INTERVIEW

„Online-Fundraising geht nicht nebenbei!“

Maik Meid
Maik Meid

Im November startet die Fundraising-Akademie die neue Fortbildung zum „Referenten/-in Online-Fundraising“. Wir sprachen mit Studiengangsleiter Maik Meid über das Konzept und warum Online-Fundraising heute nicht mehr aus dem Instrumentenkoffer von Fundraisern wegzudenken ist.

NGO-Dialog: Wann sind Sie zum erstenmal mit Online-Fundraising in Berührung gekommen, und warum hat es sich gelohnt, am Thema dranzubleiben?

Maik Meid: Ganz ehrlich? Auch wenn es weit hergeholt klingt, das war 1996. Damals war ich zum ersten Mal „im Internet“, wie es damals hieß und von Anfang an fasziniert. Im Studium wurde uns klar, dass da was Großes geschieht und wir überlegen müssten, wie Soziale Arbeit davon inhaltlich und monetär profitieren kann. Allerdings hatte das mit Online-Fundraising noch nicht viel zu tun. So richtig beschäftigt habe ich mich ab 2008 damit. Gelohnt hat es sich deshalb, weil es kaum einen Bereich gibt, in dem die Technik die Gesellschaft so stark und so schnell verändert hat. Dort stecken ungeahnte Potenziale und Herausforderungen, so sie denn erkannt werden.


NGO-Dialog: An der Akademie gibt es jetzt einen Kurs zum Referenten/-in Online-Fundraising. Wen soll er ansprechen und was wird geboten?

Maik Meid: Die Ausbildung ist ein Novum für das deutsche Fundraising, da sie zum ersten Mal kompakt und in drei Präsenzphasen das notwendige Wissen vermittelt, mit dem die Kolleginnen und Kollegen in den Organisationen starten und Online-Fundraising auf- und ausbauen können. Begleitet werden die Präsenzphasen von vier Webinaren zu erweiternden Themen. Eingeladen sind alle Kolleginnen und Kollegen, die bereits Erfahrungen im Fundraising haben und sich den digitalen Rucksack packen möchten. Inhaltlich gibt es eine Reise von Planung, Strategie und Bedeutung des Online-Fundraisings über die Technik, Kennzahlen, Foto- und Videproduktion, SEO und SEM zur Contentplanung. Abgerundet wird der Kurs mit einer für die Fundraising Akademie typischen Agenturarbeit mit einem realen Kunden.


NGO-Dialog: Warum braucht es eine Spezialisierung auf dem Gebiet, oder ist der Kurs auch für „normale“ Fundraiser sinnvoll?

Maik Meid: Die Digitalisierung ist mit Verlaub die größte gesellschaftliche Entwicklung, in der sich die Menschheit aktuell befindet. Keiner weiß, wohin dieser Weg noch führt, da wir erst ganz am Anfang sind. Das macht auch vor gemeinnützigen Organisationen nicht Halt und geht auch nicht wieder weg. Die Kompetenzen vor Ort, gerade im Bereich der Kommunikation und auch im Fundraising sind in der breiten Masse der Organisationen, sagen wir, ausbaufähig. Gerade deshalb ist der Kurs auch etwas für „normale“ Fundraiser, da er digitale Grundkompetenzen vermittelt.


NGO-Dialog: Welche praktischen Erkenntnisse werden die Teilnehmenden mitnehmen können?

Maik Meid: Hoffentlich eine Menge. Zum einen sollten Sie in der Lage sein, Online-Fundraising als Teil der Unternehmensstrategie zu verstehen und entsprechend argumentieren zu können. Sie wissen, was es mit Suchmaschinenoptimierung auf sich hat, können Websites analysieren und verbessern, Spendenplattformen mit relevantem Inhalt bespielen und sogar noch kleine Clips selbst produzieren. Und zu guter Letzt sollten sie nach Abschluss noch verstanden haben, wie das mit dem Zahlungsverkehr funktioniert.


NGO-Dialog: Wie hat sich das Thema Online-Fundraising aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren bei den NGOs entwickelt? Wo klappt es, wo nicht?

Maik Meid: Die Zahlen der Bilanz des Helfens des Deutschen Spendenrates scheinen ja ernüchternd zu sein. Es sind wohl immer noch 1,5 Prozent des Gesamtspendenvolumens, die online generiert werden. Und da wird bereits deutlich: Es gibt drei Entwicklungen. Die einen Organisationen, die sich unabhängig von Größe und Budget professionalisieren, Knowhow hinzuholen und investieren. Die zweiten, die zumindest einen Spendenbutton auf der Website haben, aber damit nicht weiter planen. Und die dritten, aus meiner Sicht der größte Teil der Organisationen, die das Thema scheinbar aussitzen oder aus angeblich mangelnder Zielgruppenaffinität nicht weiter angehen. Es kann dort klappen, wo digital gedacht wird, Prozesse angepasst werden und das Online-Thema nicht nur das ungeliebte Anhängsel ist. Es geht nicht nebenbei, wenn es erfolgreich sein soll.


