INTERVIEW

Bei Social Media steht der Dialog im Vordergrund

Melanie Gömmel

Melanie Gömmel, 28, ist Social Media Redakteurin bei World Wide Fund For Nature Deutschland und dort verantwortlich für deren Social Media-Kommunikation. Vorher arbeitete sie bei Scholz & Friends als Junior Social Media Managerin. Wir sprachen mit ihr über Cat-Content und Fundraising bei Facebook.

NGO-Dialog: Frau Gömmel, wie wird man eigentlich Social-Media-Managerin beim World Wide Fund For Nature Deutschland (WWF)?

Ich arbeite noch gar nicht so wahnsinnig lange in dem Bereich, habe mich aber gegen Ende meines Studiums mit dem Thema Social Media in meiner Diplomarbeit beschäftigt und bin dann gleich in das Thema eingestiegen. Gestartet bin ich in einer Agentur und habe mich dort mit Markenkommunikation im Social Web beschäftigt. Ich fand das total spannend, denn ich glaube, es gibt kaum ein Thema, wo es so viele Veränderungen in so kurzer Zeit gibt. Beim WWF habe ich jetzt den perfekten Job gefunden, weil ich immer noch in dem Bereich arbeite, aber wesentlich essenziellere Themen verbreiten kann, die ich auch selbst spannend finde.

NGO-Dialog: Damit wären wir ja schon bei der Kernfrage, die sich Non-Profit-Organisationen für sich natürlich auch stellen. Warum ist denn der WWF bei Facbook, Twitter und Co aktiv?

Weil wir uns rechtfertigen müssten, wenn wir es nicht täten. Das ist nicht unbedingt übertragbar auf alle NGOs, aber der WWF als große und internationale Organisation muss einfach dabei sein!

NGO-Dialog: Sie haben bei Facebook über 125.000 Fans …

Oh sie haben gerade draufgeschaut, ja wir haben gerade diese Marke geknackt!

NGO-Dialog: … das ist ja ein Zeichen dafür, dass sie offenbar interessante Inhalte kommunizieren. Wie unterscheidet sich die Kommunikation in sozialen Medien von der auf ihrer Website?

Die Geschichten, die wir bei Facebook verbreiten, sind etwas lebendiger, anschaulicher und interessanter gestaltet. Das heißt jetzt nicht, dass dies für unsere Website nicht zutrifft, aber dort sind sie wesentlich ausführlicher, da gibt es Hintergrundberichte und Studien. Bei Facebook versuchen wir, das kurz und knapp darzustellen. Mit dem passenden Bildmaterial wird das Augenmerk dann auf unsere Geschichten gerichtet. Wer tiefer gehende und weiterführende Informationen haben möchte, ist auf der WWF-Website oder im WWF Magazin auf jeden Fall besser aufgehoben.

NGO-Dialog: Ist die Kommunikation unterhaltender?

Ja auf jeden Fall. Wir versuchen es natürlich nicht auszuschlachten. Also nur die härtesten und schlimmsten Geschichten zu zeigen. Aber unterhaltend sollte es sein.

NGO-Dialog: Als Non-Profit-Organsiation kann man nicht immer die heile Welt zeigen. Es gibt nicht nur gute Nachrichten.

Richtig! Schlechte Nachrichten werden aufgrund der Natur von Facebook weniger gelikt. Einige NGOs oder Firmen funktionieren den Like-Button um, etwa als Kondolenzbutton oder „Klickt Like, wenn ihr das genauso schlimm findet“. Das wollen wir nicht machen. Wir wollen uns nicht verbiegen. Wenn eine Nachricht so ist, wie sie ist, dann wollen wir die nicht facebooklike umformulieren.

NGO-Dialog: Sicher auch eine Frage, wie authentisch man in seiner Kommunikation ist und welche Interaktion man erwartet. In dem Zusammenhang hört man immer wieder etwas von Cat-Content. Was ist das?

Ich glaube das ist gar nicht so leicht zu definieren. Cat-Content sind für mich eigentlich Inhalte, die sehr leicht zu konsumieren sind und den User zu einer Interaktion anregen sollen. Dazu gehört eben auch das süßeste Katzenbild des Tages. Schlecht wird Cat-Content, wenn es eben nichts mehr mit der Organisation im eigentlichen Sinne zu tun hat. Wenn wir als WWF sagen: „Wir wünschen Euch einen wunderschönen sommervollen Tag“, finde ich das weniger angebracht, obwohl das die User gern liken, aber man könnte das auch mit einem WWF-Thema besetzten. Also heute ist ein schöner Sommertag, die Bienen fliegen wieder, leider werden es immer weniger.

NGO-Dialog: Man sollte es also schon auf die eigene Arbeit beziehen?

Genau!

NGO-Dialog: Bei Social Media steht der Dialog im Vordergrund. Sie haben eine Interaktionsrate von drei Prozent. Ist das genug? Wie bemisst sich da Erfolg, auch wenn Sie auf Cat-Content verzichten?

