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Painless Giving oder sinnvoll schenken?

Glückliche Gesichter: Weihnachten im Schuhkarton
Glückliche Gesichter: Weihnachten im Schuhkarton

Wer möchte das nicht: Mit einem Geschenk zu Weihnachten auch noch etwas Gutes tun. Gemeinnützige Organisationen kommen diesem Gefühl in der Adventszeit vielfältig nach. Von der Grußkarte bis zum Lippenstift. Nur verzichten soll man nicht.

Weihnachtszeit – Geschenkezeit. Die Gesellschaft für Konsumforschung prognostizierte gerade 17,8 Milliarden Euro, welche die Deutschen 2016 für Weihnachts- und Geldgeschenke ausgeben werden. Auch viele gemeinnützige Organisationen wollen das Fest der Liebe und den damit verbundenen Kaufrausch nutzen und setzen dabei auf verschiedene Strategien.

Produkte mit Spendenanteil

Der Klassiker unter den Spendenprodukten, die für den guten Zweck verkauft werden, sind UNICEF-Grußkarten. Seit über 65 Jahren werden diese zugunsten des Kinderhilfswerks verkauft und erzielten 2014 noch Einnahmen von fast 13 Millionen Euro. Im letzten Jahr übernahm UNICEF Deutschland das Geschäft von UNICEF International in Eigenregie, was eine böse Überraschung gab. Laut Geschäftsbericht 2015 fraßen die nun abzuführenden Umsatz- und Ertragssteuern einen Großteil des Gewinns auf. Denn beim Verkauf handelt es sich um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Hilfe bekommt UNICEF beim Grußkartenverkauf vom Handelsriesen REAL, der seit 2011 Logistikleistungen übernimmt und selbst in der Weihnachtszeit die Karten im Sortiment hat. Das Gros verkaufen aber immer noch die Ehrenamtlichen.

Das Portfolio von Spendenprodukten hat sich deutlich erweitert. Die Idee dahinter ist das sogenannte Painless Giving. Man muss auf nichts verzichten und tut trotzdem etwas Gutes. Kalender, Taschen, Tee, ja sogar der Lippenstift hat es zum Spendenprodukt geschafft. Dabei variiert der Spendenanteil enorm. Die taz-Panter-Stiftung verkauft gerade über ihren eigenen taz-Panter-Shop einen in der Auflage von 1.000 Stück limitierten Lippenpflegestift für 12 Euro mit 100 Prozent Spendenanteil. Das Produkt kommt vom Werbemittelhersteller KHK aus Köln und wird von diesem kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Erlös dient zur Finanzierung eines Workshops mit armenischen Journalistinnen und Journalisten.

Doch ein Selbstläufer ist das nicht. Es braucht Vermarktung, PR und viel Marketing, um einen Shop zum Laufen zu bringen. Das merkten auch die Gründer des Online-Portals „fraisr“, die für den Verkauf solcher Spendenprodukte eine eigene Plattform gründeten. Aber die über 475.000 Euro Startkapital, die sie über die Crowdinvesting-Plattform „seedmatch“ und Business Angels einsammelten, reichten nicht, und Ende letzten Jahres ging die Plattform wieder vom Netz. Der Druck von anderen Online-Händlern wie Amazon und ebay war einfach zu groß, um sich am Markt durchzusetzen.

Affiliate-Plattformen vor dem Umbruch

Ähnliches merken auch gerade die sogenannten Shopping-Plattformen für den guten Zweck, wie „Bildungsspender“, „gooding“, „boost“, „schulengel“ oder „shop++“, die Provisionen für Online-Verkäufe an gemeinnützige Organisationen weiterreichen. Auch hier ist die Weihnachtszeit das Hauptgeschäft. Doch seit Amazon kürzlich in Deutschland mit „AmazonSmile“ sein eigenes Portal eröffnet hat und die Kunden jetzt bei jedem Onlineeinkauf einfach 0,5 Prozent des Umsatzes für eine Organisation ihrer Wahl spenden können, befürchten sie Umsatzeinbrüche von 15–30 Prozent. Denn warum auf eine extra Plattform gehen und dort einkaufen, wenn man das per „Ein-Click-Bestellung“ lösen kann? Ob das für alle Amazon-Produkte gilt, ist aber noch nicht ausgemacht. Gerade für mitgliederstarke Vereine oder Schulen und Kindergärten sind diese Plattformen durchaus interessant. Jeder Einkauf bringt eine Provision, die deutlich mehr in die Kassen spült, als das, was Amazon jetzt an Gemeinnützige ausschüttet. Aber der Handelsriese ist mit über 38 Prozent Marktanteil der Gigant im Online-Handel.

