INTERVIEW

„Fundraising ist im Dialogmarketing angekommen.“

Patrick Tapp
Patrick Tapp

Patrick Tapp und Martin Nitsche bilden seit Februar 2014 das neue Führungsduo des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV). Tapp ist geschäftsführender Gesellschafter der Dialog Frankfurt GmbH und berät dabei auch viele Kunden aus dem Non-Profit-Bereich. Als ehemaliges Vorstandsmitglied im Deutschen Fundraisingverband und einer der Mitgründer der Fundraising Akademie ist er ein exzellenter Kenner der Fundraising-Szene. Beim DDV ist er für Public Affairs, Öffentlichkeitsarbeit, sowie Presse und Kommunikation verantwortlich. In seinen Zuständigkeitsbereich fällt auch die politische Interessenvertretung in Berlin und Brüssel. Wir sprachen mit ihm über den DDV und die aktuellen Aufgaben und Einflussmöglichkeiten seines Verbandes.


NGO-Dialog:
Herr Tapp, Sie sind seit vielen Jahren im Präsidium des Deutschen Dialogmarketingverbandes und nun Teil der neuen Führungsspitze. Welche Schwerpunkte sehen Sie in diesem Jahr in Ihrer Arbeit?

Patrick Tapp: Sicher werden wir die erfolgreiche Arbeit des Verbandes versuchen fortzusetzen. Das ist zum einen die Lobbyarbeit für das Dialogmarketing, damit es nicht von weiteren Einschränkungen begrenzt wird. Aktuell ist das die Datenschutzgrundverordnung. Wir beobachten seit Jahren mit zunehmender Sorge, dass der Gesamtmarkt des Dialogmarketings, der ja mit einem Investitionsvolumen von 27 Milliarden Euro pro Jahr ein erheblicher ist, zunehmend bedrängt wird. Da werden Diskussionen geführt, die nicht sach- und fachgerecht sind. Hier gilt es auch in der Öffentlichkeitsarbeit, im Verbraucherdialog, der politischen Arbeit und der Rechtsbegleitung Akzente zu setzen. Wesentlich ist auch in allen anderen Bereichen die Deutungshoheit über das Dialogmarketing zu stärken: zum Beispiel mit Marktzahlen, Analysen und wissenschaftlichen Studien oder mit unserer Nachwuchsarbeit, den „Dialog natives“.


NGO-Dialog: Sie sind als Verband mit über 800 Mitgliedern breit aufgestellt. Ist das eine Bürde oder eher positiv?

Patrick Tapp: Wir haben ja als DDV das große Glück, alle Sparten des Dialogmarketings abbilden zu können, und es ist ein großer Wunsch der Mitglieder, die Vernetzung der Sparten voranzutreiben. Wir stellen ja auch fest, dass ein einzelnes Instrument im Dialogmarketing so isoliert im Markt gar nicht mehr zu finden ist. Es gibt bereits eine breite Vernetzung und das muss sich in der Verbandsarbeit abbilden. Dazu gehört natürlich auch die Erweiterung einzelner Segmente. Das Sozialmarketing ist sicher ein Bereich, wo im Moment eine starke Nachfrage zu beobachten ist. Das ist auch folgerichtig, wenn man bedenkt, dass die Maßnahmen und Instrumente des Fundraisings oft deckungsgleich zu den Instrumenten des Dialogmarketings im Business Bereich sind.

NGO-Dialog: Die europäische Datenschutznovelle hat schon für Unruhe gesorgt. Welche Einschränkungen befürchten Sie denn da auch für Organisationen im Sozialmarketing?

Patrick Tapp: Es ist schon so, dass gemeinnützige Organisationen in einigen wenigen Feldern, etwa beim Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), privilegiert sind. Sie verfolgen einen gemeinnützigen Zweck und unterliegen neben dem Sammeln von Spenden auch einer Informationspflicht und Informationsnotwendigkeit. Was die Datenschutzvorschriften betrifft sind da keine großen Unterschiede auszumachen. Etwa beim Profiling oder dem Adressgeschäft. Deshalb erkläre ich mir auch das steigende Interesse von gemeinnützigen Organisationen an unserer Arbeit. Der DDV hat die Möglichkeit gerade in diesem Bereich eine intensive Lobbyarbeit zu betreiben.


NGO-Dialog: Ist eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fundraisingverband nicht sinnvoll? Bei SEPA hat sich das ja schon angedeutet.

Patrick Tapp: Wir haben in der Vergangenheit mit dem Fundraisingverband immer geredet. Allerdings muss man sagen, dass er bisher in der Lobbyarbeit und im Bereich der Interessenvertretung eher wenig präsent war. Er hat eher berufsständige Interessen vertreten und zum Beispiel durch die Mitgründung der Fundraising Akademie bewirkt, dass durch diese eine enorme Professionalisierung vorangetrieben wurde. Von daher haben sich bisher im Lobbying aus dieser Positionierung des Fundraising Verbandes nicht so viele Synergien ergeben.


