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Dirigieren im Fundraising-Orchester: Die Töne machen die Musik.

„Von oben“ drücken Vorstand und Geschäftsführung mit ihren Visionen, trotz ausgeklügelter Strategien brechen die Spenden ein und die Mitarbeiter sind nicht so richtig motiviert. „Freizeit, Familienleben? Wo denken Sie hin? Ich als Leiter/in der Abteilung Fundraising arbeite täglich bis in die Puppen!“ Michael Martin, Geschäftsführer im Kommunikations-Business und Unternehmens-Coach, sind solche Aussagen nicht fremd.

Andere führen bedeute in erster Linie, sich selbst zu führen, so der Kommunikationsexperte Martin. Die meisten Manager-Ratgeber vermittelten zwar, was in der Leitungsposition zählt, was Mitarbeiter motiviert oder demotiviert. Doch nur, wer an sich selbst arbeitet, Einsichten, Erkenntnisse und persönliche Erfahrungen erlangt und in der Lage ist, zu reflektieren, wird wirklich zur Führungsperson heranreifen. Was also braucht jemand, der im Fundraising-Orchester erfolgreich dirigieren will, und welche Kommunikationsstrategien bringen wirklich Erfolg?

Kommunikation zwischen den Stühlen

Viele Führungskräfte im mittleren Management arbeiten an den Nahtstellen der Organisation – ihr Wirken prägt nach oben, nach unten und nach außen. Sie haben eine verantwortungsvolle und abwechslungsreiche Position erreicht, sitzen aber auch „zwischen den Stühlen“, mittendrin in der Unternehmenshierarchie, zwischen Vorstand und Geschäftsführung und den Mitarbeitern der Organisation. Die Klage des Vorstandes „Wir brauchen dringend mehr Spendeneinnahmen, sonst können wir das nächste Geschäftsjahr nicht mehr finanzieren“ und der daraus resultierende Anforderungsdruck muss den Mitarbeitern verständlich gemacht werden. Dem Geschäftsführer gegenüber gilt es, Lösungsansätze und Interessen des Teams zu vertreten. Keine leichte Aufgabe für den Fundraiser: In dieser „Sandwich-Position“ sind Einfühlungsvermögen, strategische Fähigkeiten und ausgeprägte Kommunikationsstärke gefragt.

Ein Beispiel aus der Berufspraxis

Der Vorstand hat davon gehört, dass andere Organisationen, durch den Ausbau des Online-Fundraisings, ihre Spenden-Einnahmen um bis zu 20% steigern konnten. Er fragt sich, warum seine Organisation noch nicht bei Twitter, Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken vertreten ist. Schließlich koste das nichts und sei doch schnell gemacht. Stattdessen sieht er, was das neue Spendenmailing gekostet hat und die neue Webseite ist auch noch nicht refinanziert. Und er wundert sich, dass die Einnahmen aus Spenden und Unternehmenskooperationen immer noch nicht maßgeblich gestiegen sind.

Der Geschäftsführer gibt das so im nächsten Meeting an den Fundraiser weiter. Dessen Einwand, dass es erfahrungsgemäß etwas Zeit brauche, bis beim Fundraising investierte Zeit und Kosten wieder eingespielt seien, das Online-Fundraising nicht einfach so, neben dem „business as usual“, etabliert werden könne und dass dafür zusätzliches Personal nötig sei, stößt auf taube Ohren. Die Antwort: „Das höre ich zum ersten Mal, andere Organisationen schaffen das doch auch.“

Schweigendes dulden und im Stillen die persönliche Zielmarke heraufsetzen, alle Zweifel über Bord werfen und den Druck eins zu eins an die Mitarbeiter weitergeben, beweist vielleicht persönlichen Ehrgeiz. Aber es schürt auch das Feuer unterm Kessel.

