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Fundraiser gesucht: vom Generalisten zum Spezialisten

Immer mehr NGOs werden inzwischen geführt wie gewinnorientierte Unternehmen. Die zunehmende Forderung nach fachspezifischer Qualifikation und nachweisbaren Berufserfahrungen werden zum Flaschenhals auf den Jobmarkt für Fundraiser. Laut einer Studie der Pricewaterhouse Coopers AG könnte die Professionalisierung im Nonprofit-Bereich zu verstärktem Karrieredenken der Fachkräfte und zu einem Kampf der NGOs um die Top-Kräfte führen.

Professionalisierung im Charity-Bereich

Viele Vorstandsmitarbeiter gemeinnütziger Organisationen verfügen inzwischen über eine kaufmännische Expertise. Im Management von NGOs wird zunehmend Wert auf Evaluierung gelegt. Die Devise lautet: Spendeneinnahmen möglichst schnell und deutlich zu steigern und gewinnorientiert zu wirtschaften. Das hat auch Auswirkungen auf den Stellenmarkt für Fundraiser. Denn gerade große Organisationen suchen zunehmend geschulte Fachkräfte in den Bereichen Fundraising und Public Relations. Aber auch bei kleineren Organisationen hat die fachliche Qualifikation des Personals innerhalb der letzten Jahre einen höheren Stellenwert erlangt. Zwar liegt hier der Anteil hauptamtlicher Mitarbeiter immer noch bei unter 20%, zunehmend werden aber auch hier gut ausgebildete und auf die jeweiligen Fachgebiete spezialisierte Mitarbeiter gesucht.

Karrieredenken statt Kreativität

Der Ruf nach einer immer stärkeren fachspezifischen Qualifikation reduziert die Chancen für Seiteneinsteiger. Laut einer Studie der PricewaterhouseCoopers AG "Trends der Professionalisierung in Nonprofit-Organisationen" könnte das möglicherweise zu einer großen Herausforderung für die NGO-Szene werden. Denn oft seien es gerade die Seiteneinsteiger, die für eine Vielfalt der Persönlichkeitsfacetten sorgen und frischen Wind und innovative Denkansätze in die Organisation bringen. Laut PwC könne die Nachfrage nach einer immer stärkeren fachspezifischen Qualifikation bei Fundraisern zu verstärktem Karrieredenken führen und sogar in einen Konkurrenzkampf der Organisationen um die Top-Talente münden. Das Ergebnis wären Experten, die sich immer weniger mit den Idealen und Grundsätzen der Institutionen identifizieren, für die sie die Mittel einwerben sollen sowie eine höhere Fluktuation auf dem Jobmarkt.

Motivation & Teamgeist anstelle von Einzelkämpfer-Profis

Mit ihrer Professionalisierung reagieren die NGOs auf die Herausforderungen der heutigen Zeit: eine zunehmende Zahl von Mitbewerbern konkurriert um Mitglieder und Spenden, bei gleichbleibendem Ressourcenvolumen. Es ist eine Gratwanderung zwischen dem professionellen Auftreten nach Außen und dem Anspruch, nicht das Vertrauen der Spender zu verlieren. Und genau an dieser empfindlichen Stelle wirkt der Fundraiser. Deshalb ist die Identifikation mit den Werten der Organisation genauso wichtig wie eine qualifizierte Ausbildung, eine hohe Motivation und viel Teamgeist.

Die NGOs müssen eine eigene Sprache entwickeln

„Die zunehmende Professionalisierung verändert das Gesicht des dritten Sektors auf lange Sicht komplett. Aufs Ganze gesehen möchte ich festhalten, dass die Organisationen durch die Professionalisierung in der Gesellschaft präsenter und wirkungsvoller geworden sind", sagt Dr. Thomas Kreuzer, Geschäftsführer der Fundraising-Akademie. Dass sich NGOs heute stark an ökonomischen Grundsätzen orientieren und sich dadurch den marktwirtschaftlichen Paradigmen unterwerfen, erhöhe zwar den Druck auf die gemeinnützigen Organisationen, sei aber ebenso als Befreiung und Chance zu verstehen. 

Das Fazit von Dr. Kreuzer lautet: „Heute muss es darum gehen, dass sich der dritte Sektor als selbstbewusstes Gegenüber zu Staat und Markt etabliert und es schafft, seine eigene Sprache, eigene Werte und eine eigene Orientierung in Geltung zu setzen."

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