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Stiftung Warentest hat dazu gelernt

Stiftung Warentest/Finanztest 11-2014
Stiftung Warentest/Finanztest 11-2014

Auch in diesem Jahr hat die Stiftung Warentest wieder Spendenorganisationen getestet. Diesmal waren Organisationen, die von Prominenten gegründet wurden, im Fokus der Warentester. Im Gegensatz zum Vorjahr schneiden die getesteten Organisationen aber besser ab.

von Matthias Daberstiel

Anders als bei den im letzten Jahr getesteten Umwelt- und Tierrechtsorganisationen, ist das Ergebnis des erneuten Tests von Spendenorganisationen diesmal deutlich besser. Was auch daran liegt, dass die Stiftung Warentest aus der Präsentation ihrer Ergebnisse von 2013 gelernt hat. Der Versuch, zu skandalisieren, unterblieb weitestgehend und die Ergebnisse für Transparenz, Kontrolle und Leitung sowie Werbe- und Verwaltungskosten wurden klar dargestellt und auch mit einem Bemerkungsfeld zusätzlich erläutert. Der Kritikpunkt des letzten Jahres, dass es nicht klar ist, mit welcher Wertigkeit die Kriterien in die Bewertung einfließen, bleibt aber nach wie vor. Hier lassen sich die Warentester nicht in die Karten schauen.

Doch ist der Test des letzten Jahres ein Grund, dass 18 von 28 angefragten Organisationen nicht am Test teilnehmen wollten? Christel Neff, welche die Zusammenarbeit des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) mit der Stiftung Warentest beim Test koordinierte, sieht andere Gründe. „Auch wir machen in der DZI Spenderberatung leider regelmäßig die Erfahrung, dass ein nicht geringer Anteil der Spendenorganisationen, die öffentlich um Spenden werben und die wir deshalb im Interesse der Spenderinnen und Spender um freiwillige Informationen bitten, zur Auskunft entweder gar nicht oder nur unzureichend bereit sind. Aber dass weit mehr als die Hälfte der infrage kommenden Organisationen die Offenlegung ablehnen, zeugt auch für uns von einem überraschend großen Mangel an Bereitschaft zur Transparenz und Rechenschaftslegung“, betont Christel Neff, Leiterin des Bereichs „Spendenauskünfte & Information“ im DZI.

Michael Stich von der Michael Stich Stiftung hatte für seine Absage aber triftige Gründe: „Die Arbeit und die Qualität der Stiftung macht sich doch nicht nur an den Verwaltungskosten, sondern auch an der inhaltlichen Arbeit der Stiftung, fest. Nur die ganzheitliche Bewertung ist eine einigermaßen objektive Bewertung“, wendet er ein. „Wenn Sie einen Staubsauger prüfen, testen Sie doch auch nicht nur die Düse, sondern auch das Gebläse.“ Ein weiteres Argument gegen eine Teilnahme seiner Stiftung war die kurzfristige Betrachtungsweise. „Wenn ich genau ein Jahr für den Test herausnehme, kann es natürlich sein, das gerade in dem Jahr ein Pilotprojekt anläuft, was eventuell in der Anschubfinanzierung mehr Mittel benötigt als in den kommenden Jahren. So ist aus meiner Sicht keine reelle Bewertung einer Stiftung und der geleisteten Arbeit möglich.“ Bei „Humor hilft heilen“, der Organisationen des Moderators und Comedian Eckardt von Hirschhausen, wurden allerdings genau dieser inhaltliche Aspekt im Artikel fair und offen dargestellt. Trotzdem steht bei seiner Organisation jetzt die höchste Zahl bei den Werbe- und Verwaltungskosten.

Das Argument der fehlenden Vergleichbarkeit der Wirkung der Stiftungen räumt Stefan Fischer, Studienleiter bei der Stiftung Warentest, auch bereitwillig ein. „Weil wir nur die objektivierbaren Kriterien testen, ist es uns einfach nicht möglich, das anders zu machen. Aber aus Verbrauchersicht halte ich den Test trotzdem für sehr sinnvoll, weil er Aussagen darüber trifft, wer transparent ist und sich kontrollieren lässt und wo nicht zu viel Geld für Verwaltung und Werbung draufgeht. Indirekt testen wir so auch, ob genug Geld bei den Projekten eingeht. Und wenn zum Beispiel eine Wirkungsanalyse zu den Projekten vorliegt, ist das ja auch eine Form der Kontrolle, die man nach außen darstellen kann. Ich sehe das nicht als einen Mangel des Tests, weil wir auch kein Gesamturteil abgeben.

Gerade das Gesamturteil brachte im letzten Jahr die getesteten Organisationen auf die Palme, weil völlig unklar blieb, wie es sich zusammensetzte, und die Teilnehmer am Test zum Schluss die Dummen waren. Das Thema Wirtschaftlichkeit, also das Unterschreiten der 35-Prozent-Verwaltungskostengrenze, schien nur bei den Organisationen ins Ergebnis einzugehen, die diese Grenze gerissen hatten und wurde auch nicht genau veröffentlicht. Immerhin hatten 20 der getesteten 27 Organisationen die DZI-Quote von 35 Prozent erfüllt, was aber keine positive Wirkung auf das Gesamtergebnis dieser Organisationen zu haben schien. In diesem Jahr wurden die errechneten Werbe- und Verwaltungskosten transparent für jede Organisation dargestellt und alle Teilnehmer blieben unter der maximalen Grenze. Ein ebenfalls kritisiertes Kriterium entfiel ebenfalls: das Führen des DZI-Spendensiegels. Diesmal wurde nur dargestellt, wer welche Siegel hat und was diese aussagen. Auf das bürokratische Monstrum der Beschaffungsordnung wurde ebenfalls verzichtet.

