INTERVIEW

Wir suchen nicht verzweifelt nach neuen Trends!

Anja Raubinger
Anja Raubinger

Anja Raubinger ist die Geschäftsführerin der van Acken Fundraising GmbH. Ihr Unternehmen ist seit über 30 Jahren im Fundraising aktiv und steht schon seit über 120 Jahren für Erfahrungen mit Drucksachen aller Art. Im Krefelder Familienunternehmen übernahm sie vor einigen Jahren die Verantwortung von ihrem Vater Ulrich Kaltenmeier. Wir sprachen mit ihr über ihr Unternehmen und die Situation ihrer Kunden.

NGO-Dialog: Frau Raubinger, Sie sind seit 2006 Geschäftsführerin der van Acken Fundraising GmbH, die Ihr Vater, Ulrich Kaltenmeier, in den letzten Jahren aufgebaut hat. Ein schweres oder ein schönes Erbe?

Anja Raubinger: Das Zitat aus Goethes Faust „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen“ – bezieht sich ja nicht auf den Besitz sondern auf die vernünftige Nutzung. Ich habe auf jeden Fall eine große Verantwortung „geerbt“ – für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die oftmals Familie haben. Ich bin ja schon seit vielen Jahren an allen wichtigen Entscheidungen und Kundenkontakten beteiligt gewesen. Ich kann mich auf ein motiviertes und kompetentes Team verlassen. Ich bin motiviert und weiß: Wir können professionelles Fundraising! Die Entscheidung sowohl für die Druckerei als auch das Fundraising ist sehr bewusst gefallen. Und bis heute habe ich es nie bereut.


NGO-Dialog: Die Druckerei von van Acken ist momentan in wirtschaftlichen Turbulenzen. Was können Sie uns dazu sagen?

Anja Raubinger: Die Druckerei war in wirtschaftlichen Turbulenzen, wie viele unsere Kollegenbetriebe leider auch, und wir waren gezwungen, die Firmenstruktur etwas zu verändern. Bekanntlich wohnt jedem Ende ein Anfang inne und dank des neuen Aufbaus und einiger guter Ideen können wir jetzt wieder mit Begeisterung in die Zukunft schauen.


NGO-Dialog: Hat das Auswirkungen auf van Acken Fundraising?

Anja Raubinger: Nein, keinerlei. Die Firmen sind zwar in einem Gebäude, die Kollegen arbeiten sehr eng zusammen und die Geschäftsführung ist die gleiche, aber wirtschaftlich sind es zwei völlig unterschiedliche Firmen.


NGO-Dialog: Welche Kunden betreuen Sie bei van Acken Fundraising?

Anja Raubinger: Wir gehen nicht offensiv mit unserer Referenzliste hausieren. Es ist aber allgemein bekannt, dass wir uns auf Organisationen konzentrieren, die den Menschen im Fokus haben: Hilfswerke, Ordensgemeinschaften, Stiftungen, Vereine, Kliniken, Hochschulen etc. Wir wollen Spendenorganisationen bei ihrem Ziel helfen, Menschen in Not zu helfen bzw. die Lebenssituation von Menschen zu verbessern: egal ob akute Nothilfe oder langfristige Projekte. Aus diesem Bereich kommen wir und da haben wir sicherlich unsere Stärken. Wobei es ganz egal ist, ob wir über eine kleine, mit sehr viel persönlichem Enthusiasmus geleitete Organisation sprechen oder über eine große mit professionellen Strukturen.


NGO-Dialog: Mit welchen Problemen schlagen sich Ihre Kunden herum?

Anja Raubinger: Ich werde mich nicht zu unseren Kunden äußern, über die wir uns zum Glück nicht beklagen können, aber allgemein gilt für unseren Markt wohl, dass sich viele Organisationen zu sehr mit sich selbst beschäftigen und sich für viele Prozesse keine Zeit lassen bzw. haben.
Die Rückmeldung, dass es in einigen Organisationen, gerade in den Leitungsfunktionen, noch an „Institutional Readiness“ fehlt, bekomme ich auch von den Studierenden an der Fundraising Akademie mit. Sie können das theoretisch Erlernte in den jeweiligen Organisationen meist oft nur in Bruchstücken umsetzen, da die Strukturen für professionelles Fundraising nicht gegeben sind und nicht so schnell geändert werden. Fundraising wird leider noch zu häufig zu wenig wertgeschätzt.


NGO-Dialog: Was können Sie raten? Worauf sollten Fundraiser heute achten, um ihre Zielgruppe zu erreichen und zu Spenden zu bewegen?

