INTERVIEW

„Führen heißt etwas anderes, als mit Kollegen gut zu können.“

Tom Neukirchen
Tom Neukirchen

Tom Neukirchen, Chef der Agentur Fundgiver, leitet gemeinsam mit dem Leiter der Fundraising-Akademie Dr. Thomas Kreuzer den neuen Kurs „Future Leadership“, der vom 7. bis 9. März in Schmitten im Taunus stattfindet. Referenten aus Non-Profit-Organisationen und Wissenschaft wollen angehende Führungskräfte für eine Leitungstätigkeit in Vereinen und Stiftungen fit machen. Wir sprachen mit Tom Neukirchen über den Kurs und warum Führung nicht nur den nächsten Karriereschritt bedeutet.


NGO-Dialog:
Herr Neukirchen, braucht es mehr Fundraiser und Fundraiserinnen in Führungspositionen?

Tom Neukirchen: Ich glaube, Fundraising ist eine wachsende Branche. Immer mehr Organisationen machen Fundraising. Denken wir zum Beispiel an den Hochschul-, den Gesundheits- und Klinikbereich, aber auch an kleine lokale Initiativen. Das heißt, wir brauchen immer mehr Fundraiser, und damit gibt es, gerade bei wachsenden Organisationen, auch Fundraisingabteilungen und so einen zunehmenden Bedarf auch an Fundraisern und Fundraiserinnen, die führen.


NGO-Dialog: Die Akademie startet im März mit dem Programm „Future Leadership“ für angehende Führungskräfte. Was versteckt sich hinter dem Kursnamen und was ist der Sinn dieses Angebotes?

Tom Neukirchen: Ich glaube das Wichtigste ist, sich klar zu machen, dass wenn man Erfolg hat und Karriere macht, sich etwas völlig verändert, nämlich das was man können muss. Im Studium haben die meisten gelernt, sich selbst zu organisieren, dann haben sie in den ersten Berufsjahren gelernt, ein Team zu leiten und andere Menschen zu organisieren. Dann kommt eventuell eine Abteilungs- oder Bereichsleitung, in der man Menschen führt, die andere Menschen führen. Und da kommt es nicht mehr so sehr auf fachliche Fähigkeiten sondern andere Fähigkeiten an. Zum Beispiel trägt man dann Verantwortung für die Ethik im Fundraising der gesamten Organisation oder hat darauf zu achten, dass Policies eingehalten werden. Man ist eventuell verantwortlich für Strategie oder Controlling, und das sind zusätzliche und neue Aufgaben, die man sich aneignen muss. Und genau das erwartet einen in unserem Kurs.


NGO-Dialog: Inwiefern spielt der Fundraisingbezug der Akademie da noch ein Rolle?

Tom Neukirchen: Ich denke, Führung sollte immer von einem Fachgebiet ausgehen, auch wenn es nicht fachabhängig ist. Insofern haben wir Referenten im Programm, die Ahnung vom Fachgebiet haben und gleichzeitig von Führung. Wie zum Beispiel Gerhard Wallmeyer, der jahrelang eine große Fundraisingabteilung bei Greenpeace Deutschland geleitet hat. Dieser fachliche Bezug ist auch sehr wichtig, denn was nützt ein Corporate Governance-Bezug aus der Wirtschaft, der für das Fundraising gar nicht passt?


NGO-Dialog: Im Kurs geht es aber inhaltlich vornehmlich um Personalthemen?

Tom Neukirchen: Wenn wir uns überlegen, was bleibt eigentlich übrig von einer NGO außer der Mission, dann sind es die Menschen. Noch leisten Roboter nicht diese Arbeit, und die Fähigkeit, Menschen zu führen, ist, glaube ich, das, was Menschen mit Leitungsaufgaben können müssen. Auch, wie man den Rollenwechsel vom Kollegen zum Chef hinbekommt, wird ein Thema sein.


