INTERVIEW

Der Dialog ist wichtig: Zusammenarbeit zwischen Fördervereinen und Kulturinstitutionen

Anja ButzekFördervereine gewinnen zunehmend an Bedeutung im Fundraising-Mix von Kulturinstitutionen. Seit dem Jahr 2001 unterstützt die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Jüdisches Museum Berlin e.V. das Jüdische Museum Berlin (JMB) bei seiner Aufgabe, Geschichte und Einflüsse jüdischen Lebens in Berlin und in Deutschland zu erforschen und darzustellen. Mit einem umfassenden Programm bietet der Förderverein seinen Mitgliedern zahlreiche Möglichkeiten für einen lebendigen Dialog und intensive Beziehungspflege. Doch wie gestaltet man eine professionelle, lebendige und harmonische Zusammenarbeit zwischen Förderverein und Kulturinstitution, die alle Beteiligten zufriedenstellt? Anja Butzek, Leiterin der Development-Abteilung der Stiftung Jüdisches Museum, sagt: Auf den Dialog kommt es an.

NGO-Dialog: Frau Butzek, seit 2001 unterstützt die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Stiftung Jüdisches Museum Berlin e.V. das JMB. Welche Idee steckt hinter der Zusammenarbeit?

Im Fokus unserer Zusammenarbeit steht die langfristige, ideelle und materielle Unterstützung des Jüdischen Museums Berlin. Neben dem monetären Aspekt ist uns als Stiftung natürlich das Engagement der Mitglieder sehr wichtig, denn sie werben um Sympathien für das Museum und wecken gleichzeitig das Interesse für unser Programm in der Öffentlichkeit. Das nach außen sichtbare bürgerschaftliche Engagement unserer Mitglieder erhöht die Attraktivität des Museums und zeigt dabei dessen Verankerung in der Gesellschaft. Das wirkt sich letztendlich auch positiv auf unsere Werbung um private und öffentliche Mittel aus. Von Beginn an verfolgten wir in unserer Zusammenarbeit mit dem Förderverein eine sehr ausdifferenzierte Akquise- und Bindungsstrategie.

NGO-Dialog: Welche Rolle spielt der Förderverein im Kontext der Aufgaben, die das JMB als Kulturinstitution erfüllt? Welchen Beitrag leistet er im Fundraising-Mix, haben Sie ein Beispiel für uns?

Der Förderverein spielt eine wichtige Rolle in unserem Fundraising-Mix. Neben der wichtigen Akquise von Spenden und Mitgliedsbeiträgen übernimmt er die Organisation und Durchführung ausgewählter Veranstaltungen, wie etwa unser jährliches Fundraising-Dinner, in dessen Rahmen das JMB den Preis für Verständigung und Toleranz verleiht. Die Konzeption und Organisation der Veranstaltung ist gleichzeitig eng mit der Stiftung verknüpft. Der Verein kann in unserem Fundraising-Mix Aufgaben übernehmen, die für die Stiftung viel schwieriger durchzuführen wären. So wurde gerade erst eine unselbstständige Stiftung durch den Förderverein gegründet, deren Ziel die Unterstützung der neuen Programme der Akademie des Museums ist.

NGO-Dialog: Damit eine Zusammenarbeit funktioniert, sollten beide Partner davon profitieren. Was leistet der Förderverein für das JMB? Und was bringt das JMB dem Förderverein?

Der Förderverein ermöglicht unserem Museum eine sehr breite Ansprache verschiedener Zielgruppen. Mit dem differenzierten Mitgliedschaftsmodell und dessen vielfältigen Optionen können wir die unterschiedlichen Erwartungen des Engagements von privaten und juristischen Personen besser steuern. Ab 120 Euro im Jahr kann man beispielsweise dem „Kreis der Freunde" unseres Fördervereins beitreten. In den weiterführenden Kategorien bieten wir Möglichkeiten des Engagements, die auch einem exklusiven Klientel und Menschen mit nachhaltigen finanziellen Unterstützungsabsichten gerecht werden.

Der Förderverein selbst profitiert natürlich von unserer professionellen und erfolgreichen Ausstrahlung als Bundesinstitution, die sich in der Öffentlichkeit als unterstützenswert präsentiert. Nicht zuletzt bieten die vielfältigen Aktivitäten des JMB den Mitgliedern zahlreiche Anknüpfungspunkte und einen lebendigen Ort für persönliche Begegnungen, neue Ideen und einen regen Austausch im Kontext deutsch-jüdischer Geschichte.

NGO-Dialog: Wie gestalten Sie den Dialog zwischen der Stiftung und dem Förderverein, wo liegen die Herausforderungen bei der Kommunikation?

Das Fundraising für das JMB wird eng zwischen dem Förderverein und der Stiftung abgestimmt. Konkret bedeutet das, dass wir alle Fundraising-Aktivitäten unter dem Dach der Development-Abteilung der Stiftung bündeln. Die Geschäftsstelle des Fördervereins und die Fundraiserinnen der Stiftung arbeiten gemeinsam in einem Büro und können so alle strategischen Planungen miteinander abstimmen. Es ist uns wichtig zu gewährleisten, dass ein potenzieller Unterstützer nur von einer Stelle kontaktiert wird. Im Vorfeld prüfen wir gemeinsam, ob ein Unterstützer für eine Mitgliedschaft im Förderverein, ein Sponsoring oder eine projektbezogene Förderung angesprochen wird. Diese enge Zusammenarbeit hat den entscheidenden Vorteil, dass die Arbeit des Museums immer im Fokus steht und ein Konkurrenzverhältnis zwischen Stiftung und Förderverein ausgeschlossen wird. Ich glaube, das ist der „kleine Zaubertrank" für eine erfolgreiche Kooperation zwischen Fördervereinen und kulturellen Institutionen.

NGO-Dialog: Worauf kommt es bei der Darstellung von Kulturinstitution und Förderverein in der Öffentlichkeit an? Wie eng sollten die PR-Abteilungen zusammenarbeiten?

Der Förderverein selbst hat keine Pressestelle. Diese Arbeit wird durch die Geschäftsführerin des Fördervereins geleistet. Generell kommunizieren Stiftung und Förderverein des JMB in der Öffentlichkeit einen geschlossenen Auftritt. Wir sind als Institutionen rechtlich und strukturell voneinander getrennt, bleiben aber in unseren gemeinsamen Zielen und Aufgaben klar erkennbar. In der Binnenkommunikation bedeutet das, dass wir Aufgaben vorab festlegen und unsere PR-Auftritte aufeinander abstimmen. Besonders wichtig ist es, dass das Fundraising sowohl von der Stiftung als auch vom Förderverein wirklich als integrative Managementaufgabe verstanden wird. Um Image-Schäden zu vermeiden, gibt es bei uns keine verwirrende oder undifferenzierte Außendarstellung, die Ansprache von Spendern und Zuwendungsgebern ist klar und eindeutig. Nach unserem Verständnis praktizieren wir ein ganzheitliches Fundraising, dem ein beziehungsorientiertes Marketingverständnis zugrunde liegt.

Frau Butzek, wir bedanken uns bei Ihnen für dieses Gespräch.

Anja Butzek ist studierte Kulturmanagerin, Germanistin und Theaterwissenschaftlerin mit langjähriger Berufserfahrung an Theatern und beim Fernsehen. Seit 2007 leitet sie die Development-Abteilung am Jüdischen Museum Berlin und lehrt als Dozentin für Museumskunde an der HTW Berlin.

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