Anja Raubinger: Fundraising betrifft doch die gesamten Organisationen und vor allem die Entscheidungsebenen. Will ich Fundraising professionell betreiben oder nicht? Dann müssen eben die entsprechenden Budgets eingestellt werden, Strategien mit einer Laufzeit von mindestens 3 – 5 Jahren konzipiert werden. Eine Planung von Aktion zu Aktion fordert zu viel Energie. Und der Spender wird immer anspruchsvoller und merkt, ob er angesprochen wird, weil es gerade in den internen Zeitplan passt oder weil er der Organisation wichtig ist.


NGO-Dialog: Sie bieten mit Ihrer Agentur fast die komplette Palette von Fundraising-Methoden an. Welche Trends sehen Sie in den nächsten Jahren? Welche Methoden sind stabil und welche im Kommen?

Anja Raubinger: Die verzweifelte Suche nach immer neuen Trends machen wir uns nicht zu eigen! Wir setzen weiter auf unsere Stärken im Fundraising, die wir unter der Überschrift „Integriertes Fundraising“ einsetzen. Solide Fundraising-EDV-Analyse, Abschätzung des Fundraising-Potenzials, Aufbau einer soliden Basis an Spendern, die die Organisationen überdurchschnittlich häufig und mit einer hohen Durchschnittsspende, im Idealfall auch als Dauerspender unterstützen. Immer wichtiger wird die EDV-Analyse, da die Organisationen ihre Spender kennen lernen müssen, um sie zu begeistern und zu binden.


NGO-Dialog: DZI-Chef Wilke sagte dem Handelsblatt in einem Interview, eine der größten Herausforderungen für Non-Profit-Organisationen sei, dass „das Spendenverhalten jahrzehntelang durch Religion geprägt war und dieser Impuls immer mehr wegfällt.“ Teilen Sie diese Einschätzung?

Anja Raubinger: Die „Religion“ ersetzt sich durch ethische Werte. Und diese werden weiterhin von einer Generation zur nächsten weiter gegeben. Daher fällt der Impuls nicht weg. Der Impuls des Spenders, anderen zu helfen, bleibt bestehen. Das Problem ist, dass der Spender nicht mehr so leicht gefunden werden kann. Die Zielgruppe verstreut sich. Sie geht nicht mehr unbedingt in die Kirche, liest eine Kirchenzeitung oder ähnliche Titel. Die Zielgruppe dieser Spender, die helfen wollen, ist aber immer noch vorhanden.


NGO-Dialog: Der Bereich Mailing scheint nach den GFK-Zahlen etwas zu schwächeln. Viele Organisationen versenden weniger Spendenbriefe. Stellen Sie das auch fest?

Anja Raubinger: Aussagekräftige Zahlen über den gesamten Spendenmarkt gibt es nicht. Natürlich hat schon vor einigen Jahren der Rückgang bei Neuspender-Mailings eingesetzt. Das heißt aber nicht, dass dieses Instrument nicht mehr funktioniert. Es kommt eben neben der richtigen Adress-Auswahl immer mehr auf die Themen, Termine etc. an und auf die professionelle Bindung der Spender. Wenn die Spenderbindung nicht gegeben ist, ist völlig egal, über welchen Kommunikationskanal die Spender einmalig gekommen sind. Wir haben zum Glück andere Wege gefunden, um teilweise Alternativen bzw. zusätzliche Instrumente gezielt einzusetzen.


NGO-Dialog: Als Instrument zur Ansprache der aktiven Spender hat sich das Mailing aber weiter behauptet …

Anja Raubinger: Meist reicht ein Mailing zu Weihnachten und zu Ostern eben heute auch nicht mehr, um mit den Spenderinnen und Spendern dauerhaft in Kontakt zu bleiben. Die Kombination, Mailing und Telefonaktion, hat sich jedenfalls sehr bewährt. Wir gehören zu denen, die entsprechende Kampagnen aus einer Hand anbieten können – von der Planung bis zur Umsetzung und Erfolgskontrolle.


NGO-Dialog: Wohin wird sich der Spendenmarkt und damit auch van acken Fundraising und seine Kunden weiterentwickeln müssen. Was sind die Herausforderungen?

Anja Raubinger: Der Spendenmarkt sollte langsam mal wieder etwas zur Ruhe kommen und nicht immer auf angebliche Trends und Wundermittel hoffen. Der Wettbewerb wird weiter zunehmen und wer sich dem nicht stellt, wird es in Zukunft einfach schwerer haben. Organisationen werden vom Markt verschwinden, andere kommen regelmäßig neu hinzu. Die Herausforderung ist, dass man kontinuierlich gute Arbeit machen muss, und zwar sowohl in den Projekten als auch beim Spender, damit man eine Zukunft hat.

(Bild: PR)

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