INTERVIEW

Mit Gerüstwerbung können Sie Baukosten senken

Rickmer ReuterLaut Medienberichten erwirtschaftete die Telekom-Werbung am Brandenburger Tor in den Jahren 2000 und 2001 mindestens 10 Millionen Mark, die für die Restaurierung des Baudenkmals genutzt werden konnten. Auch die Sanierung der Berliner St.-Hedwigs-Kahedrale wurde über Gerüstwerbung teilfinanziert. Der Evangelische Kirchenkreis Berlin-Wilmersdorf wird in den nächsten drei Monaten dieses Jahres sein Bauvorhaben, die Baustelle des „Campus Daniel“, selbst Geld verdienen lassen. Ausführendes Unternehmen ist die Limes GmbH, die sich mit Riesenpostern und Fassadensimulationen bestens auskennt. Wir sprachen mit dem Projektleiter Herrn Reuter über die Möglichkeit, mit Gerüstwerbung Bauprojekte zu finanzieren.

NGO-Dialog: Herr Reuter, Ihre Firma Limes GmbH wird ab April 2012 die Gerüste der Baustelle „Campus Daniel“ mit großen Werbeplakaten bestücken. Können Sie uns kurz etwas über den Zeitraum für die Planung und die Umsetzung und die Mindestdauer eines solchen Projektes sagen?

Die Maximaldauer eines solchen Projektes ist durch die Stadt vorgegeben. Die Berliner Bauverordnung legt fest, dass eine Baugerüst-Werbung maximal sechs Monate zum Tragen kommt. Wenn man sich also mit einem solchen Vorhaben beschäftigt, so ist der erste Gang ins zuständige Bezirksamt, wo die Werbe-Maßnahme beantragt werden muss. Erst nach erteilter Zustimmung bzw. Freigabe können unsere Riesenposter an Baugerüsten aufgehängt werden. In jedem Fall und unabhängig davon, in welchem Bezirk sie sich befinden, ist die Dauer auf sechs Monate beschränkt. Wir von Limes möchten natürlich sehr gern diese sechs Monate voll ausschöpfen. Aber auch kürzere Zeiträume sind denkbar. Das hängt auch sehr von der Qualität des Standortes ab.

NGO-Dialog: Lässt sich mit einer solchen Maßnahme ein Bauvorhaben komplett finanzieren? Mit welchen monatlichen Einnahmen kann man rechnen? Wenn Sie zu dem aktuellen Vorhaben keine Zahlen nennen können, vielleicht haben Sie ein anderes Beispiel?

Sie können mit Gerüstwerbung ein Bauvorhaben nicht komplett finanzieren. Aber die Einnahmen können sicherlich dazu beitragen, die Baukosten oder Sanierungskosten zu senken. Man kann der Presse mitunter andere Informationen entnehmen, aber aus unserer Erfahrung kann ich ihnen sagen, dass mit den Einnahmen aus Riesenposter-Werbung in der Regel kein komplettes Bauvorhaben finanziert werden kann. Aber die Einnahmen können dazu beitragen, Bau- und Sanierungskosten zu senken.

Um zu verstehen, wie Gerüstwerbung überhaupt funktioniert, ist es vielleicht hilfreich zu erklären,wie wir bei Limes arbeiten. Im Grunde fahren wir durch die Stadt oder schauen in die Zeitung und recherchieren Bauvorhaben. Wir kontaktieren dann den Eigentümer bzw. Hauptverantwortlichen und unterbreiten einen Vorschlag bzw. nennen einen Preis, den wir bereit sind zu zahlen, wenn wir am Gerüst Werbung auf Riesen-Postern platzieren können. Mit welchen Einnahmen man rechnen kann als Bauherr, das ist sehr unterschiedlich und hängt vom Standort ab. Wenn sie z.B. am Potsdamer Platz bauen und dort Riesenposter aufhängen lassen, dann sehen das logischerweise mehr Menschen, als an einer Baustelle in einer weniger zentralen Lage. Wenn Sie also keinen Top-Standort haben, können Sie auch nicht mit so hohen Einnahmen rechnen. Das liegt von von Fall zu Fall anders. Ob wir als Gerüstwerbe-Unternehmen einen Auftrag überhaupt annehmen, hängt eben auch davon ab, wie wir den Standort einschätzen. Beim Campus Daniel beispielsweise haben wir den Auftrag angenommen, obwohl Mitbewerber zuvor den Standort als nicht attraktiv genug abgelehnt hatten. Nun haben wir einen Kunden gefunden, dessen Werbung von Anfang April bis Ende Juni dieses Jahres aufgehängt wird. Eins ist klar: Je mehr Menschen die Werbung wahrnehmen, umso höhere Einnahmen können damit generiert werden. Aber nicht nur die Lage ist entscheidend, sondern auch die Einsicht eines Standortes spielt eine Rolle. Wenn beispielsweise ein Baum oder andere Gebäude die Sicht verdecken, so mindert das den Wert eines Standortes. Je günstiger die Rahmenbedingungen, umso höher ist natürlich die Pacht, die wir dem Bauherren anbieten können.

