INTERVIEW

„Man muss sich zeigen, das ist ganz wichtig!“

Sarah Winkler (Mitte) und Unternehmerfamilie Walther vor dem Verkaufsstand für den UNICEF-Keks in der „KeXerei“ Dresden.
Sarah Winkler (Mitte) und Unternehmerfamilie Walther vor dem Verkaufsstand für den UNICEF-Keks in der „KeXerei“ Dresden.

Sarah Winkler ist eigentlich eine ganz normale Studentin, die BWL mit der Spezialisierung Hotel & Tourismus Management in Dresden studiert, gerade an ihrer Bachelorarbeit über Kooperationen zwischen NGOs und mittelständischen Unternehmen schreibt und im Herbst gern in Passau ihren Master machen würde. Ihre Freizeit nutzt sie aber nicht nur für Tanzen, Yoga und das, was Studierende heute eben so machen: Freunde treffen, lesen, kochen, backen, sondern arbeitet auch bei „Ärzte ohne Grenzen“ als Face-to-Face-Fundraiserin. Und als ob das noch nicht genug wäre, organisiert sie für UNICEF ehrenamtlich mal eben einen Spendenlauf in Dresden und stellt für die Kinderhilfsorganisation viele weitere Aktionen auf die Beine, wie zum Beispiel den Verkauf eines eigens für UNICEF kreierten Spenden-Kekses. Wir sprachen mit ihr über regionales Fundraising für eine Marke wie UNICEF.

NGO-Dialog: Wie sind Sie eigentlich zu UNICEF gekommen?

Sarah Winkler: Eigentlich bin ich ja noch gar nicht so lange dabei, gerade mal seit März letzten Jahres. Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, mich ehrenamtlich für eine gute Sache zu engagieren und habe bei meiner Recherche dann erfahren, dass es von UNICEF auch eine ehrenamtliche Gruppe in Dresden gibt. UNICEF kenne ich schon seit meiner Kindheit, denn meine Großmutter war ein sehr aktives Fördermitglied von UNICEF und hat mir schon als Kind viel von der Arbeit der Organisation erzählt. Ihre Geburtstagsglückwünsche an mich standen meist auf UNICEF-Grußkarten.


NGO-Dialog: Was machen Sie bei UNICEF Dresden?

Sarah Winkler: Ich bin sehr schnell in die Arbeit eingestiegen und leite seit Herbst das Aktionsteam von UNICEF in Dresden. Dieses Team ist bei Veranstaltungen mit Infoständen dabei und versucht UNICEF-Themen den Passanten oder Gästen näher zu bringen und Kindern auf eine spielerische Art mit der Thematik, zum Beispiel den Kinderrechten, vertraut zu machen, oder wir organisieren selbst Events, wie den UNICEF-Spendenlauf in Dresden, der schon eine gewisse Tradition hat und von uns komplett in Eigenregie auf die Beine gestellt wird.


NGO-Dialog: Das hört sich an, als wäre UNICEF in Dresden sehr groß?

Sarah Winkler: Ja, das könnte man durchaus sagen. Wir sind etwa 65 Mitglieder plus das Team in Görlitz, das aus 10 Leuten besteht. Unsere Arbeitsgruppenleiterin Frau Bibas koordiniert das komplette Team, ist unsere ständige Ansprechpartnerin und ist selbst unglaublich in die Organisation der Aktionen involviert. Unser Büroteam ist für die klassischen Aktionen wie Grußkartenverkauf zuständig, verwaltet unser Material und beantwortet am Telefon Anfragen oder informiert Interessierte über unsere Arbeit. Das Schulteam informiert in Schulen zum Beispiel zu Kinderrechtsthemen oder Flucht und organisiert Projekttage und UNICEF-Schulläufe. Jugendliche können sich im Younicef-Team engagieren, sich selbst Aktionen ausdenken und werden auch von Köln, also der Bundesgeschäftsstelle, mit Workshops unterstützt. Außerdem gibt es eine Hochschulgruppe, die speziell Studierende im Blick hat und zum Beispiel im Mai das Treffen der UNICEF-Hochschulgruppen mit Stadtaktionen und Workshops organisiert hat. Tja, und damit unsere Arbeit auch in die Öffentlichkeit getragen wird und Partner sowie Interessierte durch unseren Newsletter stets über unsere Aktionen und Veranstaltungen informiert bleiben, haben wir auch ein eigenes Presseteam. Alle sind neben ihrer eigentlichen Arbeit bei UNICEF aktiv, das heißt neben Familie, Job und anderen Verpflichtungen.


NGO-Dialog: Und das Aktionsteam?

Sarah Winkler: Das teilt sich nochmal in Projektteams auf, zum Beispiel für den Spendenlauf, aber da kommen dann aus den anderen Teams auch immer wieder Leute dazu. Man könnte das Aktionsteam auch als den Ideenpool bezeichnen, aber ohne die Hilfe aller ehrenamtlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe wären unsere Aktionen gar nicht möglich.


NGO-Dialog: Sind Sie ein sehr junges Team?

Sarah Winkler: Nein, das ist gar nicht so. Wir haben sogar Leute dabei, die über 70 und schon länger dabei sind. Das ist bunt gemischt. Aber das macht unsere Gruppe gerade aus, weil man trotz der Generationsunterschiede von den vielfältigen Erfahrungen und Stärken unglaublich profitiert.


NGO-Dialog: Inwieweit können Sie denn Aktionen ungefragt mit der Zentrale in Köln umsetzen? UNICEF auf alle Fahnen und dann geht‘s los?

