INTERVIEW

Telefonmarketing: Tausche gutes Gefühl gegen Geld

Beatrice LeitnerDie Spenderbetreuung am Telefon ist ein sensibles Thema im Fundraising und erfordert entsprechend geschultes Personal. Die Kommunikationstrainerin Beatrice Leitner offeriert mit ihrem Berliner Unternehmen ein „Telefontraining der anderen Art". Für sie ist entscheidend, dass die Kommunikation wirklich von Mensch zu Mensch stattfindet. Gerade wenn es um Spenden geht, zählen die Emotionen. Nur wer selbst motiviert ist und zuhören kann, wird ein gutes Gefühl verbreiten können - und darum geht es im Fundraising.

NGO-Dialog: Frau Leitner, in Ihrem letzten Seminar, haben Sie Mitarbeiter einer kirchlichen Einrichtung im Telefonmarketing geschult. Was ist das Besondere an der Kommunikation mit dem Spender, gerade beim Telefonmarketing?

Grundsätzlich geht es darum, als Mensch den Kontakt zum Menschen herzustellen. Das ist bei der Spendenwerbung nicht anders, als beim Verkauf und bei der Werbung im Allgemeinen. Wie beim Kauf eines Produktes geht es um ein Tauschgeschäft: Ware gegen Geld. Der entscheidende Unterschied ist der, dass beim Fundraising ein gutes Gefühl gegen Geld getauscht wird. Die Ware ist der Anker, an dem mein gutes Gefühl festgemacht wird. Und dieses gute Gefühl gilt es, sprachlich zu vermitteln. Und darauf kommt es auch beim Telefonmarketing an. Man kann nicht einfach sagen: „Ich telefoniere jetzt einfach mal für Spenden." Es muss tatsächlich demjenigen, der telefoniert, ein inniges Anliegen sein, mit Menschen zu sprechen. Beim Telefonmarketing im Fundraising geht es darum, dass nicht nur auf thematischer, sondern auch auf der emotionalen Ebene kommuniziert wird. Erst wenn sich die Emotionen treffen, wird es zu einer Spende kommen. Nichtsdestotrotz sind eine gute Allgemeinbildung und eine gute Aussprache des Telefonpersonals natürlich von Vorteil.

Damit das Gespräch nicht nach fünf Sekunden beendet ist, muss der Anrufer sich darauf verstehen, Interesse zu wecken. Zuhören und sich als Person auf das Gespräch einlassen, darum geht es letztendlich. Die meisten Callcenter-Agents werden dahingehend zu wenig geschult. Da ist mehr der Telefonleitfaden der Dreh- und Angelpunkt.

NGO-Dialog: Worin, würden Sie sagen, unterscheidet sich die Face-to-Face-Kommunikation von der am Telefon? Gibt es Übereinstimmungen in der Wahl der Mittel?

Am Telefon muss man viel mehr auf den anderen eingehen und zuhören können. Manchmal hilft hier der berühmte „Türöffner“, das kann z.B. ein Thema sein, das den Spender interessiert. Der Anrufer sollte also geistig und emotional präsent sein. Ist er das nicht, merkt man das am Telefon sofort. Ist der emotionale Einstieg gefunden, so kann man eigentlich jederzeit den Menschen immer wieder ganz nah erreichen.

Der wesentliche Unterschied zwischen der Kommunikation am Telefon und der Kommunikation Face to Face ist der, dass man am Telefon wesentlich reduzierter ist. Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sagt: „Man kann nicht nicht kommunizieren." Das betrifft natürlich vor allem das Face-to-Face-Gespräch, in dem neben der Stimme besonders die Mimik, aber auch der Geruchssinn wirken. Diese Kommunikationsmittel hat man natürlich beim Telefonieren nicht. Das ist auf der einen Seite ein Segen, weil der Gesprächspartner nicht durch Körpersprache und das äußere Erscheinungsbild beeinflusst wird. Andererseits ist es aber auch ein großer Nachteil. Gerade weil man eben am Telefon extrem reduziert ist, muss man hier andere Dinge tun, als in der Face-to-Face-Situation, in der man den Gesprächspartner anschauen kann. Die Wahrnehmung des Gesprächspartners wird auf den Hörsinn reduziert und das Gesamtbild ergibt sich nicht mehr aus verschiedenen Sinneswahrnehmungen, auf die man entsprechend reagieren könnte.

Beim Telefonmarketing ist es besonders wichtig, zu agieren und den potentiellen Spender reagieren zu lassen. Denn wie soll mir der Spender hinterher laufen, wenn ich ihm hinterher laufe? Der Gesprächsführende soll vorneweg gehen und den Spender mitnehmen. Das bedeutet aber auch, den Spender dort abzuholen, wo er gerade steht. Es gilt ihm einen Weg zu zeigen, der so attraktiv ist, dass er bereit ist, dem Gesprächspartner ein Stück zu folgen bzw. den Weg, der ihm vorgezeichnet wird, und der etwa mit einer Spende endet, mit dem Gesprächspartner gemeinsam gehen zu wollen. Gerade bei Großspendern ist der persönliche Kontakt enorm wichtig. Es gilt hier insbesondere, die Kommunikation auf Augenhöhe zu halten.

NGO-Dialog:  Haben Sie für Ihre Seminar-Teilnehmer eine „Checkliste für Telefonmarketing“ entwickelt, die Sie als Erfolgsrezept weitergeben? Oder wie gehen Sie vor in Ihren Schulungen?

Nein, eine Checkliste habe ich nicht. Die Menschen, die in meinen Seminaren sitzen, sind meistens schon ein paar Jahre im Telefonmarketing tätig und haben einen eigenen Erfahrungsschatz. Es geht im Grunde darum, das vorhandene Wissen zu sortieren und in die richtige Reihenfolge zu bringen. Am Ende sollen die Seminarteilnehmer ihre blinden Flecken entdeckt haben und in der Lage sein, effektiver zu arbeiten. Ich sehe meine Aufgabe als Seminarleiterin u.a. darin, den Anstoß dafür zu geben.

Was ich in den Seminaren zu vermitteln versuche ist, dass es beim Telefonmarketing darum geht, motivieren zu können. Und dass das nur derjenige kann, der selbst motiviert ist. Ich mache deutlich, dass dem Telefonpersonal klar sein sollte, worum es bei dem Anruf geht und was das Ziel des Gespräches ist. Eine positive Ausstrahlung ist besonders wichtig. So wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus. Oder mit anderen Worten: Das Geben kommt vor dem Nehmen. Das müssen sich die Menschen, die Telefonmarketing betreiben, verdeutlichen.

Wenn sich der Telefonierende also bereit erklärt, seine Persönlichkeit ins Telefonat einzubringen, und den Spaß und die Freude auch selbst zu spüren, dann wird er wunderbare Gespräche haben. Und langfristig fließen so natürlich auch die Spenden, allerdings ist auch hier Durchhaltevermögen gefragt. 

Frau Leitner, wir bedanken uns für das sehr interessante Gespräch.

Beatrice Leitner, zertifizierte Zeit-Management-, Rhetorik- und Telefonmarketing-Trainerin, bietet mit ihrem Unternehmen (TeleConcept Berlin) Seminare und Coachings mit den Schwerpunkten Personalentwicklung und Telefontraining an. Motivation und authentisches Auftreten sind, ihrer Meinung nach, bei der zwischenmenschlichen Kommunikation und im Berufsleben der Schlüssel zum Erfolg .

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