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Spenden in Zahlen: Rekordjahr erwartet

Das Jahr 2015 war durch Spendenaufrufe für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Nepal und die Flüchtlinge aus Kriegsgebieten geprägt. Ein Blick auf die Entwicklung des Spenden- und Crowdfundingmarktes.

Zuerst das Erfreuliche. Der Spendenmarkt hat sich sehr robust entwickelt und legt wohl für das Jahr 2015 kräftig zu. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung und des Deutschen Spendenrates belegt, dass die Deutschen von Januar bis September 2015 schon rund 3,4 Milliarden Euro gespendet haben. Damit liegt das private Spendenaufkommen mit einem Plus von 13,6 Prozent deutlich über dem Vorjahreszeitraum.

Mehr Spender, höhere Spenden

Grund zur Freunde haben die Fundraiserinnen und Fundraiser wohl auch deshalb, weil über eine Million mehr Menschen spendeten als im Vorjahr. Auch der Betrag einer durchschnittlichen Spende erhöhte sich von 34 auf 35 Euro, und die Spendenhäufigkeit nahm leicht zu. Zuwächse im Spendenvolumen erreichte vor allem der Bereich humanitäre Hilfe. Daneben konnte auch der Tierschutz ein Plus verbuchen. Umwelt-/Naturschutz und Kultur-/Denkmalpflege verzeichneten hingegen einen Rückgang.

Spendenjahr 2015: Trends und Prognose
Spendenjahr 2015: Trends und Prognose

Not- und Katastrophenhilfe dominiert

Deutlich an Bedeutung gewonnen haben Spenden für die Not-/Katastrophenhilfe. Darunter fallen sowohl die Spenden für Opfer der Erdbebenkatastrophe in Nepal – als auch Spenden in Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Spenden für die Not-/Katastrophenhilfe wurden dabei überdurchschnittlich oft durch Mailings und über Medien angestoßen. Dass Katastrophenspenden zu Lasten anderer Spendenzwecke gehen, bewahrheitet sich nicht. Nur etwa ein Drittel der Mehrausgaben für Not-/Katastrophenhilfe ging zu Lasten anderer Spendenzwecke. Wohl auch deshalb, weil die Anzahl der Spender in allen untersuchten Altersgruppen stieg. Experten erwarten bis zum Ende des Jahres noch einen weiteren Anstieg (Bild). „Wir freuen uns, dass die bisherige Entwicklung für das Gesamtjahr so positiv verläuft. Wie hoch die Steigerung des Spendenvolumens 2015 tatsächlich ausfallen wird, hängt nicht zuletzt auch von der Entwicklung und Stimmungslage der Bevölkerung zum Thema Flüchtlinge ab“, meint Daniela Felser, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrates.

Renten steigen und pushen den Spendenmarkt

Die Rentenerhöhung vom 1. Juli 2015 könnte ihr Übriges dazu beitragen. Die Renten stiegen in den alten Bundesländern um 2,1 Prozent und in den neuen Ländern um 2,5 Prozent. Mitte nächsten Jahres könnten sie sogar wegen der guten Wirtschaftslage noch einmal um vier bis fünf Prozent ansteigen. Diese Rentenerhöhung ist die höchste seit der Jahrhundertwende, wie die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in Würzburg mitteilt, hat allerdings noch einen Nebeneffekt. Denn viele der Rentner werden dadurch steuerpflichtig, weil sie plötzlich über dem steuerfreien Existenzminimum liegen. Da über die Hälfte der deutschen Rentner spenden, werden dementsprechend auch mehr Spenden steuerlich geltend gemacht werden. Seit der Steuerreform 2008 ist deshalb die Summe der steuerlich geltend gemachten Spenden auf 9,7 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahlen des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2011 zeigen, dass davon 8,57 Milliarden Euro als abzugsfähige Zuwendung vom Finanzamt anerkannt wurden. Der Spendenmarkt ist also bei weitem größer als bisher angenommen und wird bei mehr Rentnern, die eine Steuererklärung abgeben müssen, sicher auch in den nächsten Jahren in seiner Dimension klarer erkennbar werden. Trotzdem bleibt noch eine große Grauzone, denn nur ein Fünftel der Rentner gibt momentan eine Steuererklärung ab.

