denken implementieren kann. Deshalb ist der Kurs eben vor allem etwas für Fundraiserinnen und Fundraiser, die sich dieses Wissen praktisch erschließen wollen.


NGO-Dialog:
Was erwarten Sie von den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern?

Maik Meid: Also, für die Fortbildung „Referent/-in Online-Fundraising“, die im Januar 2020 startet, gibt es noch Plätze, das mal vorweg. Ich wünsche mir wissbegierige Menschen, die selbst recherchieren, sich kritisch mit unseren Inhalten auseinandersetzen und Lust haben, zu fragen. Ganz ehrlich, in einigen Bereichen können wir auch nur das Thema ankratzen. Da braucht es auch eigene Initiative. Hilfreich ist natürlich, wenn sie die Arbeit mit digitalen Medien als Selbstverständnis betrachten. Wir hatten aber auch schon Kurse, wo kein Laptop auf dem Tisch stand. Also Grundinteresse sollte da sein, und man sollte nicht hinkommen, nur weil einen der Chef geschickt hat.

 

Schönes Schlusswort, vielen Dank.

Und wer noch mehr Gründe braucht um das Thema anzugehen, für den gibt es fünf gute Gründe, um sich anzumelden. Natürlich digital per Video von Maik Meid.

(Bild: Maik Meid)

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