INTERVIEW

"Never, never give up!"

Matthias BuntrockFünf der 4.300 Teilnehmer, die bei der AFP-Conference on Fundraising Ende März in Chicago waren aus Deutschland. Für Matthias Buntrock, Vorsitzender des Deutschen Fundraisingverbandes (DFRV) e.V., hat der internationale Austausch einen hohen Stellenwert. Seit zwei Jahren ist der DFRV Partner der Association of Fundraising Professionals (AFP), des weltweit größten Berufsverbandes professioneller Fundraiser mit Sitz in Arlington, Virginia, USA. Die AFP vertritt über 30.000 Fundraiser in Nordamerika und Asien. Mit Matthias Buntrock sprachen wir vor Ort, in Chicago, über seine Eindrücke.

NGO-Dialog: Welche Bedeutung hat der internationale Austausch für den DFRV und das Fundraising in Deutschland?

Austausch und Kooperationen im internationalen Kontext sind für unseren Verband sehr wichtig, weil wir von unseren internationalen Partnern viel lernen können. Das betrifft etwa die Mitgliederbetreuung und den Mitgliederservice, die Weiterbildungsangebote und auch zentrale Veranstaltungen wie den Kongress. Viele Dinge, die bei uns im Entstehen sind haben hier in den USA oder auch in England, wo Fundraising eine längere Tradition hat, schon feste Angebotsformen und sind recht weit entwickelt.

Für uns ist es daher sehr wichtig, sich auszutauschen, aber auch, sich Anregungen zu holen, wie wir in Deutschland in diesen Themenbereichen weiter planen und umsetzen können. Mit dem Blick über den Tellerrand schaffen wir Perspektiven für neue Ideen, stärken die eigene Identität und die Motivation.

Der internationale Austausch ist natürlich in Europa intensiver. Vor allem, weil wir über unsere Mitgliedschaft im europäischen Dachverband EFA (European Fundraising Association) gut vernetzt sind. Aber auch mit der AFP (Association of Fundraising Professionals) haben wir vor zwei Jahren einen Kooperationsvertrag geschlossen. Das heißt zum Beispiel, dass unsere Mitglieder die Mitgliedsvorteile des amerikanischen Verbandes nutzen können. Die Mitgliedschaften beider Verbände werden gegenseitig anerkannt.

NGO-Dialog: Fundraising findet in den USA in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen statt, in Politik, Gesundheitswesen, Bildung, Hochschulen, sozialen Dienstleistungen oder Natur und Umwelt. Ist eine solche Entwicklung des Fundraisings auch in Deutschland abzusehen?

Ich denke schon, dass sich auch in Deutschland eine ähnliche Entwicklung abzeichnet. Das wird schon dadurch befördert, dass die öffentliche Hand nicht mehr die finanziellen Möglichkeiten besitzt, um in vielen Bereichen eine auskömmliche Finanzierung sicherzustellen. Viele Einrichtungen und Projekte müssen zukünftig viel stärker privat finanziert werden, durch Spenden oder durch Sponsoring.

Ich selbst bin als Fundraiser in einer Universitätsklinik tätig. In diesem Bereich gibt es im Moment 32 Universitätskliniken, von denen aber nur vier einen zentralen Fundraiser beschäftigen. Insgesamt gibt es rund 2.080 Krankenhäuser in Deutschland, bei denen, nach meiner Kenntnis, zur Zeit kaum jemand hauptberuflich im Fundraising tätig ist. Allein das zeigt schon den riesigen Bedarf, aber auch das große Potential für Fundraising in Deutschland. Die Kollegen in den USA sind da wesentlich weiter: Es gibt einen eigenen Fundraising-Verband nur für Krankenhäuser und Klinik-Fundraiser mit ca. 6.000 Mitgliedern. Dies gilt aber auch für viele andere Bereiche wie Zoologische Gärten, Kunst-Galerien und Museen, Theater und Opernhäuser, in denen Fundraising eine wesentliche Finanzierungssäule geworden ist.

NGO-Dialog: Das Thema Aus- und Weiterbildung spielt bei den amerikanischen Kollegen eine große Rolle. Bei uns reduziert sich das Thema zumeist auf die Fundraising Akademie. Wie kann der DFRV zu einer weiteren Professionalisierung beitragen?