Bessere Transparenz wäre möglich

Aufschluss geben könnten da die Daten der Spendenempfänger, also der Vereine und Stiftungen. Wie Christiane Loos vom Bundesamt für Statistik mitteilt, sind aber nur die geleisteten Spenden der Steuerpflichtigen auswertbar. „Die erhaltenen Spenden können aufgrund der zur Verfügung stehenden Datengrundlage nicht ermittelt werden.“ Um die Steuererklärungen der gemeinnützigen Körperschaften statistisch auszuwerten, fehlt bisher leider die gesetzliche Grundlage. Möglich wäre es, wie die USA und andere Länder zeigen, und würde die Transparenz des Spendenwesens deutlich steigern. Durch eine solche Erhebung wäre auch eine bessere wissenschaftliche Betrachtung des dritten Sektors möglich, weil die Zusammensetzung der gemeinnützigen Organisationen in Deutschland sichtbar werden würde. Bei Firmen ist das heute schon üblich, um die Wirtschaftsleistung zu messen.

Positiv ist, dass der Deutsche Fundraising Verband (DFRV) durch eine Kooperation mit dem „Spenden-Monitor“ von TNS Infratest mittelfristig den Spendenmarkt auf einer breiteren Datenbasis reportieren will. „Langfristig möchten wir dann auch noch andere Einrichtungen mit ins Boot holen, um mit ihnen gemeinsam einen umfassenden und faktenbasierten Gesamtüberblick über die deutsche Spendenlandschaft zu erheben“, erläutert DFRV-Geschäftsführer Arne Peper die Zusammenarbeit.

Crowdfunding schwächelt

Ein vielumjubelter Bereich schwächelt 2015 – das Crowdfunding. Nach Angaben des Crowdfunding-Monitors der Plattform „Fuer-Gruender.de“ war besonders das dritte Quartal mit 2 Millionen Euro an ausgeschütteten Projektsummen unterdurchschnittlich. Die Experten führen das auf die geringere Größe der eingestellten Projekte zurück. So wird sich der Anstieg des Crowdfundings in Deutschland etwas verlangsamen. Auch der Einstieg von kickstarter in Deutschland, der momentan größten Crowdfundingplattform weltweit, brachte kaum Bewegung. Platzhirsch ist immer noch die Plattform startnext mit fast 90 Prozent Marktanteil, gefolgt von visionbakery mit 7 Prozent. Stiegen die Einnahmen 2014 noch um 61 Prozent, werden es wohl dieses Jahr lediglich 8–10 Prozent werden. Andere Bereiche, wie Crowdlending, also das zur Verfügung stellen von privaten Darlehen, schossen dagegen durch die Decke. In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 wurden bereits 117,5 Millionen Euro an Unternehmer verliehen. Im ganzen Jahr 2014 waren es nur 38,5 Millionen. Marktführer ist hier Auxmoney mit 83 Prozent. Grund ist wohl die schlechte Zinslage, die nun auch kleinere private Investoren nach einträglicheren Zinsen Ausschau halten lässt. Das Risiko ist dabei aber vergleichsweise höher.

Mehr erfolgreiche Crowdfundingprojekte

Die Zahl der erfolgreichen Crowdfunding-Projekte stieg dagegen deutlicher an, im letzten Quartal um ganze 19 Prozent (Bild). Sie sind aber im Durchschnitt auch deutlich kleiner geworden. Offenbar scheuen die Projektstarter ein zu großes Risiko, denn beim Crowdfunding gilt: Nur, wenn das Ziel zu 100 Prozent erreicht wird, wird das Geld auch ausgezahlt. Sonst fließt es an die Investoren oder Spender zurück. Seit 2010 konnten insgesamt 3.555 der 6.512 eingestellten Projekte ihr Kampagnenziel erreichen oder überbieten, die Erfolgsquote liegt damit bei 55 Prozent, was deutlich höher als bei Kickstarter ist, wie der Crowdfunding-Monitor berichtet. Experten rechnen für 2015 mit acht, maximal zehn Millionen Euro, die durch Crowdfunding in Deutschland zusammenkommen werden.

Matthias Daberstiel

(Bilder: GFK Charity Scope, Deutscher Spendenrat, Crowdfunding-Monitor Fuer-gruender.de)

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