Kommunikationsstrategien für die "Sandwich-Position"

Als Manager/in mit Führungsverantwortung eine klare Strategie entwickeln und von diesem Kurs auf gar keinen Fall abweichen, das ist mit Sicherheit leichter gesagt als getan. Eine eindeutige Strategie und ein fester Standpunkt bedeuten zuallererst: Viel miteinander kommunizieren, Probleme ausdiskutieren, Konflikte ausfechten und zu effizienten Lösungen gelangen. Eine klare Rolle entwickeln und diese, sowohl dem Vorgesetzten als auch den Mitarbeitern gegenüber, erkennbar einnehmen, signalisiert Konsequenz, schafft Vertrauen und führt zum Erfolg. Auf unser Beispiel bezogen hieße es, darauf hinzuweisen, dass die gewünschten Maßnahmen eben nicht „nebenbei“ und auch nicht zum Nulltarif umzusetzen sind. Deutlich machen, dass das Fundraising-Team die gute Qualität der bisher umgesetzten Maßnahmen beibehalten möchte und dass die Erweiterung des Fundraising-Mix zusätzliche Mitarbeiter-Ressourcen erfordere.

Klare Lösungen und eindeutige Entscheidungen

Selbstverständlich entwickeln unterschiedliche Abteilungen verschiedene Logiken – in einer NGO ist das nicht anders als in einem Wirtschaftsunternehmen. Und basisdemokratische Entscheidungen sind vor allem im Nonprofit-Sektor Grundlage des Entscheidens. Deshalb wird viel diskutiert. Eine Führungskraft sollte in der Lage sein, sich die verschiedenen Meinungen anzuhören und das Wissen der Mitarbeiter zu schätzen. Sie sollte aber auch Entscheidungen fällen können – mitunter ein schwieriger Spagat.

Eine klare Verteilung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen sind das A und O im Führungsbusiness. So wird klar festgelegt, was vom einzelnen Mitarbeiter erwartet wird und es fällt leichter, zu loben und – wenn es sein muss – unangenehme Sachverhalte anzusprechen.

Ein Manager muss mit Stress umgehen können, wie der Reiter mit dem scheuenden Pferd: Ruhe bewahren und Sicherheit vermitteln. Dazu gehört aber auch, dass Fehlentscheidungen weder vor den Mitarbeitern noch vor dem Vorgesetzten vertuscht werden. Ein Argumentationsleitfaden ist bei der Auseinandersetzung sicherlich hilfreich.

Doch wie pflegen international tätige Organisationen ihre interne Kommunikation? Welcher Führungsstil bringt wirklich Erfolg? Wir fragten die Leiterin Marketing & Kommunikation bei Oxfam Deutschland, Antje Welp:

„Oxfam hat eine ausgesprochen partizipative Kultur – im internationalen Verbund, mit Partnern, mit Mitarbeiter/innen. Das ist Teil unserer Marke. Dementsprechend legen wir großes Augenmerk auf unsere Führungskultur: Augenhöhe, Kompetenzvermutung, Klarheit und Verlässlichkeit.

Natürlich gibt es mal Konflikte. Sei’s mit der Geschäftsführung, mit dem Vorstand, mit den Mitarbeiter/innen oder unter den Mitarbeiter/innen. Wäre doch langweilig, wenn wir immer einer Meinung wären. Gutes Konfliktmanagement ist Teil meines Jobs. Und in einer Kultur des Respekts sind Konflikte tatsächlich fruchtbar – sie machen uns schlauer.

Eine klare Strategie zu haben, nicht nur im Kopf, sondern diese auch überzeugend vertreten zu können, ist für uns zentral. Aber genauso wichtig ist es, gut zuzuhören.“

Unsere Tipps für die Führungs-Praxis

1. Zur ersten Führungsmaxime gehört die Persönlichkeit der Führungskraft. Sie sollten klare Strategie entwickeln und diese überzeugend vertreten, auch gegenüber der Geschäftsführung.
2. Behalten Sie den Überblick bei der Anleitung der Mitarbeiter/innen und der Durchsetzung der Aufgaben. Versuchen Sie, das Thema sachlich zu analysieren und so den Handlungsbedarf zu ermitteln.
3. Die Information und Einbindung der Mitarbeiter und ein gutes Konfliktmanagement gehören zu einer guten Führungskultur.

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