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Spenden für Flüchtlinge

Syrische Flüchtlinge im Flüchtlingslager Dohuk
Syrische Flüchtlinge im Flüchtlingslager Dohuk

Es wird nicht reichen!

Die Aktionen sind vielfältig, die Hilfsbereitschaft hoch. Landauf landab helfen Ehrenamtliche den Flüchtlingen aus Bürgerkriegsgebieten und vom Balkan und prägen das freundliche Bild Deutschlands in der Welt. Wir werfen einen Blick auf die Bereitschaft, Geld für Flüchtlinge zu spenden.

Bei der Aktion Deutschland Hilft (ADH) wird gerade ein neues Spendenmailing mit einem Spendenaufruf für Flüchtlinge vorbereitet, und die Hotline steht nicht still. Die konkrete Hilfsbereitschaft ist groß. Doch bei Geldspenden ist es noch etwas zurückhaltender. Momentan verzeichnet das ADH 9,5 Millionen Euro an Spenden. Verglichen mit dem Erbeben in Nepal ist das deutlich weniger, wo es zum selben Zeitpunkt bereits 20 Millionen waren. Die Gründe sieht Birgit Steigert, Sprecherin von ADH, nicht im Thema, sondern in der Tatsache, dass viele Deutsche Flüchtlingen direkt helfen wollen und auch können. „Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Spenderservice machen da gerade ganz tolle Erfahrungen und bekommen viele Anrufe von Menschen, die helfen und sich engagieren wollen.

Viel Vertrauen

ADH bittet in einem Dreiklang um Spenden. Für Flüchtlinge weltweit, für Unterstützung in Herkunftsländern wie Nordirak und Syrien aber auch in Transitländern. Zur Überraschung der Fundraising-Abteilung kam der Löwenanteil von 8,4 Millionen Euro bisher für Flüchtlinge weltweit zusammen. Man hatte eigentlich mehr für die Flüchtlingshilfe in Deutschland erwartet. „Ich glaube, die Spender haben hier großes Vertrauen in die Mitgliedsorganisationen von ADH, dass die wissen, wo man das Geld einsetzen soll“, so Steigert. ADH wirbt gemeinsam mit dem „Bündnis Entwicklung hilft“ (BEH) auch in der ARD. ADH bekommt von den so eingeworbenen Geldern 42 Prozent zugesprochen. Bisher kamen auf diesem Weg 1,2 Millionen Euro zusammen. Ein eher bescheidener Beitrag im Vergleich zu anderen Spendenthemen, die über das Fernsehen kommuniziert werden. Gerade erst warb die Deutsche Krebshilfe 3,25 Millionen Euro mit dem ZDF ein. Steigert ist aber zufrieden, dass das Thema auf der Agenda steht. „Das gibt uns die Gelegenheit, unsere Bemühungen zum Beispiel in Syrien zu helfen noch mal deutlicher zu machen.“ Seit 2012 bittet das Aktionsbündnis schon um Spenden für Syrien. Bisher ging aber nur ein niedriger einstelliger Millionenbetrag ein. Wohl auch geschuldet der unübersichtlichen Situation vor Ort. „Wir müssen da jetzt auch langfristig denken und die momentane mediale Aufmerksamkeit nutzen. Allein, ohne das Fernsehen, könnten wir das nicht leisten“, so Steigerts pragmatische Aussage.

Spenden-Infotainment floppt

Einen echten Flop produzierte das ZDF mit seiner Sendung „Menschen auf der Flucht – Deutschland hilft!“. Sie kam weder bei Zuschauern noch Spendern an. Die Aussage von Chefredakteur Peter Frey in einer vorab verbreiteten Presserklärung stellte das Engagement des Senders noch als selbstlose schnelle Hilfe dar. „Es geht hier um eine kurzfristige Nothilfe, weil der Staat, der eben bürokratisch und kompliziert ist – die Entscheidungen dauern halt ein bisschen länger   so kurzfristig nicht in der Lage ist, all das zu tun, was notwendig ist, um den Menschen zu helfen. Und deshalb arbeiten wir zusammen mit unseren bewährten Partnern Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie und Unicef und sammeln Geld.“ Wie Medien nach der Ausstrahlung der Sendung allerdings unisono kommentierten, war die Sendung alles andere als hilfreich. Da war von einem „gefühlsduseligen Medienspektakel“ bis zu „totalem Reinfall“ zu lesen. Am Ende lag das Ergebnis bei knapp zwei Millionen Zuschauern die 1,35 Millionen Euro spendeten. Insgesamt erhielt das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe vom ZDF bisher drei Millionen Euro an Spenden.