Auch Fischer erkennt an, dass die Werbe- und Verwaltungskosten mit den Ausgaben für eine professionelle Leitung, Kontrolle und Transparenz steigen, etwa wenn hauptamtliche statt ehrenamtliche Mitarbeiter die Verwaltung übernehmen, schränkt aber ein: „Es ist in jedem Fall eine Abwägung, aber ich glaube mit bis zu 35 Prozent Ausgaben für Werbung und Verwaltungskosten kann man auch eine recht professionelle Verwaltung hinbekommen. Das hält das DZI ja für angemessen und da kann man eine gute Kontrolle und Transparenz auf die Beine stellen. Es gibt ja Organisationen, die haben sehr niedrige Kosten und schaffen es trotzdem, transparent zu sein. Die haben eine Website, was ja auch nicht so teuer ist, und schaffen es, eine Gewinn- und Verlustrechnung fertigzustellen. Ich glaube, da liegt es mehr am Willen als an den Kosten.

Auffällig ist, dass wie im letzten Jahr Organisationen ausgewählt wurden, die beim DZI eher nicht zu den stark vertretenen Spendensiegel-Organisationen gehören. Doch eine Einflussnahme des Prüfinstituts bestreitet Fischer: „Das DZI hat die Organisationen nicht ausgewählt. Das DZI macht für uns nur die Verwaltungs- und Werbekosten-Analyse. Sie geben uns noch Hinweise, aber die Auswahl und die Idee, diese Organisationen zu testen, kam von uns.“ Michael Stich stört sich genau an der Auswahl der Organisationen und findet, dass die Bewertung von falschen Voraussetzungen ausgeht. Denn Grundlage für diesen Test sei aus seiner Sicht nur die Prominenz gewesen. „Die Aufgabe der Michael Stich Stiftung ist es, Menschen zu helfen, die dringend unsere Hilfe benötigen, weil das System es nicht alleine schafft. Da sind wir seit 20 Jahren erfolgreich, weil wir mit unseren Spendern immer im offenen Dialog stehen und auch mit allen anderen Institutionen wie AIDS-Hilfen und Krankenhäusern. Den Partnern ist die Stiftung als Partner wichtig und nicht der prominente Stifter.“

Die Stiftung Warentest geht aber wie das DZI davon aus, dass ein öffentliches Interesse an der Organisation besteht und nicht nur am Stifter. Studienleiter Stefan Fischer zeigte sich an diesem Punkt deshalb auch nicht kompromissbereit. „Das verstehe ich eigentlich nicht, weil sich die von uns gestellten Fragen eigentlich jede Organisation stellen sollte, wenn sie Spenden einsammelt.“ Auch Stiftungen, die am Test teilnahmen, schätzen das öffentliche Interesse anders ein.

„Unsere Stiftung trägt einen prominenten Namen. Wir sind Karlheinz Böhm und seinem Lebenswerk besonders verpflichtet. Transparenz gegenüber den Spendern und der Öffentlichkeit hat für uns deshalb einen hohen Stellenwert“, sagt zum Beispiel Dr. Peter Schaumberger, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Menschen für Menschen.
Für die Stiftung war es deshalb auch selbstverständlich, an der Untersuchung der Stiftung Warentest teilzunehmen. „Es gehört mit zu unserem Tagesgeschäft, so viele Informationen wie möglich übersichtlich aufzuarbeiten. Gerade für unser internes Controlling sowie strategische Planungen und Publikationen oder für externe Evaluationen in Europa und Äthiopien müssen wir nahezu ständig tagesaktuell unsere Zahlen im Blick haben. Eine Organisation mit über 700 Mitarbeitern benötigt zum effizienten und transparenten Funktionieren dokumentierte Regeln, die wir zur Verfügung stellen konnten. Der zusätzliche Aufwand, der durch die Prüfung der Stiftung Warentest für uns entstand, hielt sich deshalb in vertretbaren Grenzen“, erläutert Schaumberger und freut sich über das Ergebnis des Tests. „Für uns war es eine sehr gute Entscheidung, an der Untersuchung der Stiftung Warentest teilzunehmen.“

Insgesamt ist festzustellen, dass die Stiftung Warentest aus dem vergangenen Jahr gelernt hat. Die Darstellung ist fairer, vollständiger und klarer. Das intransparente Gesamturteil entfiel und auf die schlecht vergleichbare Wirkung der Organisationen wurde im Artikel hingewiesen. Ob das die Teilnahmequote im nächsten Jahr erhöht, ist aber noch offen.

(Bilder: Stiftung Warentest/Finanztest 11-2014)

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