Sarah Winkler: Nein, das geht nicht. Generell kann man sagen, dass der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Welche der Aktionen aus dem Pool von Ideen dann umgesetzt wird, liegt aber auch daran, welche finanziellen Voraussetzungen es dafür gibt. Denn wir haben immer das Ziel, keine Kosten zu verursachen, das heißt Sponsoren und Sachspender sowie Ehrenamtliche für die Mitarbeit zu finden. Natürlich wird alles mit der Arbeitsgruppenleitung abgesprochen, und es muss auch den Rahmenbedingungen von UNICEF entsprechen. Zum Beispiel werben wir aus kinderschutzrechtlichen Gründen keine Sponsoren aus der Tabak- oder Alkohol-Industrie an. Auch für die Vergabe des UNICEF-Logos an Partner gibt es klare Richtlinien.


NGO-Dialog: Seit kurzem gibt es auch einen Spenden-Keks, der zugunsten von UNICEF durch ein Dresdner Unternehmen hergestellt und verkauft wird. Wie kam es dazu?

Sarah Winkler: Auch das fing mit dem UNICEF-Lauf an. Wir wollten den Teilnehmern noch etwas Süßes in die Teilnehmertaschen packen. Sozusagen ein süßer Energieschub. Und eine Idee war, die „KeXerei“ anzusprechen. Also ging ich hin und fragte, ob sie eine Idee hätten und was man gemeinsam auf die Beine stellen kann. So kam es zur Idee einer Medaille, weil das Unternehmen das auch für andere Veranstaltungen schon gemacht hatte.


NGO-Dialog: Der Keks ist aber heute auch im Laden zu erwerben?

Sarah Winkler: Ja, ich hatte schon vorher die Idee, dass es doch schön wäre, ein Produkt für UNICEF-Dresden mit einem lokalen Unternehmen zu verbinden. Weil UNICEF Dresden eben regional noch nicht so bekannt ist wie wir es uns wünschen würden. Und seit dem Gründonnerstag gibt es den UNICEF-Keks, von dem 20 Cent an UNICEF-Projekte in Kenia gehen, in allen Filialen zu kaufen.


NGO-Dialog: Sie hatten dem Unternehmen das Recht eingeräumt, sich ein Projekt, für das die Erlöse aus dem Verkauf eingesetzt werden, auszuwählen. Das sehen andere Organisationen sehr kritisch, weil sie damit eine Einflussnahme auf die Projektstrategie befürchten. Warum haben Sie das so gelöst?

Sarah Winkler: Auch bei uns ist es so, dass wir, wenn möglich, zweckungebundene Spenden bevorzugen, um flexibel die Gelder da einsetzen zu können, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Wir haben erfahrene Experten, die das besser einschätzen können. In dem Fall haben wir uns entschlossen, bei diesem kleinen Projekt – wir reden ja hier nicht über tausende von Euro – auch den Kunden, die den Keks kaufen sollen, ein konkretes Projekt zu präsentieren. Und damit sich das Unternehmen damit auch identifizieren kann, überließen wir ihm die Auswahl. Da das Projekt ja langfristig angelegt ist, gäbe es immer noch die Möglichkeit, in Absprache mit der KeXerei den Spendenzweck eventuell später einmal zu wechseln.


NGO-Dialog: Hilft der Name UNICEF bei der Gewinnung von Partnern und Sponsoren?

Sarah Winkler: Uns ist viel wichtiger, dass die Entscheider sich mit den UNICEF-Themen und unserem Anliegen identifizieren können. Ob es leichter oder schwieriger ist, kann ich gar nicht so einschätzen, weil ich nicht weiß, wie das bei anderen Vereinen ist. Als UNICEF ist man natürlich bekannt. Ich muss nicht erst erklären, was wir machen. Wir haben ein positives Image und eine Bekanntheit, klar, aber trotzdem müssen wir auf die Sponsoren erst mal zugehen und sagen, dass es uns gibt. Die KeXerei wusste zum Beispiel nicht, dass wir auch in Dresden regional aktiv sind.


NGO-Dialog: Was würden Sie denn Initiativen im regionalen Fundraising aus Ihrer Erfahrung empfehlen?

Sarah Winkler: Wichtig ist, erst mal Gespräche zu suchen und da sehr offen zu sein. Idealerweise von beiden Seiten. Wir freuen uns natürlich, wenn auch Unternehmen auf uns zukommen, aber das ist eher die Ausnahme. So war es aber gerade bei der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen für den UNICEF-Lauf. Da waren im letzten Jahr Mitarbeiter dabei und fanden das gut, und jetzt haben wir eine Kooperation. Man muss sich also zeigen, das ist ganz wichtig. Bei Unternehmenskooperationen ist es auch wichtig, dass beide Partner ihre Stärken einbringen und so voneinander profitieren können. Ziel ist es also, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Manchmal ist die Umsetzung einer Kooperation gar nicht so leicht, und gerade dann muss man gemeinsam eine Lösung finden. Noch ein Tipp: Die Öffentlichkeitsarbeit immer gemeinsam gestalten.


NGO-Dialog: Was schätzen Sie besonders an der Arbeit für UNICEF Dresden?

Sarah Winkler: Also, ich bin ja noch nicht so lange dabei, aber durch den gemeinsamen Gedanken zu helfen, ist man sich natürlich sehr nah, und da sind wirklich gute Freundschaften entstanden. Und selbst, wenn mal Diskussionen aufkommen, bringt einen das dann weiter und ist durch den Perspektivwechsel auch sehr produktiv. Und wenn dann alle an einem Strang ziehen, kann man das am Ende auch feiern, und das ist ein sehr gutes Gefühl.

(Bild: UNICEF Dresden)

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