AKTUELLE DEBATTE

Sponsoring braucht klarere Regeln

Spendenverbot

Eine aktuell laufende Petition für eine Veränderung im Körperschaftssteuergesetz macht deutlich, dass Unternehmen, die mehr als 20 Prozent ihres Gewinns für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen wollen, dies nur als Sponsoren tun können. Doch diese Lösung ist kompliziert, weil es an klaren Regeln fehlt.

Von Matthias Daberstiel

Benedikt Gleich ist Unternehmer und Weltverbesserer. Er gründete 2007 mit einigen Freunden den Online-Versandhandel Buch7.de. Der Clou dabei: 75 Prozent seines Gewinns spendet er an gemeinnützige Organisationen. Möglich macht das die Buchpreisbindung, die einen ruinösen Preiskampf weitestgehend ausschließt. „Die ersten Jahre nach der Gründung haben wir gegen Windmühlen gekämpft, aber seit immer mehr Kunden Alternativen zu Amazon suchen und hier bei uns finden, hat dieser Kampf jeden Monat konkrete Erfolge in Form von vierstelligen Spenden und Sponsorings für wertvolle Projekte vorzuweisen. Zum Glück müssen wir gerade nicht über fallende Umsätze klagen – unser Modell des ‚Online-Buchkaufs mit gutem Gewissen‘ ist eine kleine, aber wachsende Markt-Nische“, freut sich der Gründer. Schon über 50.000 Euro konnte er bisher ausschütten. Doch damit ist er nicht zufrieden. Gerade hat er eine Petition beim Bundestag und bei change.org gestartet, denn er ist der Meinung, dass die Gesetzgebung sozialen Unternehmen unnötig große Hürden in den Weg stellt, um noch mehr zu spenden.

Buch7 will, dass Unternehmen deutlich mehr von Ihrem Gewinn spenden können. Doch der Staat billigt ihnen viel weniger zu. Bei klassischen Spenden müssen Unternehmen eine Obergrenze einhalten: maximal 0,4 Prozent des Umsatzes plus 0,4 Prozent der Löhne und Gehälter oder 20 Prozent des Gewinns. Spenden die Unternehmen mehr, müssen sie diese Beträge als Gewinn versteuern – obwohl der Spendenempfänger das Geld bekommt. Ein konkretes Beispiel: Ein Unternehmer, der die Spendenobergrenze überschritten hat, muss für 1000 Euro Spende zusätzlich etwa 500 Euro an das Finanzamt abführen. Der Staat behandelt Unternehmen, die über diese Grenzen hinaus spenden, steuerlich so, als hätten sie den Spendenbetrag in die eigene Tasche gesteckt. Die Obergrenze hat natürlich ihren Sinn, denn der Staat möchte nicht auf Steuereinnahmen verzichten. Gerade erst wurde in Österreich wieder darüber gestritten, wie hoch der Steuerausfall durch die Begünstigung von Spendern sei. Jens Kesseler, Geschäftsbereichsleiter bei der IQ Steuerberatungsgesellschaft und Vizepräsident eines Fußballklubs in Leipzig, kann sich schon vorstellen, dass „10 Prozent von der Summe der Löhne und Gehälter plus des Umsatzes für etliche Unternehmer eventuell ein höherer Anreiz zur Spende wären.“

Vereine benachteiligt

Dass diese Petition nun von einem Unternehmer kommt, ist eigentlich verwunderlich, denn die eigentlich Benachteiligten sind die Vereine, denen das Geld zugewendet wird. „Unternehmen können ja unbegrenzt einen Sponsoringbeitrag leisten, den sie als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen können“, erläutert Prof. Friedrich Vogelbusch, Gemeinnützigkeitsexperte bei der Warth & Klein Grant Thornton AG aus Dresden. „Aus Sicht des Unternehmens ist dies völlig ausreichend.“ Der Ärger entsteht aber bei der mehrwertsteuerlichen Behandlung. Dem Unternehmen ist das egal, weil es sowieso mehrwertsteuerpflichtig ist. Die meisten gemeinnützigen Vereine und Stiftungen sind das aber nicht. „Nach den üblichen Regeln entsteht ab 35.000 Euro ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und ab 17.500 Euro ist Umsatzsteuer abzuführen“, erklärt Vogelbusch.

