INTERVIEW

„Für Vertrauen durch Transparenz“

Dr. Friedrich Haunert

Seit 2010 gibt es die Initiative transparente Zivilgesellschaft, die von vielen Gemeinnützigen Verbänden, Wie VENRO, dem Fundraisingverband oder dem Bundesverband deutscher Stiftungen getragen wird . Schon über 400 Organisationen tragen mittlerweile das Logo der Organisation und veröffentlichen standardisierte Informationen über ihre Geschäftstätigkeit. ngo-Dialog sprach mit Dr. Friedrich Haunert, der bei Transparency International für die Initiative verantwortlich ist über deren aktuelle Entwicklung.

NGO-Dialog: Dr. Haunert, Können Sie mit der Zahl der Organisationen, die sich der Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ) angeschlossen haben zufrieden sein?

Wir sind mit der kontinuierlichen Steigerung zufrieden. Natürlich könnte es noch schneller gehen, aber die Kurve ist bisher nicht abgeflacht.

NGO-Dialog: Es scheinen eher größere Organisationen zu sein, die vertreten sind. Ist die ITZ aber nicht auch etwas für kleine Vereine?

Die ITZ sollen allen Organisationen eine Möglichkeit bieten, Basisinformationen zu veröffentlichen. Viele kleinere haben sich bisher weniger mit Transparenzfragen auseinandergesetzt. Sie verfügen auch selten über professionelle Strukturen. Daher freuen wir uns über die immer noch beachtliche Anzahl gerade kleinerer Vereine, die die Selbstverpflichtung bereits unterzeichnet haben.

NGO-Dialog: Was muss man tun, um der ITZ beizutreten und welche Prüfungen kommen auf die Organisation zu?

Kurz gesagt verpflichten sich Unterzeichner, zehn Informationen auf ihrer Website leicht zugänglich zu veröffentlichen und eine Selbstverpflichtung zu unterzeichnen. Nach positiver Prüfung der Angaben durch einen unserer Ehrenamtlichen müssen in manchen Fällen kleinere Änderungen vorgenommen werden. Abschließend wird praktisch allen Unterzeichnern die Erlaubnis erteilt, das Logo der ITZ zu führen. Unter unserer Internetadresse sind diese einfachen Schritte beschrieben.

NGO-Dialog: Was hält gemeinnützige Organisationen eigentlich davon ab beizutreten?

Es ist sehr schwierig zu beurteilen, weshalb sich im Einzelfall die Verantwortlichen einer Organisation gegen einen Beitritt entscheiden. Wir können ja vorrangig nur mit denen kommunizieren, die mitmachen. In vielen Bundesländern und bestimmten Bereichen wie dem Sport ist die ITZ noch relativ unbekannt. Manche Organisationen aus der Sozialwirtschaft fürchten Wettbewerbsnachteile, die sich im Gespräch jedoch oftmals ausräumen lassen. Einige Spenden sammelnde Organisationen gehen mit ihren bisher schon veröffentlichten Informationen sehr viel weiter, als die ITZ es fordert. Sie sehen mitunter ein weiteres Logo auf der Webseite als Überfrachtung an. Letztlich würde uns die Frage auch sehr interessieren und ich freue mich, wenn sich Nichtunterzeichner an uns wenden und uns ihre Gründe nennen.

NGO-Dialog: Gerade der Umwelt- und Naturschutz ist sehr gering vertreten. Große Spendenorganisationen fehlen als Mitglieder. Woran liegt das?

Auch wir würden uns hier viel mehr Zustimmung und aktive Teilnahme wünschen. Unsere intensiven Gespräche lassen jedoch hoffen, dass Bewegung in den Umwelt- und Naturschutz kommt und die Unterzeichnerzahlen steigen.

NGO-Dialog: Gehen Sie auch direkt auf Organisationen zu und bitten Sie diese beizutreten?

Ja, die Träger der ITZ werben bei ihren jeweiligen Mitgliedsorganisationen kontinuierlich um Vertrauen für die Initiative und führen ebenso wie die ehrenamtlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe „Transparenz in der Zivilgesellschaft“ bei Transparency Deutschland – so es ihre Zeit zulässt – zahlreiche Einzelgespräche. Wir sind für Rückfragen offen und haben auch einen Leitfaden auf der ITZ-Seite hinterlegt, der die Bearbeitung erleichtert.

NGO-Dialog: Eine weitere Verbreitung der Idee der transparenten Zivilgesellschaft wäre wünschenswert. Was haben Sie vor, um das Thema noch etwas mehr voranzubringen?

Wir möchten trotz knapper Bordmittel unsere Bekanntheit steigern. Insofern sind wir für Vortragsangebote und Interviews wie dieses sehr dankbar. Und wir freuen uns, wenn die Unterzeichner selbst in ihren Kreisen werben. Hierbei unterstützen wir sie nach Kräften, nehmen an Veranstaltungen teil, halten Vorträge und dergleichen mehr.

NGO-Dialog: Dem Wunsch die Prüfungskriterien nach Organisationsgrößen zu differenzieren, wurde nicht entsprochen. Hätte das nicht die Mitgliederzahl steigen lassen?

Wir mussten damals nach Abwägung aller Optionen eine pragmatische Entscheidung treffen – bisher sind wir immer noch sehr zufrieden damit. Denn so kann sich die ITZ zum Goldstandard in der Zivilgesellschaft für Vertrauen durch Transparenz entwickeln.

NGO-Dialog: Eine Idee über welche, die ITZ nachdenkt, ist es, die Bundesregierung zu gewinnen, ähnlich dem DZI, die Unterzeichnung der ITZ an den Erhalt von öffentlichen Fördergeldern zu knüpfen. Wollen Sie mehr Druck aufbauen?

Mehrgleisiges Fahren ist bei solchen Themen immer wichtig. Wenn sich die Politik für Transparenz ernsthaft interessiert, und dafür gibt es Anzeichen, dann muss man über alles reden. Sollte Freiwilligkeit nicht ans Ziel führen, denken Politiker offenbar auch über Sanktionen nach. Wir bieten unsere Expertise und Erfahrungen an und diskutieren auf verschiedenen politischen Ebenen.

NGO-Dialog: Was können wir von der ITZ in den nächsten Jahren noch erwarten?

Die ITZ ist bereits zahlenmäßig die größte Transparenzinitiative. Daran arbeiten wir weiter und werden nach unserer Überzeugung an Fahrt gewinnen. Transparenz ist Bestandteil weiter gefasster Themen, zum Beispiel von Governance oder Accountability. Hier müssen wir uns noch mehr Gehör verschaffen und stärker darauf hinwirken, dass es nicht um eine bloße Unterzeichnung von zehn Punkten geht, sondern um eine spezifische Haltung oder Einstellung in gemeinwohlorientierten Organisationen, die oft ausbaufähig ist.

(Foto: ©Th.Räse)

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