NGO-Dialog: Sie haben ja allein 68 Agenturen beim DDV, die im Bereich Sozialmarketing engagiert sind. Sie sagten, sie wollen diesen Bereich weiter ausbauen. Gibt es bald einen thematischen Schwerpunkt Fundraising beim DDV?

Patrick Tapp: Also, ich würde das nicht mit dem Begriff Fundraising sondern mit der Bezeichnung Sozialmarketing belegen. Da gibt es viele Übereinstimmungen mit dem Dialogmarketing. Wir sehen, dass es eine Reihe von Organisationen gibt, die über das Berufsständische hinaus, was im Fundraisingverband gut abgedeckt ist, Vorteile sehen, in einem Verband vertreten zu sein, der das Lobbying über alle Kanäle betreibt und ein gewisses Gewicht hat. Der DDV steht dem sehr aufgeschlossen gegenüber. Da muss man mal schauen, wo die Reise hingeht. Der Fundraisingverband hat eine neue Führung und ich persönlich bin sehr gespannt, ob der Verband mit neuer Energie auf dem Gebiet der Interessenvertretung des Fundraisings und Sozialmarketings vielleicht in Zukunft aktiver wird. Es gibt bereits die ersten Nachfragen nach gemeinsamen Gesprächen. Wir als DDV sind auf jeden Fall immer gesprächsbereit, wenn es darum geht, das Dialogmarketing möglichst frei von unnötigen und zweifelhaften Regulierungen zu halten.


NGO-Dialog: Was kann der DDV da überhaupt tun?

Patrick Tapp: Ich glaube, das hat der Verband in den letzten 60 Jahren gezeigt. Dass der DDV eine starke Autorität hat, liegt auch daran, dass er wissenschaftlich und rechtswissenschaftlich eine starke Basis hat. Man kann nicht unsinnigerweise etwas fordern, sondern es muss belegt sein und man benötigt auch die Autorität in der Darstellung und der Rechtsposition dafür. Das muss man sich erarbeiten und das ist auch eine Frage des Aufwands und der Größe eines Verbandes. Wie kann er sich zum Beispiel an Anhörungen und Gesetzgebungsverfahren beteiligen? Ich glaube, der DDV ist, wenn es um Dialogmarketing und die Freiheit der Kommunikation geht, gut aufgestellt und kann insofern auch ein Ansprechpartner für gemeinnützige Organisationen sein, die sich mit Problemen in diesen Feldern konfrontiert sehen.


NGO-Dialog: Als Mitgründer der Fundraising Akademie und Kenner der Fundraising-Szene, was wird sich Ihrer Meinung nach im Fundraising in nächster Zeit tun?

Patrick Tapp: Die Professionalisierung und Institutionalisierung von Fundraising hat, auch durch die Arbeit der Fundraising Akademie, bis in die kleinen Organisationen eine gewaltige Entwicklung genommen. Fundraising ist zweifelsohne im Dialogmarketing angekommen. Früher hieß der Bereich noch Spenderverwaltung, dann wenigstens grammatikalisch richtig Spendenverwaltung. Heute ist es Fundraising, Sozialmarketing. Ich glaube, dass die Organisationen auch zunehmend im Wettbewerb stehen, denn die Anzahl der Spender ist nicht vermehrbar. Man muss schauen, wie man sich mit Maßnahmen der Kommunikation und der Spenderbindung auf ein neues Spenderverhalten einstellt. Und wie bei Unternehmen auch steht die Frage: Wie bekommt man die zahlungskräftigen, jüngeren Zielgruppen an sein „Produkt“. Die Differenz zwischen dem Marketing für Unternehmen und NGOs ist da nicht groß. Durch das veränderte Konsumentenverhalten wird es zweifelsohne schwerer und zudem leider auch, weil die Regularien strenger werden.


NGO-Dialog: Haben Sie da ein aktuelles Beispiel?

Patrick Tapp: Ja, der Staatssekretär im Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz Gerd Billen entwickelt gerade ein neues Verbraucherbild und das gilt auch für den Spender, denn da macht er als ehemaliger oberster Lobbyist des Verbraucherschutzes keinen Unterschied, wenn es um die Ansprache der Verbraucher geht. Wir werden gespannt sein müssen, wie sich Billens neue Definition des mündigen Verbrauchers dann auf Regulierung und Ansprachemöglichkeiten auswirkt und was dann noch und wie möglich ist. Ich glaube, gemeinnützige Organisationen sollten da die Freiheit der Kommunikation stärker im Blick behalten, damit die Kommunikationskanäle frei für Informationen bleiben und nicht durch ein verzerrtes Schutzbedürfnis und vorgebliches Fürsorgeempfinden des Staates geschlossen werden. Das ist eine große Herausforderung.

(Foto: privat)

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