INTERVIEW

Den Austausch zwischen Unternehmen und Schulen fördern

Yvonne KohlmannDie Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT ist ein freiwilliges Netzwerk, das den Dialog und die Kooperation zwischen Schulen und der Wirtschaft initiiert und gestaltet. Dabei hat das Netzwerk zwei Ziele im Auge: Den Jugendlichen soll der Übergang von der Schule in die Berufs- und Arbeitswelt erleichtert und in den Schulen soll die ökonomische Bildung gefördert werden. Mit einer Vielzahl an Angeboten wendet sich die Initiative vor allem an Lehrkräfte, aber auch an Schüler und deren Eltern. Den Unternehmen ermöglicht das Netzwerk Einblicke in die aktuelle Situation der Schulen. 2011 bis 2013 steht das Thema „Migration.Qualifikation.Integration – kulturelle Vielfalt und berufliche Perspektiven" im Zentrum der SCHULEWIRTSCHAFT-Aktivitäten. Wir sprachen mit der Geschäftsführerin von SCHULEWIRTSCHAFT Yvonne Kohlmann.

NGO-Dialog: Frau Kohlmann, mit welcher Zielsetzung und von wem wurde das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT gegründet?

Das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT wurde 1953 mit dem ersten Arbeitskreis in Hildesheim ins Leben gerufen und feiert im nächsten Jahr bereits sein 60-jähriges Bestehen. Gegründet wurde es von Studienrat Dr. Hans Perl und Dr. Fritz Arlt, letzterer ehemals Vertreter des „Deutschen Industrieinstitutes“, das heute als „Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln“ unsere Arbeit maßgeblich mit vorantreibt. Die Initiative SCHULEWIRTSCHAFT versteht sich als Brücke zwischen dem Bildungs- und dem Beschäftigungssystem und bietet eine Plattform, auf der sich Wirtschaft und Schule begegnen und austauschen können. Gemeinsam werden Projekte und Initiativen entwickelt, die Schüler optimal auf das Berufsleben vorbereiten und den Unternehmen ein besseres Verständnis für die Situation an den Schulen vermitteln.

NGO-Dialog: SCHULEWIRTSCHAFT ist eine bundesweite Initiative, die regionale Aktivitäten von Schulen und Unternehmen fördert und vermittelt. Wie wird das Netzwerk bundesweit koordiniert?

Die Basisarbeit von SCHULEWIRTSCHAFT wird in den 430 regionalen Arbeitskreisen geleistet, die bundesweit sehr unterschiedlich verteilt sind. Es sind ehrenamtliche Akteure aus Schulen und Unternehmen, die das Netzwerk vor Ort gestalten. Generell sind bundesweit alle Schulen sowie Unternehmen aus allen Branchen dazu aufgerufen, sich aktiv zu beteiligen. Für die Schulen und Unternehmen bietet das Netzwerk die Chance, gemeinsam regionale Möglichkeiten zu sondieren und auszubauen. Dabei sollen gleichberechtigte Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen entstehen, der Dialog soll auf Augenhöhe stattfinden. So werden neue Entwicklungsmöglichkeiten für Schulen erschlossen und Fördermöglichkeiten für Jugendliche beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt geschaffen, genau dort, wo sie Unterstützung brauchen. Die gemeinsamen Aktivitäten und regelmäßige Treffen fördern die regionale Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen. Sie intensivieren aber auch einzelne Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen, da der intensive Austausch gewährleistet wird.

Die zentralen Fragen unserer Arbeit sind: Wie können wir eine systematische und praxisnahe Berufsorientierung in die Schulen bringen? Wie können wir die ökonomische Bildung der Schüler verbessern? In diesem Rahmen entwickeln wir verschiedene Angebote, wie beispielsweise die Organisation von Betriebspraktika für Schüler und Lehrer. Die Teilnehmer informieren sich über Ausbildungsberufe in ihrer Region und über die Anforderungen, die ein Berufseinstieg an die Auszubildenden stellt. Die Vernetzung aller Akteure, Berufsorientierungsmessen und Mentoren-Programme garantieren den Informationsaustausch in beide Richtungen. Für die Schulen gibt es eine Reihe von Angeboten zum Thema Wirtschaft und zu ökonomischer Bildung, die sie nutzen können. Die Aktivitäten innerhalb des Netzwerkes sind sehr vielfältig.