Sponsoring kompliziert

Benedikt Gleich fährt deshalb auch das Sponsoring-Modell um mehr Vereine an seinem Gewinn teilhaben zu lassen. Allerdings sei das bürokratisch und sehr aufwendig. „Wenn man einen Verein sponsern will, muss man erst einen Sponsoring-Vertrag aufsetzen, der durch alle möglichen juristischen Spitzfindigkeiten viele Seiten lang und sehr kompliziert werden kann. Konkret ist es meist so, dass wir den Empfängern erst das Sponsoring erklären müssen, dann geht es um die Frage, wie viel Umsatzsteuer ausgewiesen werden muss. In Summe scheitern viele Förderangebote an dieser Bürokratie“, befürchtet Gleich. „Wir wollten zum Beispiel Tornado-Opfer aus unserer Region unterstützen. Vor drei Wochen haben wir unser Sponsoring-Angebot gemacht und schon mehrmals nachgefragt. Inzwischen haben die Gemeinden, die das Sponsoring erhalten würden, mit ihrem Steuerberater Rücksprache halten müssen und unseren Vertragsentwurf bei der Regierung zur Prüfung eingereicht. Als Spende wäre das Geld schon längst auf dem Konto!“

Leitfaden Sponsoring fehlt

Die Petition wirft aber auch noch ein Licht auf den sogenannten Sponsoringerlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) von 1998 und seiner diversen Konkretisierungen, der die Regeln, welche Gegenleistungen Sponsoren entgegen gebracht werden dürfen, um steuerlich unschädlich für die gemeinnützige Organisation zu sein, eigentlich festlegen sollte. Benedikt Gleich kritisiert das gelebte Chaos: „Je nach Finanzamt sind dann zum Beispiel Links auf den Sponsor verboten oder doch erlaubt.“ Dr. Almuth Werner, Rechtsanwältin bei der eureos GmbH in Leipzig und Expertin für Gemeinnützigkeitsrecht wundert das nicht: „Ein Leitfaden des Bundesfinanzministeriums mit Beispielen zur Orientierung fehlt ja trotz Ankündigung bis heute.“ Wünschenswert wäre aus ihrer Sicht, wenn „das Duldungssponsoring auf die Fälle sogenannter ‚gestalteter Hinweise auf den Sponsor‘ erweitert wird“. Momentan gilt, dass ein Dank in Form eines entsprechenden Satzes oder der angemessene kleine Abdruck des Logos steuerfrei bleibt. Aber schon dann, wenn ein Foto oder ein gesonderter Slogan, der nicht einmal der Werbeslogan des Unternehmens ist oder ein Geleitwort eingebunden wird, stellt sich die Frage nach dem aktiven Sponsoring und schon ist man im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. „Hier muss für Unternehmen Gewissheit geschaffen werden, sodass sie fernab der Nennung oder Abbildung ihrer Produktpalette etwa in Katalogen oder Flyern auf ihre finanzielle Unterstützung auch in gesonderter Form hinweisen dürfen“, fordert die Expertin. Ihr Fachkollege Jens Kesseler warnt aber davor, den Unterschied zwischen Spende und Sponsoring noch weiter aufzuweichen und so die Spende, die ja ohne Gegenleistung erfolgt, zu entwerten. Offensichtlich fehlt es augenscheinlich an klaren Regeln für das Sponsoring, denn Kesseler macht als Unternehmer auch klar: „Sponsoring ist sowieso interessanter als Spende.“

CSR als Chance

Für den Buch7-Geschäftsführer ist seine Initiative gelebte nachhaltige Unternehmensführung. „Es gibt viele Wege für Unternehmen, über den Profit hinaus Gutes zu tun, zum Beispiel Jobs vor Ort zu schaffen, Steuern in Deutschland zu bezahlen, einen fairen Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und Konkurrenz-Unternehmen zu betreiben, eventuelle Umweltschäden zu minimieren, nachhaltig im Interesse zukünftiger Generationen zu handeln und vieles mehr.“ Auch Friedrich Vogelbusch sieht hier eigentlich den größeren Mehrwert: „Ich sehe in der aktuellen Debatte um die unternehmerische Verantwortung und Nachhaltigkeit (CSR) eine riesengroße Chance, in Zukunft dauerhaft mehr Unternehmensspenden einzuwerben. Für Gleich sind regelmäßige Spenden neben dem CO2-Ausgleich sein Weg, soziale Verantwortung als Unternehmen wahrzunehmen. „Aber jedes Unternehmen sollte für sich und unter ‚Aufsicht‘ seiner Kunden entscheiden, welchen Weg es selbst wählt, über sein Produkt hinaus einen positiven Beitrag zu leisten.“ Die Petition beim Bundestag kann noch bis zum 6. Juli mitgezeichnet werden.

(Bild: Change.org/buch7 GmbH)

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