Quantitative Zahlen, wie Fans oder Follower sind für uns weniger ausschlaggebend. Wir geben das natürlich im monatlichen Reporting mit an, aber die Interaktionsrate ist da viel wichtiger. Allerdings muss man die Engagement-Rate richtig einordnen. Die Menge der Menschen im Netz, die sich für Naturschutz interessieren, ist auch begrenzt. Das heißt, wir müssen auch unsere Zielvorstellungen realistisch einschätzen. 50 Prozent Interaktionsrate wären utopisch. Wir können eben nicht wie Unternehmen ein großes Gewinnspiel auf unserer Seite machen. Dafür haben wir gar kein Budget. Und unsere Themen sind andere.

NGO-Dialog: Rechtfertigt das den Aufwand? Social Media ist doch Ihr Tagesgeschäft?

Ja richtig, ich bin beim WWF nur für das Thema eingestellt. Ich mache also nichts anderes. Und natürlich ist dieser Aufwand gerechtfertigt. Die Menschen im Netz zum Zuhören zu bringen ist ja der erste Schritt um sie dann an uns zu binden. Dies wollen wir erreichen, indem wir diese Geschichten im Netz verbreiten und im besten Falle folgt daraufhin langfristig eine Tat als Spende oder Petitionsunterschrift. Wenn ich daran nicht glauben würde, hätte ich den falschen Job.

NGO-Dialog: Gerade das Thema Spenden: Ist Facebook da der richtige Kanal?

Das kann ich noch gar nicht so richtig sagen. Wir probieren einiges aus und suchen einen innovativen Weg, wie wir Spenden direkt auf Facebook sammeln können – außerhalb von Dingen, die bei Facebook auf der Hand liegen, wie Postings schreiben. Wir sind da in der Findungsphase, mehr kann ich dazu im Moment nicht verraten.

NGO-Dialog: Eine Frage, die Social Media-Manager immer interessiert. Wieviel und wann postet denn der WWF am erfolgreichsten?

Wir versuchen unsere Fans nicht zu überladen. Wir haben ja viele, viele Themen und wir loten in einem wöchentlichen Redaktionsmeeting aus, welche am interessantesten sind, weil wir die Quote von einem Post pro Tag eigentlich nicht überschreiten wollen. Es sei denn, es passiert etwas Aktuelles. Etwa wenn eine Ölbohrinsel explodiert. Wir haben also im Normalfall 4-7 Posts in der Woche.

NGO-Dialog: Haben Sie auch die Erfahrung gemacht, dass Posts am Wochenende besonders aktiv genutzt werden?

Ja das auf jeden Fall. Wir versuchen gerade viele Posts auf das Wochenende zu legen. Es gibt aber auch Themen, die immer durch die Decke gehen. Bei uns zum Beispiel der Wolf, weil es ein schönes lokales Thema ist, das auch sehr polarisiert und immer wieder in der Presse ist. Bei solchen Themen wissen wir auch, dass wir es an einem Dienstag Mittag posten können. Aber die „normalen“ Themen, versuchen wir schon außerhalb der Bürozeit zu streuen.

NGO-Dialog: Sie haben ja auch mehrere thematisch unterschiedliche Twitteraccounts. Lohnt sich der Aufwand? Man muss diese Accounts ja auch pflegen und dialogbereit bleiben?

Ja total, ich bin ja nur für den WWF Deutschland Twitter-Account zuständig. Die thematischen Accounts werden von den Teams selbst verwaltet. Da mache ich gar nichts. Das einzige was ich da getan habe ist, viel Überzeugungsarbeit bei den Team geleistet zu haben und Schulungen gegeben, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, wie Twitter funktioniert und was man dafür überhaupt machen muss oder wie oft man twittern sollte. Zum Beispiel dass man auch Politiker antwittern kann.
Diese thematische Trennung lohnt sich auf jeden Fall, weil wir ein sehr heterogenes Themenspektrum haben und es gibt Themen, die interessieren unsere normalen Förderer und Interessenten weniger. Etwas beim Thema Emissionshandel, ein wahnsinnig komplexes Thema. Da steigt der Normal-Follower eher aus und da lohnt sich ein Klimaaccount, wo es spezielle News dazu gibt. Wenn wir das über den normalen Account schicken, sind die Leute sogar irgendwann genervt davon! Dort versuchen wir mehr übergreifende WWF-Themen zu spielen. Immer dann, wenn es tiefer geht und ein spezielles Know-how braucht, um die Themen zu verstehen, dann lohnt sich ein Spezialaccount. Zum Beispiel der für die Fischerei @FischereiWWF

NGO-Dialog: Ist es der Weg die Kommunikation über soziale Medien in der Organisation ein Stück weit freizugeben?

Wenn man so heterogene Themen hat, wie wir - auf jeden Fall!


Frau Gömmel, vielen Dank für das Gespräch.

 

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