Die regionalen Arbeitskreise orientieren ihre Arbeit an der Zusammensetzung von Unternehmen und Schulen in der Region und an den daraus resultierenden Bedürfnissen und Schwerpunkten. Die Akteure der Arbeitskreise treffen sich auf Landesebene einmal jährlich auf einer Tagung, die Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und Netzwerken bietet. In gemeinsamer Arbeit werden Projektangebote und Materialien erarbeitet und bestimmte Schwerpunktthemen diskutiert. Bei ihrer Arbeit werden die regionalen Arbeitskreise durch unsere Landesarbeitsgemeinschaften unterstützt. Diese sind die Knotenpunkte in dem bundesweiten Netzwerk, die die Aktivitäten der einzelnen Bundesländer koordinieren. Die Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaften treffen sich zweimal im Jahr und legen das gemeinsame Arbeitsprogramm fest. Sie sind in der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT zusammengeschlossen. Die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT wird durch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln koordiniert.

NGO-Dialog: Welche Rolle spielen die regionalen Arbeitskreise bei der Vermittlung zwischen Schulen und Unternehmen?

Die regionalen Arbeitskreise bieten eine Plattform, auf der sich die Vertreter von Schulen und Unternehmen kennenlernen, austauschen und gemeinsame Initiativen entwickeln können. Die Akteure können sich ausprobieren und schauen, mit wem sie gut zusammenarbeiten können. Unsere Arbeitskreise unterstützen Schulen aktiv dabei, Kontakte zu Unternehmen zu finden. Dabei sind auch die Kollegen von den Landesarbeitsgemeinschaften behilflich, die Fachkompetenz und Erfahrungen aus den anderen Arbeitskreisen beisteuern. Auf unserer Website bieten wir eine Reihe von Informationsmaterialien und Leitfäden für lebendige Kooperationen an und wir sind behilflich bei der Erstellung von Kooperationsvereinbarungen. Es gibt immer die Möglichkeit, unsere Kollegen in den Ländern zu kontaktieren und dort weitere Anregungen  zu finden.

NGO-Dialog: Welche Rolle übernehmen sie bei der Bildungsarbeit?

Wir wollen nachhaltige Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft schaffen und fördern, die ein gegenseitiges Geben und Nehmen ermöglichen. Wir wollen den Austausch und die enge Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen in den Bereichen Berufsorientierung und ökonomische Bildung fördern, notwendige Praxisnähe vermitteln und Jugendlichen helfen, sich in der Vielfalt an Möglichkeiten und Angeboten zurechtzufinden. Das ist keine Einbahnstraße. Lehrer können ein Betriebspraktikum machen und genauso kann ein Unternehmensvertreter in die Schule kommen. Es ist wichtig, dass Unternehmen wissen, was Schulleiter und Lehrer heutzutage leisten müssen. Das Ziel sind nachhaltige Kooperationen und eine Unterstützung, die auf gegenseitigem Verständnis beruht. Wenn sich ein Unternehmen auf eine Kooperation mit einer Schule einlässt und umgekehrt, dann ergeben sich in diesem Kontext auch Unterstützungsmöglichkeiten in Form von Sachleistungen oder Sponsoring. Das ist nicht der Schwerpunkt unserer Arbeit aber sicher ein angenehmer Nebeneffekt.

NGO-Dialog: Was wünschen sich Unternehmen von Schulen, mit denen sie zusammenarbeiten?

Die Schule sollte eine Kooperation ernst nehmen. Es muss Ansprechpartner geben und es ist gut, wenn man sich im Vorfeld auf die Ziele der Kooperation verständigt und diese auch schriftlich fixiert. Und es ist wichtig, zu überprüfen, ob die vereinbarten Ziele auch erreicht wurden. Unerlässlich für beide Seiten sind Verlässlichkeit, Vertrauen und Ehrlichkeit. Probleme offen kommunizieren und erklären, wenn irgendwas nicht geklappt hat, das sind Voraussetzungen für eine verlässliche Partnerschaft. Den Unternehmen geht es hauptsächlich darum, Nachwuchs zu finden. Aus der demografischen Entwicklung ergibt sich eine größere Bereitschaft als bisher, Kooperationen mit Schulen einzugehen. Die Unternehmen wünschen sich, dass ihre zukünftigen Auszubildenden gut auf das Arbeitsleben vorbereitet sind und über eine entsprechende Ausbildungsreife verfügen. Weil die Schulen für diese Aufgaben Partner brauchen, sind die Unternehmen gern bereit, hier Unterstützung zu leisten.

Frau Kohlmann, wir bedanken uns bei Ihnen für dieses Gespräch.

Yvonne Kohlmann ist Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft SCHULEWIRTSCHAFT, einer Initiative der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln.

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