NGO-Dialog: Als Fundraiser ist man ja ständig im Kontakt mit Menschen zum Beispiel mit Spendern. Kann es sein, dass Fundraiser und Fundraiserinnen diesen Rollenwechsel auch unterschätzen, weil sie denken wir sind ja sozial aufgestellt, und da ist Führung kein Problem?

Tom Neukirchen: Ich weiß nicht ob sie es unterschätzen. Das wird auch zeigen, ob die Notwendigkeit dieser Weiterbildung erkannt wird. Denn Führen heißt ja etwas anderes, als mit Kollegen gut umgehen zu können. Da muss man eventuell auch unpopuläre Entscheidungen verantworten, was ganz anders ist, als wenn man Teil eines Kollegiums ist. Da heißt es, sich ein paar Grundsätze über Führung zu vergegenwärtigen, und ich glaube, da kann diese Fortbildung „Future Leadership“ eine sinnvolle Sache sein.


NGO-Dialog: Wie viele Jahre sollte man schon gearbeitet haben, um die Fortbildung zu machen?

Tom Neukirchen: Ich würde sagen, es sollten mindestens fünf bis zehn Jahre Erfahrung sein. Das halte ich je nach dem persönlichen Werdegang für sinnvoll. Unser Kurs kann auf Führung vorbereiten. Ob er es wirklich tut, ist abhängig von dem, was die Teilnehmer daraus machen. Es ist nicht nur zusätzliches Wissen, sondern eben auch eine horizontale Entwicklung nötig, also die Art, über Themen nachzudenken und eine weitergehende Beschäftigung mit dem Thema. Wer Leadershipqualitäten bei sich entwickeln will, braucht dafür ehrlicherweise mehr als drei Tage. Aber der Kurs gibt eine sehr gute Starthilfe.


NGO-Dialog: Ist der Kurs auch offen für neue Ansätze in der Personalführung?

Tom Neukirchen: Offen sind wir auf jeden Fall. Es wird aber auch darum gehen, den Status quo in Non-Profit-Organisationen zu zeigen. Deshalb wird es Traditionelles und Neues geben. Wir wollen da nicht werten, sondern verschiedene Ansätze darstellen. Es ist aber ein strammes Programm an drei Tagen, was aber die Basis für erfolgreiche Führung in NGOs legen wird.


NGO-Dialog: Sind Personen, die schon in Führungsverantwortung sind, auch willkommen?

Tom Neukirchen: Auf jeden Fall. Die meisten Leute kommen ja schon mit Führungserfahrung aus Teams oder aus kleineren Organisationen zu uns, und dann wird es darum gehen, diese Erfahrungen an unseren Themen auch zu spiegeln und weiterzuentwickeln.


NGO-Dialog: Es soll aber offenbar auch gemütlich im Kurs zugehen. Ein Kaminabend ist geplant …

Tom Neukirchen: Ja, der Kaminabend soll natürlich das Netzwerken befeuern, um im Bild zu bleiben. Das heißt, dass ich mich mit jungen, anderen Führungskräften austauschen und eine persönliche Ebene herstellen kann. Die Idee ist natürlich, mit dieser „Leadership-Crew“ in Kontakt zu bleiben und den Austausch weiter zu pflegen, wie man das auch von der Alumniorganisation der Akademie kennt.

 

Tom Neukirchen ist gelernter Journalist, studierter Sozialwissenschaftler und Befragungsexperte. Er ist seit 19 Jahren im Fundraising tätig, derzeit mit seiner Agentur Fundgiver in Hamburg. Sieben Jahre lang hat er als Pionier in Deutschland Hochschul-Fundraising betrieben und beschäftigt sich aktuell mit dem Thema Spenderbefragungen. Gemeinsam mit Dr. Thomas Kreuzer leitet er den Kurs Future Leadership an der Fundraising Akademie, der vom 7. bis 9. März 2017 in Schmitten im Taunus stattfindet.

(Bild: privat)

Zurück

Einen Kommentar schreiben