INTERVIEW

Gemeinsam für Europas Fundraiser

Dr. Günther Lutschinger

Die European Fundraising Association versucht, die nationalen Fundraising-Verbände Europas zu verknüpfen und zu unterstützen. Dr. Günther Lutschinger wurde Anfang 2013 zum Präsidenten der European Fundraising Association gewählt. Er ist außerdem Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria (FVA) und war 17 Jahre lang beim WWF Österreich tätig.

NGO-Dialog: Herr Lutschinger, Sie sind seit langem aktiv im Österreichischen Fundraisingverband und wurden im Februar zum Präsidenten der European Fundraising Association gewählt. Was treibt Sie persönlich an in Ihrer Arbeit?

Im Grunde geht es mir immer darum, Menschen und Organisationen zusammen zu führen. Beispielsweise haben wir mit der Kampagne „Vergissmeinnicht.at“ in Österreich auch etliche Organisationen zusammengeführt. Auch auf europäischer Ebene will ich die 18 nationalen Verbände mit sehr unterschiedlichen Interessen gemeinsam auf bestimmte Themen einschwören, die wir behandeln sollten. Dieses Vernetzen habe ich in meiner WWF-Zeit für den Naturschutz begonnen und das zieht sich so durch mein weiteres berufliches Leben durch, wenn Sie so wollen. Es geht derzeit also konkret darum, dass über nationale Grenzen aber auch über Organisationsgrenzen hinweg zusammengearbeitet wird. Wir haben damals in Österreich beispielsweise Greenpeace und den WWF gemeinsam gegründet. Das gab es bis dahin europaweit noch gar nicht, dass diese beiden Organisationen eng zusammenarbeiten aber es ist gut solche Plattformen zu gründen, gemeinsam Kampagnen und Projekte zu machen und Synergien zwischen Organisationen zu finden. Es wäre wahrscheinlich zu hoch gesteckt, das mein Lebensmotto nennen zu wollen, aber es passt schon ganz gut zu mir. Das nun auf europäischer Ebene verfolgen zu dürfen, ist ein großes Privileg für mich aber auch eine große Herausforderung.

NGO-Dialog: Was ist die EFA und wofür steht der Verband?

Der Verband ist inzwischen ein europäischer Dachverband von 18 europäischen Landesvertretern und weiteren acht Beobachtern, die noch keine Vereinigung oder Association sind. Das heißt, wir haben einen guten Überblick über die europäische Fundraisinglandschaft. Alle großen Länder sind dabei und auch viele der kleineren Länder haben Dachverbände und beschäftigen sich mit Fundraising. Wir haben insgesamt etwa 10 000 Mitglieder in Europa. Das gilt für Einzelmitglieder als auch für Organisationen und ich denke, dass wir auch in einem großen europäischen Konzert eine gewisse Performance abliefern können.

NGO-Dialog: Was sind derzeit die großen Themen innerhalb der EFA?

Einerseits geht es darum den Austausch der Fundraisingverbände in Europa zu fördern und hier die unterschiedlichen Zugänge, Sichtweisen sowie Methoden auszutauschen und damit den europäischen Fundraisingmarkt weiter zu entwickeln. Dazu gibt es eine Menge Instrumente wie unseren Newsletter, Studien die wir zum Teil aus Europa zusammentragen, bis hin zu den persönlichen Meetings. Einmal im Jahr treffen sich zum Beispiel die Landesverbände, Beobachter und „Associates“ zum „Skillshare“. Die Associates sind der amerikanische Verband, der auch immer zu unseren Meetings kommt, sowie die Ressource Alliance. Wichtig war es uns auch von Beginn an den Austausch der Fundraiser europaweit zu erleichtern. Ein unmittelbarer Mehrwert für unsere Mitglieder ist beispielsweise, dass wir uns auch Mitgliederrabatte für Veranstaltungen einräumen. Ein deutscher Kollege kann also auf den Schweizer Kongress oder den Österreicher Kongress, den holländischen oder den britischen Kongress gehen und erhält dort den Mitgliederrabatt der nationalen Organisationen. In Österreich haben das mittlerweile Kollegen für fünf Länder in Anspruch genommen und dieser Austausch auf europäischer Ebene ist ein Kernthema des Verbandes.
Des weiteren haben auch politische Themen auf europäischer Ebene immer mehr Gewicht erhalten: Auch in den nationalen Verbänden ist es ja immer wichtiger geworden ist, sich politisch zu engagieren. Das momentan wichtigste Thema ist die Datenschutzrichtlinie der Europäischen Union, weil dort unmittelbar in die Fundraisingmethoden der Zukunft eingegriffen wird. Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag hatte sogar vorgesehen, dass im Mailingbereich eine Zustimmung des Empfängers nötig gewesen wäre. Das hätte den Zugang gemeinnütziger Organisationen zum Spender massiv erschwert! Datenschutz ist eines unserer großen Themen und wir hoffen, dass für gemeinnützige Organisationen in der Richtlinie ein eigener Passus geschaffen wird. Das Gesetz wurde schließlich nicht primär für solche Organisationen geschaffen, sondern im Rahmen der Konsumentenschutz-Diskussion um Facebook und Google.

NGO-Dialog: Gibt es auch ein konkretes Ziel oder Vorhaben, welches Sie mit ihrer Präsidentschaft erreichen wollen?

Ich stehe auch im europäischen Verband für die politische Wirkung. Man muss natürlich dazu sagen, dass es ein kleiner Verband ist, der sich ausschließlich aus den Mitgliedsbeiträgen der nationalen Verbände finanziert. Dass wir den Verband hier auch auf europäischer Ebene positionieren können und vor allen Dingen auch die Datenschutzrichtlinien beeinflussen, ist eines meiner großen Ziele. Das zweite ist, dass wir auch auf europäischer Ebene versuchen müssen, durch Projekte eine Vollzeit-Stelle zu schaffen, um wirklich professionell zu arbeiten. Wir haben das derzeit nicht in dem Ausmaß, dass wir inhaltlich stark arbeiten können aber da gibt es Überlegungen, mit gemeinsame Aktionen und Projekten aktiv zu werden. Wenn das auch gelänge, würde ich glauben, dass meine Präsidentschaft auch sinnvoll war und einen Unterschied gemacht hat.

NGO-Dialog: Ihre Vorgängerin, Mette Holm, hätte wohl eher auf das Thema Bildung gesetzt, stimmt das?

Ich persönlich sehe das Thema Bildung bereits auf einem guten Weg, da das auch die einzelnen Landesverbände mit deren Ausbildungszertifizierung betrifft. Zwölf Länder haben mittlerweile nationale Ausbildungsprogramme und nationale Standards und eine einheitliche Zertifizierung entwickelt. Deutschland beispielsweise in der Fundraising Akademie und Österreich im Fundraising College. Das Schema wird weiter entwickelt und soll im Laufe der kommenden Jahre auch zu einer Individualzertifizierung führen können. Das zu schaffen ist sicher ein wichtiger Punkt. Ich sage es aus der österreichischen Perspektive heraus: das Interesse für österreichische Lehrgänge hält sich noch ein wenig zurück. Deswegen ist das politische Thema für mich auch das hervorspringende im Jahr 2013.

(Foto: schedl team)

Zurück

Einen Kommentar schreiben