INTERVIEW

Wirtschaftliches Denken und Leidenschaft verbinden

Arne Kasten
Arne Kasten

Gestartet als Bürokaufmann stellte Arne Kasten bald fest, dass der Mehrwert seiner Arbeit besser vielen zugutekommen sollte. Mit seinem Einstieg bei „Ärzte ohne Grenzen“ im Jahr 1998 wurde das wahr. Heute gibt er sein Wissen als Berater auch an die Fortbildungsteilnehmenden der Fundraising Akademie weiter.


NGO-Dialog:
Conversion, Tracking, Visits, im Online-Zeitalter scheint es im Fundraising noch mehr auf Zahlen anzukommen als bisher. Ist das auch Ihr Eindruck?

Arne Kasten: Es ist definitiv so, dass mehr Zahlen berücksichtigt werden müssen, um die Klaviatur des Fundraisingsmixes richtig zu spielen. Es sind nicht mehr Zahlen für die einzelnen Methoden dazugekommen, es sind mehr Methoden dazugekommen, wie die neuen Medien.


NGO-Dialog:
Welche Rollen spielen harte Zahlen aus Ihrer Sicht heute im Fundraising, und was macht das mit der Jobbeschreibung? Sind abrechenbare Ergebnisse im Fundraising wichtiger als weiche Faktoren wie Beziehungen und gute Gespräche?

Arne Kasten: Harte Zahlen sind unabdingbar. Aber weiche Faktoren auch. Wichtig ist die Kombination aus beidem. Wenn ich eine fantastische Beziehung aufbaue und wunderbare Gespräche führe, aber am Ende keine Spende bekomme, macht diese Beziehung keinen Sinn. Wichtig ist es, dass Fundraiser ständig den Status der Beziehung und die Wahrscheinlichkeit einer Spende einschätzen, um zu entscheiden, ob die Beziehung weitergeführt wird oder nicht. Wir dürfen nicht vergessen, dass Fundraiser dafür da sind, einen Mehrwert zu schaffen, um die Projekte und Aufgaben der Organisation, für die man arbeitet zu finanzieren.


NGO-Dialog:
Wie findet man die Balance zwischen den zu erreichenden Vorgaben an Spenden und dem Wunsch die Spender auch zu binden?

Arne Kasten: Das sollte durch eine pragmatische Kostenkalkulation erfolgen. Der Aufwand für die Bindung muss durch das Spendenergebnis gerechtfertigt sein. Ansonsten wird defizitär gearbeitet, und das macht keinen Sinn.


NGO-Dialog:
Briefe in mehreren Varianten für eine individuellere Ansprache kosten zwar mehr, bringen aber höheren Response, den der nackte RoI-Faktor durch die höheren Kosten fast nie anzeigt. Aber die Spender wissen das zu schätzen, fühlen sich besser verstanden, spenden eher wieder. Ist der Fokus auf den Return-on-Investment noch zeitgemäß?

Arne Kasten: Der Fokus auf den RoI ist auf jeden Fall zeitgemäß. Wie schon gesagt, die Aufgabe eines Fundraisers ist es, einen Mehrwert zu schaffen. Der RoI zeigt immer an, ob eine höhere Response Sinn macht, da eine höhere Response, die aber keinen höheren Ertrag bringt, nur dann Sinn macht, wenn diese Aktion auf einen längeren Zeitraum hin betrachtet wird. Die Schwierigkeit besteht hier darin, dass es unterschiedliche RoI-Faktoren gibt, die betrachtet werden müssen. Dafür ist es notwendig, dass eine mittelfristige Planung vorliegt. Und die RoI-Faktoren müssen vor der Aktion festgelegt werden und zwar an die einzelnen Maßnahmen angepasst. So gesehen geht es um den richtigen Einsatz des RoI, nicht ob deren Notwendigkeit.


NGO-Dialog: Was empfehlen Sie Fundraiserinnen und Fundraisern bei der Diskussion ihrer Kosten und Ergebnisse mit Controllern und Chefs?

Arne Kasten: Ehrlichkeit und Genauigkeit in der Planung. Und immer eine Zeitperspektive der Entwicklung. Also: Strategische Mehrjahresplanung, Jahresplanung, Quartalsauswertungen und Monatsauswertungen. Klingt nach viel Arbeit, ist es auch. Aber es lohnt sich, damit alle Stakeholder im Boot sind und Entscheidungen auf der Grundlage von Wissen treffen können.


NGO-Dialog: Zahlen und Statistik gelten nicht unbedingt als Stärke von Fundraising-Abteilungen. Dabei muss heute viel mehr geplant, segmentiert und statistisch vorausgesagt werden. Muss eine Ausbildung zum Fundraising-Manager dem mehr gerecht werden?

Arne Kasten: Eine Fundraising-Ausbildung kann viele Bereiche nur andeuten. Statistik und Planung sind bereits Teil der Ausbildung zum Fundraising-Manager. Aus meiner Sicht besteht das Problem eher in den Organisationen, die dieses Wissen nicht abrufen. Organisationen müssen lernen, dass betriebswirtschaftliches Denken und die emphatische Leidenschaft für ein Thema durchaus miteinander verbunden werden können. Was Fundraiser brauchen sind eher Handreichungen, um in den Organisationen gerade solche Fragen institutionell zu bearbeiten.


NGO-Dialog: Database-Fundraising wird in Zeiten von Data-Mining und Digitalisierung immer wichtiger für eine Organisation. Braucht es in der Zukunft mehr Spezialisten für Analyse und Informatik anstatt Fundraiser?

Arne Kasten: Ja und nein. Was wir als Fundraiser lernen müssen, ist, dass es verschiedene Arbeitsbereiche gibt, und nicht jeder ist für jeden Bereich geeignet. Spendergewinnung als Vertrieb braucht eine andere Sorte Mensch als die Spendenbetreuung. Um öffentliche Anträge zu stellen braucht man ein anderes Denken als bei Stiftungen. Wir brauchen Analysten, um zielgenau zu arbeiten, aber eben auch Fundraiser, die die Analysen in eine lebendige Spenderbeziehung umsetzen. Wir brauchen also Spezialisten für alle Bereiche.

(Bild: privat)

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