INTERVIEW

„Kliniken müssen nach Spenden fragen“

Veronika Steinrücke
Veronika Steinrücke

Ob kleine, mittlere oder große Krankenhäuser und Kliniken – für alle wird das Einwerben privater Mittel immer wichtiger, wollen sie nicht bei der Grundversorgung stehen bleiben. Die neue Fortbildung „Referent/-in Klinik-Fundraising“ vermittelt Grundlagen und Know-how. Wir sprachen mit der Studienleiterin der Fortbildung Veronika Steinrücke, die auch Geschäftsführerin der Kommunikations- und Fundraisingagentur steinrücke+ich in Köln ist.


NGO-Dialog:
Kliniken machen Fundraising. Sind diese nicht staatlich ausfinanziert?

Veronika Steinrücke: Nein. Die finanzielle Basis von Krankenhäusern in kirchlicher oder staatlicher Trägerschaft ist in Deutschland staatlich gesichert. Möchte eine Klinik ihren Patienten aber mehr bieten als die Grundversorgung oder zum Beispiel neue Bau- und Forschungsvorhaben umsetzen, muss dies aus Eigenmitteln bestritten werden – oder eben mit Fundraising. Beispiele hierfür sind besondere Behandlungs- oder Betreuungskonzepte wie Patientenlotsen oder Klinikclowns, psychologische Extra-Angebote und auch größere (Um-)Bauvorhaben oder Sanierungsprojekte.


NGO-Dialog: Welche Voraussetzungen müssen Kliniken für Fundraising mitbringen?

Veronika Steinrücke: Über die wichtigste Grundvoraussetzung für erfolgreiches Fundraising verfügen alle Krankenhäuser: Sie haben das emotional starke Anliegen, kranke Menschen zu heilen. Soll Fundraising in einer Klinik erfolgreich sein, muss es von den Entscheidern in der Klinikleitung bis hin zu den Stationsärzten gewollt sein, von ihnen unterstützt und in den Klinikbetrieb implementiert werden: Nur, wenn alle an einem Strang ziehen, kann das Fundraising gelingen. Dabei ist ganz wichtig: Die Verantwortlichen müssen auch die Bereitschaft dazu haben, ihre Zielgruppen nach Spenden zu fragen! Außerdem sollte es eine Personalstelle geben, wo alle Fäden zusammenlaufen. Diese ist im Idealfall personell und finanziell eigenständig und direkt an die Unternehmensleitung angedockt.


NGO-Dialog: Gibt es bereits positive Erfahrungen mit Spenden für Klinikprojekte?

Veronika Steinrücke: Ja, da fallen mir einige ein. Seien es große Unikliniken wie die MHH Hannover, die seit Jahren erfolgreiches Fundraising betreibt oder das Klinikum der LMU München, das mit einer Großspende von 17 Millionen Euro 2014 den Neubau des „Neuen Hauners“ realisieren konnte. Ein schönes Beispiel für kleinere Häuser ist die Kinderklinik Dritter Orden Passau, die mit ihrer Spendenkampagne „Wir bauen fürs Leben“ schon fast drei Millionen Euro eingeworben hat. Oder das Klinikum Dortmund, das sein neues Kinder-MRT im Wert von 1,5 Millionen Euro mit Spenden finanziert hat.


NGO-Dialog: Was halten Sie als Expertin für die aktuell beste Strategie im Klinikfundraising?

Veronika Steinrücke: Effektiv ist immer der Auf- und Ausbau einer eigenen Hausliste über Patientenmailings. Ein Vorteil ist hier der sofortige Mittelzufluss. Die eigene Hausliste ist das Fundament für alle Formen des Fundraisings und bei strategischem und kontinuierlichem Vorgehen gelingt der Klinik mit ihr das Upgrading von Spendern sowie die Weiterentwicklung der Erstspender zu Dauerspendern, Testamentsspendern und Stiftern.


NGO-Dialog: Wie können sich Kliniken stärker im Fundraising professionalisieren?

Veronika Steinrücke: Professionalisierung gelingt durch Systematisierung und die Erkenntnis, dass Fundraising eine eigenständige Disziplin im Klinikmix ist, die eine eigene Kostenstelle mit eigenem Budget braucht und eine oder sogar mehrere Personalien, die Know-how haben beziehungsweise eine entsprechende Aus- und Weiterbildung erhalten, sofern es keine gestandenen Fundraiser sind.


NGO-Dialog: Was erwartet die Teilnehmenden im Kurs Klinikfundraising an der Akademie?

Veronika Steinrücke: Die Teilnehmenden lernen all das, was es zum professionellen Klinikfundraising braucht. In drei aufeinander aufbauenden jeweils 3-tägigen Seminareinheiten werden die Fundraising-Grundlagen sowie das Know-how für die Erarbeitung von Fundraising-Strategien, Fundraising-Instrumenten und deren Umsetzung vermittelt. Die Teilnehmenden erfahren nicht nur, was Krankenhaus-Fundraising vom Fundraising anderer Organisationen unterscheidet und besonders macht, sondern in praktischen Übungen wenden sie das Erlernte immer wieder direkt auf ihre Organisation bezogen an. Durch den Mix aus Theorie und Praxis und durch die enge Begleitung der Kursleitung sind sie am Ende der Fortbildung dazu befähigt, die Schritte eines strategischen Klinikfundraisings selbstständig zu planen und umzusetzen.

(Bild: privat)

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