NGO-Dialog: Soziale Medien sind für viele NGOs mittlerweile ein wichtiges Tool für den Dialog mit Zielgruppen, warum nicht für das Fundraising?

Maik Meid: Sind sie das nicht? Sie sind doch prädestiniert dazu, betrachtet man zum Beispiel die aktuellen Facebook-Nutzerdaten. Aber man muss auch sehen, dass Soziale Medien eben nicht nur aus Facebook bestehen. Das Fundraising hängt da hinterher, durch Social Media und relevanten Inhalt Communities aufzubauen und emotional zu binden. Ich denke, auch dies liegt am Missverständnis, Social Media lediglich als weiteren Kanal für Kommunikation zu sehen und nicht investieren zu wollen. Denn die Berechnung des Social-ROI ist und bleibt vermutlich auch noch für länger eine heikle Kiste. Wenn dieser auf absehbare Zeit keinen direkten Ertrag abwirft, ist es häufig eine hohe Hürde, eine Leitungsentscheidung für den Einsatz oder Ausbau von Sozialen Medien zu erhalten.


NGO-Dialog: Gibt es bereits eine Nachfrage nach Online-Fundraiserinnen und -Fundraisern?

Maik Meid: Immer wieder. Mir sind persönlich gerade drei vakante Stellen bekannt, die händeringend eine Person suchen. Es wird sicherlich noch ein wenig Zeit brauchen, bis auch diese Zahl weiter steigt. Aber umso besser, darauf vorbereitet zu sein.


NGO-Dialog: Kann man sich noch anmelden?

Maik Meid: Ja, es sind aktuell drei Plätze frei.

(Bild: Maik Meid/privat)

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Kommentar von Carsten Direske |

Wer online-Kommunikation nur durch die Spenden-Brille betrachten will, ist m.E. genauso schlecht beraten wie jene, die auf der anderen Seite das Potenzial immer noch kleinreden, etwa bei Mission Based:

Es braucht für "Online" wie beim Fundraising auf anderen "Kanälen" ein zur Organisation passendes Konzept, von der Interessent/innengewinnung (eine besondere Stärke von "Online") über das Motivieren zu weitergehendem punktuellem Engagement bis hin etwa zur Bitte um Dauerförderung.

Machen wir uns nichts vor: Auch im Internet geht es beim Spenden und Dauerfördern vor allem um Menschen der Generation 50+. Und die sind heute anteilig gar nicht so viel weniger - nur eben viel gezielter und von der Dauer her weniger - im Internet zu Hause als jene jüngere Generation, die wir als "digital natives" zunächst immer im Kopf haben, wenn wir an Internet denken. Nur dass die 14- bis 30- oder 40-jährigen eben - noch - nicht die aktuelle Spender/innen-Generation sind (aber natürlich die kommende) ...

Wer jetzt meint, mit Chats, Twitter, Widgets & Videos punkten zu können (oder zu müssen) - das wird in punkto Spendenmobilisierung nur bedingt funktionieren. Denn die Generation 50+ ist aus meiner Erfahrung da recht skeptisch, ob das alles sein muss.
Und sie mögen nicht selten - gerade für die Erstspende - die Online-Überweisung aus dem eigenen Banking-Programm viel mehr als den online-erteilten Einzug, wo sie evtl. sogar zu einer IBAN genötigt werden, während sie Kontonummer und BLZ oft noch bevorzugen.

Mit gut gemachtem Web 1.0, also E-Mailnewsletter mit adäquater (An)Sprache statt Dauer-Du, Denglisch und Jugendjargon; Website mit fundierten Informationen - 50+ liest nämlich noch - sind da die wichtigen ersten Sympathiepunkte zu holen.

Wenn dann die m.E. größte Stärke des online-Kanals auch noch genutzt wird - regelmäßig Rückmeldung z.B. zu den Spendenprojekten und der Arbeit im Hinblick auf die Organisationsziele zu geben - dann ist das Feld auch bereitet für die Mobilisierung von ehrenamtlichem Engagement (ja, das gehört zum Fundraising!) und auch größeren Spenden- und Förderungskampagnen.

Viel Erfolg dabei wünscht Ihnen

Carsten Direske
Fundraising Manager (FA) und PR-Berater

Der Autor hat von 2009 bis 2015 das Fördererprogramm von Campact verantwortet und die Steigerung von 1.500 auf 47.000 Förderer/innen online-kommunikativ begleitet.
Jetzt setzt er sich für www.anderes-sehen.de und die bessere Frühförderung blinder Kinder im deutsprachigen Raum ein.