NGO-Dialog: Wenn eine gemeinnützige Einrichtung über Gerüstwerbung ein Bauvorhaben finanzieren möchte, so will sie mitbestimmen, für wen sie wirbt. Sei es, weil ihr Code of Conduct die Zusammenarbeit mit bestimmten Branchen ausschließt, sei es aus politischen Gründen. Ist es möglich, ein entsprechendes Mitspracherecht vertraglich festzulegen?

 

Ja, ein Mitspracherecht bei der Motivwahl ist generell möglich. Wir legen in diesem Fall vertraglich fest, dass eine Motivfreigabe erfolgen muss. Das heißt aber auch, wenn ein Werbekunde Interesse für den Standort zeigt, dann sind wir damit beauftragt, die Motivfreigabe vom Bauherren einzuholen. Wenn der das Motiv ablehnt und es keinen weiteren Interessenten gibt, so ist es für uns natürlich schwierig, eine Pacht zu zahlen. Schlussendlich betreiben wir ja auch nur Werbung für Kunden, wie sie uns Tag für Tag im öffentlichen Raum begegnet und wie sie im Spiegel oder Stern abgedruckt wird. Nur eben etwas größer. Es ist verständlich, dass eine Organisation wie Greenpeace beispielsweise wenig Interesse daran hätte, einen Stromanbieter wie RWE zu bewerben. Nur muss man sich vor Augen halten: es gibt eine Handvoll von Kunden, die Riesenposterwerbung machen. Im Extremfall, sagen wir, wenn sie gern sechs Monate werben möchten und sie lehnen sechs Mal das Motiv ab, hätten wir verständlicherweise Schwierigkeiten, Ihnen eine Pacht in Aussicht zu stellen. Eine gewisse Planbarkeit ist hier schwierig, denn wir können die Kunden tatsächlich erst suchen, wenn wir den Standort anbieten können. Und nicht zu vergessen ist, dass wir auch erst eine Genehmigung für den Standort einholen müssen, das ist ein zeitlicher Faktor, der einkalkuliert werden muss. Denn es kommt auch vor, dass keine Genehmigung erteilt wird. Wenn wir also wissen, was wir aufhängen dürfen und was wir aufhängen können, erst dann gehen wir auf Kundensuche. Denn wir wollen unseren Werbekunden verbindliche Zusagen machen, in welchem Zeitraum wir ihre Werbung wo aufhängen können.

NGO-Dialog: Haben Sie mit Ihrer Firma bereits ähnliche Projekte umgesetzt, gibt es Sonderkonditionen für Kunden aus dem Charity-Bereich?

Im Charity-Bereich direkt noch nicht. Wir haben aber beispielsweise im Jahr 2005 im Einvernehmen mit der Stadt Fassadensimulationen am Leipziger Platz (dem historischen Okotogon) installiert, die zeigen, welche Gebäude dort entstehen sollen. Diese Fassadensimulationen werden finanziert mit den Werbeflächen, die dort integriert worden sind. Auch die Sanierung der St.-Hedwigs-Kathedrale am Berliner Bebelplatz haben wir durch Werbemaßnahmen unterstützt. Der Kirchengemeinde konnten wir mit der Riesenposter-Werbung helfen, die Baukosten zu senken. In diesen Fällen haben wir den Bauherren die Gerüstwerbung angeboten, dieses Angebot wurde angenommen und so konnten die Baukosten gesenkt werden.

Herr Reuter, wir bedanken uns bei Ihnen für dieses Gespräch.

Herr Reuter ist als Projektleiter der Limes Vertriebsgesellschaft und für den Einkauf von Standorten verantwortlich. Darüber hinaus betreut er die Umsetzung der Projekte, wie die Riesenposter-Platzierung, vor Ort.

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