Hohe Durchschnittsspende

Christine Decker, Pressesprecherin des Bündnisses und beim Bündnismitglied Caritas International beschäftigt, sieht das Engagement des ZDF trotzdem positiv. „Die Signalwirkung ist nicht zu unterschätzen“, meint sie. Allein der Spendenbrief an die Unterstützer des Bündnisses brachte in Kombination mit der ZDF-Berichterstattung in einer Woche eine Million Euro ein. „Wir beobachten auch, dass die Spender sich sehr bewusst für eine Spende für Flüchtlinge entscheiden. Die Durchschnittsspende liegt bei über 100 Euro. Das ist enorm“, stellt sie erfreut fest. Auch hier wird ein hoher Vertrauensbonus festgestellt, der den Organisationen entgegengebracht wird.

Bundesländer rufen zu Spenden auf

Auch die Bundesländer engagieren sich und haben Portale für Hilfsangebote und Informationen im Internet geschaffen. Die Baden Württemberger haben sogar ein Handbuch für ehrenamtliche Flüchtlingshelfer herausgebracht, das auf der Seite www.baden-wuerttemberg.de als Printversion kostenfrei bestellt werden kann. Im Saarland gibt es seit Kurzem die Seite www.fluechtlingshilfe.saarland.de. Hier steht auch ein Aufruf für Geldspenden mit einer zentralen Kontonummer. „Wir schätzen die Spendenbereitschaft der saarländischen Bevölkerung sehr hoch ein. Unser zentrales Spendenkonto des Sozialministeriums wurde aber gerade erst bekannt gemacht“, teilt Pressesprecherin Annette Reichmann mit. Ein noch zu gründender Beirat soll über die Verwendung der Gelder später entscheiden. „Hauptsächlich sollen die Gelder für Sachmittel ausgegeben werden, die über die staatliche Grundversorgung hinausgehen“, sagt Reichmann und betont, dass die Spendengelder definitiv nicht an Institutionen wie Wohlfahrtseinrichtungen fließen werden, sondern ein eigenständiger Einsatz der Mittel geplant ist.

Mehr Geld für Transitländer

Die Kritik, dass die Flüchtlingskrise erst durch die fehlende Unterstützung in den Transitländern mit den großen Flüchtlingslagern in Jordanien, der Türkei und dem Libanon begünstigt, wenn nicht sogar hervorgerufen wurde, wird jetzt lauter. „Die EU hat eine Milliarde Euro für das sogenannte Flüchtlingsmanagement angeboten. Das ist ein Hohn und geht an dem, was zu tun wäre, vorbei“, sagte Thomas Gebauer, Geschäftsführer von medico international. Auch die gerade von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun angebotenen 1,5 Milliarden werden nicht reichen, weshalb er besonders Saudi-Arabien, Katar und die USA in die Pflicht nahm, mehr zu helfen. Simone Pott von der Welthungerhilfe und Vorstandsvorsitzende des „Bündnis Entwicklung Hilft“ weist besonders auf die notwendige Hilfe in den Nachbar- und Transitländern hin. „Unsere Partnerorganisationen und wir sind dort dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um die Menschen mindestens notdürftig versorgen zu können.“

Eine Generation ohne Bildung?

Das Schicksal von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht schilderte Angelika Böhling von der Kindernothilfe. Sie kehrte erst vor wenigen Wochen aus dem Libanon zurück, einem Land, in dem fast zwei Millionen syrische Flüchtlinge leben und damit ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Sie sagte: „Die Bedingungen, unter denen die Flüchtlingsfamilien im Libanon leben, sind absolut schwierig. Es gibt keine staatliche Förderung, kaum Arbeit, und die Unterkünfte sind eine Katastrophe. Hunderttausende Kinder gehen weder zur Schule noch haben sie einen Platz zum Spielen und Lernen. Wir dürfen nicht zusehen, wie eine ganze Generation ohne Zugang zu Bildung aufwächst. Der Libanon und die anderen Anrainerstaaten brauchen dringend mehr Unterstützung durch die EU.“ Mit Spenden ist das Problem nicht zu lösen. Auch nicht durch die von den Hilfsbündnissen durchgängig als phänomenal eingeschätzte ehrenamtliche Hilfe vieler Deutscher für die Flüchtlinge. Gleichzeitig wird aber angemahnt, die Fehler bei der Integration von Flüchtlingen aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Sprachförderung, Jobs und Hilfe werden sehr langfristig finanziert und organisiert werden müssen.

(Bild: LASS, Welthungerhilfe)

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