Aus- und Weiterbildung gehören zu den wichtigsten Themen überhaupt für die Entwicklung des Fundraisingverbandes in Deutschland. Wir müssen professioneller werden - auch im Hinblick auf die berufliche Qualifikation. Die Fundraising Akademie hat Pionierarbeit geleistet, sie bietet die einzige systematische Ausbildung an. Wir müssen jetzt aber schauen, reicht das auch zukünftig für die, die schon fünf oder zehn Jahre im Fundraising tätig sind? Was brauchen erfahrene Fundraiser an Weiterbildungs- und Austauschangeboten? Das Weiterbildungssystem hier in den USA ist sehr strukturiert, für jedes Ausbildungsangebot gibt es so genannte Credit-Points, mit denen das so genannte CFRE Zertifikat erlangt werden kann. Das Thema steht für uns als Vorstand ganz klar auf der Agenda.

Nach der jetzt neu verabschiedeten Satzung und der Änderung der Mitgliedsstruktur wollen wir den Bereich Zertifizierung angehen. So wie wir Siegel für Organisationen haben ist es mein Ziel, dass wir auch eine Zertifizierung für Individual-Fundraiser bekommen. Ob man das dann über Credit-Points macht, muss man sehen. Ich halte das für einen guten Weg, auch um Fundraising noch stärker zu professionalisieren.

NGO-Dialog: Welche Themen und Vorträge haben Sie auf der AFP-Conference begeistert? Was können wir Fundraiser hier davon adaptieren?

Ich will jetzt gar nicht auf einzelne Vorträge eingehen. Bemerkenswert fand ich den Eröffnungsvortrag von Paulette V. Maehara, der Präsidentin der AFP. Ihr Thema ist das „Story telling“, das Menschen bewegt. Und die Perspektive, dass wir mit unserer Arbeit „Leben verändern“, dass unser Beruf auch eine Berufung ist.

Diese Sichtweise wird hier in den USA gelebt und das vermisse ich manchmal bei uns in Deutschland. Ich weiß nicht, woran das liegt, vielleicht sind wir Deutschen auch ein bisschen bescheidener, ein bisschen ruhiger. Wir gehen auch nicht so aus uns heraus, wie es hier zu Lande üblich ist. Aber ich persönlich finde diesen Kongress motivierend, nach vorne orientiert und inspirierend.

NGO-Dialog: Morgen beginnt der Deutsche Fundraising Kongress 2011. Haben Sie eine Botschaft, die Sie Ihren Kollegen in Deutschland mitbringen?

Never, never give up!

NGO-Dialog: Und jetzt ein Blick in die Zukunft. Wann findet der internationale Fundraisingkongress in Deutschland statt?

Zunächst ist es so, dass wir bereits wesentlich internationaler aufgestellt sind, als einige vielleicht meinen. Das betrifft nicht nur unsere internationalen Kooperationen, sondern auch z.B. die persönliche Teilnahme internationaler Referenten auf dem Deutschen Fundraising Kongress.

Der AFP-Kongress in den USA hat eigentlich nur einen geringen internationalen Teilnehmeranteil. Das Gros der Teilnehmer kommt aus den USA und Kanada. Ich glaube der Anteil ausländischer Teilnehmer oder internationaler Gäste beim Deutschen Fundraising-Kongress ist vergleichbar groß.

NGO-Dialog: Vielen Dank für das Interview, Herr Buntrock.

Matthias Buntrock ist seit 2008 Vorsitzender des Deutschen Fundraisingverbandes e.V. (DFRV). Hauptberuflich ist Buntrock Fundraiser beim Universitätsklinikum Essen und der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen und als Geschäftsführer der Stiftung Universitätsmedizin Essen tätig. Buntrock arbeitete von August 2005 bis 2009 darüber hinaus nebenberuflich als Managementberater und Vice President für das amerikanische Fundraising-Beratungsunternehmen Grenzebach, Glier & Associates Inc., Chicago. Seit 2009 arbeitet er nebenberuflich als Senior Consultant für die Brakeley GmbH.

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