INTERVIEW

„Förderer sind keine Geldsäcke“

Torsten Schmotz
Torsten Schmotz

Torsten Schmotz ist seit knapp zehn Jahren Fördermittelberater für gemeinnützige Organisationen. Im Interview mit Friederike Vorhof erläutert er, wie sich die Förderlandschaft aus seiner Sicht verändert hat, welche Chancen und Risiken er sieht und was er gemeinnützigen Organisationen rät.


NGO-Dialog:
Herr Schmotz, Sie sind seit knapp zehn Jahren selbstständig als Fördermittelberater für gemeinnützige Organisationen tätig. Hat sich die Förderlandschaft in Ihren Augen in dieser Zeit verändert?

Torsten Schmotz: Die Förderlandschaft ist immer in Bewegung. Das hängt oft an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. In den letzten Jahren haben Zuwanderung, Inklusion, Extremismus, Digitalisierung, gesetzlicher Anspruch auf Kinderbetreuung oder wachsender Fachkräftemangel eine Vielzahl von neuen Förderschwerpunkten und -programmen hervorgerufen. Veränderungen gehen aber auch von den Verantwortlichen der Förderer selbst aus: Viele Förderstiftungen mussten angesichts der Niedrigzinsphase ihre Förderaktivitäten verringern, dafür sind aber auch neue Förderer wie etwa die Skala-Initiative oder die Deutsche Postcode Lotterie aktiv geworden. Im Stiftungsmarkt gibt es viele Beispiele, bei denen sich Förderer zusammengeschlossen haben, um gemeinsam aktiv etwas bewegen zu können.


NGO-Dialog:
Wie gut schätzen Sie die Kommunikation zwischen Förderinstitutionen und Projekten ein?

Torsten Schmotz: In allen Förderbereichen, egal ob privat oder öffentlich, stehen die Förderinstitutionen unter immer stärkerer Beobachtung der Öffentlichkeit. Bei einigen Mitarbeitern der öffentlichen Hand gibt es leider noch sehr „herrschaftliche“ Attitüden. Da werden Antragsteller nach Gutsherrenart herumkommandiert und mit ständig wechselnden Anforderungen traktiert. Da muss man sich nicht wundern, dass einzelne staatliche Förderprogramme ihr Geld nicht loswerden. Viele private Förderer zeigen, dass das auch anders geht, ohne auf inhaltliche Ansprüche und professionelle Projektumsetzung zu verzichten.


NGO-Dialog: Auf welche Probleme stoßen Sie in Ihrer täglichen Arbeit mit gemeinnützigen Organisationen?

Torsten Schmotz: Fach- und Führungskräfte, die keine Erfahrungen mit dem Fördermarkt haben, besitzen häufig keine Vorstellung davon, dass der Förderer nicht nur ein „Geldsack“ ist, den man nur richtig anzapfen muss. Da werden gerne Bettelbriefe verfasst und am besten noch als Serienbrief an möglichst viele Institutionen verschickt, ohne zu klären, ob die für eine Förderung tatsächlich in Frage kommen. Die Realität ist eine andere. Förderer sehen sich selbst als Investoren, welche vertrauenswürdige und kompetente Kooperationspartner suchen, die ihnen mit ihrer professionellen Arbeit eine gute Wirkung in Bezug zu den eigenen Förderzielen versprechen.


NGO-Dialog: Braucht das nicht auch Investitionen in diese Partnerschaft?

Torsten Schmotz: Richtig, viele Projekte scheitern an der mangelnden Bereitschaft, ausreichende Ressourcen für den Aufbau einer Förderbeziehung zu investieren. Man möchte gerne 100.000 Euro einwerben, aber man ist nicht bereit, mehr als acht Arbeitsstunden zu investieren. Häufig wird auch der zeitliche Vorlauf völlig unterschätzt und man kümmert sich erst viel zu spät um eine Förderung. Bei vielen Förderern trifft sich das Auswahlgremium aber nur zweimal im Jahr, und die Prüfung von Anträgen dauert in der Regel mehrere Monate. Dabei gilt aber fast immer die Regel, dass ein Vorhaben nicht vor einer Förderzusage begonnen werden darf.


NGO-Dialog: Welche zentralen Tipps geben Sie gemeinnützigen Organisationen, die Projektmittel einwerben wollen?

Torsten Schmotz: Fördermittel können ein wichtiger Beitrag zur Finanzierung von Aktivitäten sein und zu vielen Förderern lassen sich langfristige Beziehungen und Kooperationen auf Augenhöhe aufbauen. Für diesen Beziehungsaufbau benötige ich aber drei wesentliche Voraussetzungen:

  1. Die Bereitschaft, offen und transparent zusammenzuarbeiten und auf die Bedürfnisse des Förderers einzugehen,
  2. ausreichende Ressourcen, um sich um diesen Beziehungsaufbau zu kümmern, sowohl auf Führungs- als auch auf operativer Ebene und
  3. ausreichend Zeit, das notwendige Vertrauen wachsen zu lassen. Viele Förderer fangen mit kleineren Projekten an, bevor sie zu einer größeren Förderung bereit sind.


NGO-Dialog: Last but not least: Was bringt Ihnen besondere Freude an Ihrem Job?

Torsten Schmotz: Durch meine Arbeit in der Beratung und Weiterbildung lerne ich eine Vielzahl von Menschen kennen die mit viel Herzblut und tollen Ideen unsere Gesellschaft weiterentwickeln wollen. Wir können sehr froh sein, dass es bei uns dieses breite Engagement gibt. Am schönsten ist es, wenn durch meine Hilfe ein Projekt erfolgreich umgesetzt wird und ich es vor Ort besuchen kann oder die Rückmeldung der begeisterten Teilnehmer bekomme, egal ob es ein Neubau eines Hospizes ist, eine internationale Jugendbegegnung, ein aufsehenerregendes Chorevent oder ein wichtiges Vogelschutzprojekt.

(Bild: © Förderlotse Torsten Schmotz)

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