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Das Spendenjahr 2017 in der Rückschau

Zahl der Spender auf historischem Tiefpunkt.
Zahl der Spender auf historischem Tiefpunkt.

Turnusgemäß veröffentlicht der Deutsche Spendenrat gemeinsam mit der Gesellschaft für Konsumforschung im November seine Prognose für das laufende Spendenjahr. Die Zahlen für 2017 sehen gut aus, doch schaut man genauer hin, ist ein beunruhigender Trend zu erkennen.

Die Deutschen haben von Januar bis September 2017 rund 3,1 Milliarden Euro gespendet. Damit liegt das private Spendenaufkommen mit einem Prozent leicht über dem Vorjahr, Unternehmensspenden nicht eingerechnet. Die GfK-Studie „Bilanz des Helfens“, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrats durchgeführt wird, zeigt außerdem: 285 Millionen Euro wurden für Geflüchtete im In- und Ausland gespendet, deutlich weniger als noch im Vorjahr.


Weniger Menschen spenden mehr

Rund 17 Millionen Menschen spendeten im Zeitraum Januar bis September 2017 Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das zwar 800.000 Menschen weniger, die Spendenhäufigkeit stieg jedoch von 5,5 auf 5,8 Spenden pro Person an. Durchschnittlich geben Spender, wie auch im Vorjahreszeitraum, 32 Euro pro Spendenakt. Damit verfestigt sich ein Trend der letzten Jahre: Weniger Spender spenden häufiger oder, je nachdem, ob es größere Katastrophen gibt, mehr.

Besonders beunruhigend ist, dass der Anteil unter der Altersgruppe der 30- bis 69-Jährigen weiter sinkt. Fast 41 Prozent des deutschen Spendenaufkommens kommt aus der Gruppe der über 70-Jährigen, die auch bei vielen Organisationen deswegen im Fokus des Fundraisings stehen. Kein Wunder, beträgt der Anteil der Spender in der Altersgruppe doch fast 46 Prozent. Die Chance, eine Spende zu erhalten, ist also fast fifty-fifty. In den anderen Altersgruppen dagegen bewegt sich dieser Anteil der Spender zwischen 17 und 29 Prozent. Hier muss also drei- bis sechsmal gefragt werden um erfolgreich zu sein.


NGOs setzen wieder mehr auf Mailings

Gegenüber 2016 haben Mailings und Medien stärker den Anstoß zum Spenden gegeben. Ein Viertel der Befragten gab an, regelmäßig für gemeinnützige Organisationen zu spenden. Damit sind aber keine Mitgliedschaften gemeint. Auffällig auch, dass nicht-konfessionelle Organisationen in diesem Jahr stärker vom Spendenaufkommen profitieren als konfessionell gebundene Organisationen. Besonders die evangelisch geprägten Organisationen halten im Vergleich zum Vorjahr nur noch 15,1 statt 16,5 Prozent wie noch 2016.


Geldspenden für Geflüchtete gehen um 16 Prozent zurück

Keine Überraschung ist der Rückgang der Spenden für Geflüchtete. Das Thema ist aus der öffentlichen Berichterstattung mit der Konnotation von Hilfsbedürftigkeit weitestgehend verschwunden. Auch, wenn die Spendenhäufigkeit pro Spender für Geflüchtete im In- und Ausland zunimmt, liegt das Gesamtvolumen für diesen Spendenzweck insgesamt 16 Prozent unter dem des Vorjahreszeitraums. Verstärkt wird dieser Effekt durch den Rückgang der Anzahl der Spender (minus 17 Prozent). Die Durchschnittsspende pro Spendenakt liegt mit 41 Euro zwar höher als der Spendendurchschnitt von 32 Euro. Aber auch hier ist ein Rückgang zu beobachten.

Daniela Geue, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrats e.V., fügt hinzu: „Diese Ergebnisse zeigen, dass Geflüchtete im Vergleich zum Vorjahr weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Andere Spendenzwecke werden wieder wichtiger. Und speziell auf lokaler Ebene können Nachbarschaftsprojekte in diesem Jahr stärker profitieren.“ Während etwas über die Hälfte (53 Prozent) der Geldspenden in internationale Projekte fließen, gehen 47 Prozent an Projekte in Deutschland. Unterteilt man Letztere noch einmal in lokale und nationale Projekte, so zeigt sich, dass im Vergleich zum Vorjahr der Anteil „Spenden für lokale Projekte“ auf 37 Prozent um 8 Prozentpunkte gestiegen ist.


Hunger in Afrika – kein großes Spendenthema

Seit Anfang des Jahres weisen Hilfsorganisationen auf die verheerende Situation in Afrika hin, wo eine Hungersnot begonnen hat, die Experten als die schlimmste seit 30 Jahren bezeichnen. Sogar schlimmer als die von 2011 und 2012, die mehreren tausend Menschen das Leben gekostet haben. Wie unterschiedlich auch die Spendenbereitschaft ist, zeigt ein Vergleich beim Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“: 1,9 Millionen Euro konnte das Bündnis bis Anfang März 2017 sammeln. Im selben Zeitraum im Jahr 2011 kamen für Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen der Hungersnot über 13 Millionen Euro an Spenden zusammen.

Schon im März waren die Apelle deshalb dramatisch: Manuela Roßbach, Geschäftsführender Vorstand bei „Aktion Deutschland Hilft“, warb eindringlich um Spenden: „Wir müssen unsere Bemühungen alle weiter verstärken. Es werden mehr Spenden benötigt, damit die Hilfsorganisationen weiter Nothilfe leisten können und der Tod durch Hunger abgewendet werden kann. Wenn wir untätig bleiben, machen wir uns mitschuldig!“ Auch der Bundespräsident Frank Walter Steinmeier warb Mitte des Jahres um Spenden für Afrika. Doch Maike Just, Sprecherin von „Gemeinsam für Afrika“ musste Ende Juli konstatieren, dass die Spendenbereitschaft durch solche Aufrufe zwar leicht angestiegen sei, aber in keinem Verhältnis zur Katastrophe stehen und den Mitteln, die benötigen werden. Gleichzeitig machte sie eine gewisse Spendenmüdigkeit beim Thema Afrika aus. Das Thema wird uns nach Expertenmeinungen bis weit ins Jahr 2018 noch beschäftigen.

(Bild: GfK und Deutscher Spendenrat e.V., Trends und Prognose 2017)

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