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Wer andere führen will, muss sich erst selbst führen

Gastbeitrag von Michael Martin

Es ist schon ein Phänomen, dass bei vermeintlich neuen Managementmethoden und Führungspraktiken die Probleme trotzdem oft dieselben bleiben. Nicht selten knirscht es in der Beziehungsebene zwischen Führungskräften und Mitarbeitern. Eine Vielzahl von Mitarbeitern im gemeinnützigen Bereich fühlt sich schlecht informiert, nicht ernst genommen oder in den wichtigen Entscheidungsprozessen übergangen. Infolgedessen sind die Mitarbeiter unzufrieden, es gibt hohe Fehlzeiten und die Motivation ist nicht die, die man sich wünscht.

Dieses Phänomen ist relativ leicht zu erklären. Denn auch die neuen Methoden – wie z. B. Management by Systems, Beteiligungsmodelle oder Führung durch Strategeme – zäumen in der Regel das Pferd von hinten auf. Und wenn es tatsächlich mal gelingt, es von vorne aufzuzäumen, dann begnügen sich neue Methoden damit, Einsichten zu schaffen, statt die bittere Pille des Veränderungsprozesses zu verschreiben. Die meisten Führungsweisheiten vermitteln, wie Mitarbeiter zu führen sind, was sie motiviert oder demotiviert, was Organisationsstillstand bringt oder welcher Umgang zwischen Führung und Mitarbeiter angebracht ist – also welcher Führungsstil gerade der richtige ist. Alles gut gemeint und ehrenwert, aber eben das Pferd von hinten aufgezäumt.

Es ist ja auch deutlich einfacher, zu führen, die anderen verändern zu wollen, unsere Führungsrolle auszuleben, als daran zu arbeiten, uns zu führen. Natürlich ist es eher ein Allgemeinplatz wenn wir sagen: „Wer andere führen will, muss sich erst selbst führen.“ Wir stimmen zu, lassen es damit gut sein und kümmern uns wieder um die anderen.

Selbstreflektion ist grundlegend

„Das Pferd von vorne aufzäumen“ heißt in der Tat: Führung der eigenen Person. Ein sehr anspruchsvolles und für manche Führungskräfte sicher auch durchaus schmerzhaftes Programm, aber unendlich wirksam. Sollten Sie nicht so recht wissen, ob Sie an Ihrer Führungspersönlichkeit arbeiten müssen, dann schauen Sie sich doch einfach die folgenden Aussagen von Führungskräften einmal etwas näher an:

„Kein Wunder, dass wir kein ausreichendes Spendenvolumen mehr generieren. Bei der Einstellung der Leute – die geben doch sowieso nichts mehr!“

„Strategie, Visionen – klar ist das wichtig! Bei unserem Tempo sind wir aber froh, wenn wir überhaupt das Tagesgeschäft schaffen.“

„Wie sollen wir bei einer solchen Organisationsstruktur denn überhaupt erfolgreich sein? Und 'die da ganz oben' tun doch auch nichts dagegen.“

Sollten Sie sich in der einen oder anderen Aussage wiederfinden, so gehen Sie getrost davon aus, dass der Bedarf in Sachen Führung der eigenen Person durchaus vorhanden ist.

 

Drei Stufen zur kompetenten Führungskraft

Sich selbst zu führen setzt Einsichten, Erkenntnisse und persönliche Erfahrungen mit entsprechenden Reflektionen voraus. Selbst bei gutem Willen wird dies in der Regel nur durch Anstöße von außen gelingen. Ein Trainingstag zum Thema „Führung der eigenen Person" – z. B. im kommenden Jahr bei der Fundraising Akademie – könnte ein erster Anstoß sein, damit hätten Sie das Pferd in jedem Fall schon einmal in die richtige Richtung gebracht. Durch individuelles Coaching kann sich die sensibilisierte Führungskraft nun weiterentwickeln und so die erste Stufe zur kompetenten Führungskraft erklimmen. Für die zweite Stufe ist es erforderlich, sich intensiv mit der Führung der eigenen Organisation zu beschäftigen, um dann als dritten Schritt die Kunst der Mitarbeiterführung zu erlernen. Das sind die drei Schritte der Führung, und auch hier gilt, nicht den zweiten vor dem ersten Schritt zu machen.

So ganz ohne Fremdworte, so ganz ohne jede neue Management- bzw. Führungstechnik? Können wir durch diese simplen Schritte wirklich nach vorne kommen? Wir können! Denn fast alles, was richtig gut funktioniert und effektiv ist, ist letztlich simpel. Nur – weil es so simpel ist, ist es auch so schwer.

Michael MartinMichael Martin

ist Partner der SIPA Unternehmer Beratung GmbH und geschäftsführender Gesellschafter der icare sales & services GmbH. Nach seinem Wirtschaftsstudium war er als Marketing- und Personalleiter namhafter Unternehmen, z.B. bei Henkell Trocken und dem Heine Versand, in Führungspositionen verantwortlich, bevor er in die Geschäfts- und Unternehmensleitung der Walter-Gruppe wechselte. Er war Mitglied des Vorstandes der SNT Deutschland AG sowie CEO und Sprecher der Geschäftsführung bei der Vivento Customer Services GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der Deutschen Telekom AG. Außerdem war er sechs Jahre Mitglied des Vorstandes des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV).

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