Ebenfalls Konkurrenz kommt durch Helpmundo. „Die neuen HelpShops machen es Fundraisern so einfach wie nie, Shopping-Spenden für ihren Verein oder ihr Projekt zu sammeln“, erläutert Harald Meurer, Geschäftsführer von Helpmundo: „Sie haben die Möglichkeit, einen individualisierten HelpShop in ihrem eigenen Design mit ihren Farben, Schriften und Bildern kinderleicht zu gestalten und direkt in ihre Website oder bei Facebook einzubinden. Spender können dann über ihren HelpShop in über 1.200 Onlineshops einkaufen und spenden bei jedem Kaufabschluss automatisch – gänzlich ohne Mehrkosten.“ Und auf der eigenen Website hätte man auch keine Mitbewerber, wie auf den anderen Plattformen, argumentiert er für sein System. Außerdem gelingt es Meurer als Erstem, echte Spenden und Spenderadressen zu generieren und nicht nur Einnahmen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Da die Spender im HelpShop direkt an die Organisationen einen Anteil abgeben, können vom Shop auch Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.

Im Spendenshop „einkaufen“

Bleiben noch die eigenen Spendenhops. Viele Organisationen haben sich in den letzten Jahren Online-Shops in ihre Website integriert, wo man Ziegen, Erste-Hilfe-Sets, Care-Pakete und Wasserreinigungstabletten und ähnliches „kaufen“ oder „verschenken“ kann. Als Dank erhält man E-Cards, Urkunden oder Zertifikate, die man selbst gestalten und ausgedruckt seinen Lieben unter den Baum legen kann. Doch machen das die Spender wirklich, oder ist das nicht eher etwas für das eigene Gewissen? Ursula Kapp-Barutzki von Care Deutschland sieht das positiv: „Der Spendenshop bietet beide Möglichkeiten an: Man kann eine Urkunde in seinem eigenen Namen ausdrucken, oder aber eine Ziege, einen Baumsetzling oder ein CARE-Paket voller Kraftnahrung zu Weihnachten verschenken und die Urkunde dann auf den Namen des Beschenkten ausstellen. Beide Optionen werden genutzt.“ Insgesamt würden die Einnahmen aus dem Spendenshop zwischen 5–10 Prozent der Online-Spendeneinnahmen ausmachen. „Gerade vor Weihnachten ist natürlich ein Anstieg der Shop-Besucher und -Spender zu verzeichnen. Die Möglichkeit, ein CARE-Paket zu spenden und damit unterm Weihnachtsbaum eine sinnvolle Freude zu machen, wird gerne angenommen.“ Care setzt bei der Werbung für dieses Angebot auch auf Partner, die mit einer pro bono-Platzierung von Bannern und Anzeigen auf den Spendenshop aufmerksam machen.

Spender schenken selbst

Hilfe, die direkt ankommt, verspricht dagegen die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ von „Geschenke der Hoffnung“, die dieses Jahr 20.000 gespendete Weihnachtspäckchen an Kinder in bedürftigen Regionen Europas ausliefern will. Auch hier hat man erkannt, dass spenden einfach sein sollte. Gegen eine Spende von 33 Euro kann man jetzt virtuell seinen Schuhkarton packen und zur Verfügung stellen und muss nicht selbst ins Geschäft, um die Inhalte nach einer vorgegebenen Liste zu kaufen. Das Packen übernimmt dann der Verein.

Sinnvoll schenken

Auch die deutsche Fernsehlotterie wirbt dieses Jahr nicht nur für das eigene Glückslos als Geschenk für den guten Zweck, sondern hat im Netz die Initiative #sinnvollspenden gestartet. „Wir sollten die Weihnachtszeit nicht nur zum Beschenken von Familie und Freunden nutzen. Es gibt schließlich unzählige Menschen in unserer Gesellschaft, die unsere Hilfe dringend nötig haben“, mahnt Christian Kipper, Geschäftsführer der Deutschen Fernsehlotterie und der Stiftung Deutsches Hilfswerk. Auf der Website finden sich etliche Projekte, die sinnvolle Geschenke oder einfach nur gutes Karma anbieten.

Der Klassiker unter den Weihnachtsgeschenken sind immer noch Bücher. 935 Millionen Euro werden dieses Jahr wieder in den Buchhandel fließen. Und auch hier gibt es eine Alternative zu Amazon, Thalia, Hugendubel und Co., die das Geschäft mit dem guten Zweck verbinden. Buch7 heißt der Laden, bei dem man online seine Bücher bestellen und das mit einem guten Zweck verbinden kann. Der Buchhändler verspricht, 75 Prozent seines Gewinns an soziale, kulturelle und ökologische Projekte weiterzugeben. Insgesamt hat die Firma bereits viele Projekte mit über 100.000 Euro unterstützt. Vorschläge für Spendenprojekte werden übrigens noch angenommen.

(Bild: David Vogt/Geschenke der Hoffnung)

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