AKTUELLE DEBATTE

Zwischen Ethik und Aufbruch

Die diesjährigen Gewinner des Fundraisingpreises
Die diesjährigen Gewinner des Fundraisingpreises

Der Deutsche Fundraisingkongress ist zu Ende gegangen. Wir werfen einen Blick auf die Highlights und hören Stimmen zum Kongress. Das Fazit: eine würdige und gelungene Veranstaltung mit noch etwas Luft nach oben bei den Themen, aber kein Grund zum Fremdschämen.

Von Matthias Daberstiel

Da war er wieder, der Deutsche Fundraising Kongress. Das Flagschiff des Deutschen Fundraisingverbandes kam dieses Jahr wie immer herausgeputzt im noblen Berliner Hotel andel´s daher. Ein Punkt, der viele Teilnehmer immer wieder nachdenklich werden lässt. Echte Kritik am Veranstaltungsort war aber weniger zu hören. Außer von dem ein oder anderen Aussteller, der sich im zweiten Stock etwas allein fühlte.

Doch eine gute Veranstaltung wirkt durch ihre Inhalte. Der Start mit einem kontroversen Thema ist da eine gute Wahl. Die gute Idee einer Podiumsdiskussion mit den Spendensiegelverleiher Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen und dem Chef von Phineo, Dr. Andreas Rickert, und drei großen Spendenorganisationen als Konterpart zum Thema: „Wieviel Transparenz brauchen Spendenorganisationen“ zu starten, verpuffte leider. Trotz gut vorbereiteter Fragen schaffte es die Moderatorin nicht auf den Kern der Debatte zu kommen, wurde dabei auch zu oft von den Protagonisten der Spendenorganisationen vom roten Faden abgebracht. Zu oft hätte man als Zuhörer gern nachgehakt. Etwa bei der interessanten Information, dass die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger seit zwei Jahren das Spendensiegel nicht mehr in der Kommunikation einsetzt und keinen Spendeneinbruch verzeichnet. Vergebens hoffte man auf eine Nachfrage zur Aussage von Wilke, dass das Spendensiegel laut Umfrage bekannt und wichtig sei. Vieles blieb an der Oberfläche oder lief aneinander vorbei. Phineo wurde für sein Ranking von Spendenorganisationen im letzten Jahr im „Spiegel“ verbal ordentlich abgestraft und wusste sich nur mit dem Verweis zu verteidigen, dass das Nachrichtenmagazin das als Ranking veröffentlicht hätte. Auch hier fragte keiner nach. Der Einwand, dass die Spendenorganisationen doch wenigstens der Initiative transparente Zivilgesellschaft (ITZ) beitreten könnten, ist zweifelsohne angebracht, aber warum das ITZ mit 654 Unterzeichnern nicht mit auf dem Podium als große Transparenzinitiative saß, blieb offen. Inoffiziell hieß es, das Podium wäre schon zu voll. So blieb der erste Tag etwas unerfüllt, nur versöhnt durch den wie immer stark frequentierten und stimmungsvollen Empfang der Fundraising Akademie bei „Wasser und Wein“.

Richtig los ging es am Donnerstag vor voller Hütte - trotz Bahnstreik. Die Veranstalter gaben insgesamt ca. 800 Teilnehmer an. Die Key-Note des Architekten und Crowdfunders Van Bo Le-Mentzel hinterließ allerdings einen durchwachsenen Eindruck. Viele fanden es cool, dass er seinen Kinderwagen samt schlafendem Kind mit auf die Bühne nahm, andere wunderten sich so wenig über Crowdfunding zu hören, dafür mehr über die Richtung, die man im Leben einschlagen sollte, um erfolgreich zu sein. Nach Meinung des Erfinders des Hartz-IV-Möbel-Buchs sei gerade der Blick links und rechts vom Weg wichtig, um glücklich zu sein. Seine Idee von Hartz-5 war für viele revolutionär, für die meisten aber eher Utopie. Manchmal hatte man das Gefühl hier tut sich ein Generationenproblem auf. Andere fanden es erfrischend, jemanden zu hören, der nicht aus der Fundraising-Szene und besonders nicht aus der Politik kam.

Danach begann der Run auf die Workshops. Wie immer war das Programm vollgepackt. Über Qualität kann man immer streiten, deshalb lieber ein paar entdeckte Perlen: Gerhard Wallmeyers Spendenpanel, Danielle Böhles Spenderpsychologie, Gabriele Maiers Grosspendenworkshop sowie Stephan Hansen-Oests Datenschutzvortrag und Moritz Freiherr Knigges „Momente des besseren Miteinanders“ gehörten zweifelsohne dazu. Leider entpuppten sich auch einige Vorträge als heimliche Werbeveranstaltungen oder ließen Schwächen im praktischen Fundraising erkennen. Hier ist zweifelsohne der Veranstalter im Briefing stärker gefordert. Den daran beteiligten Agenturen sei das Buch „Prinzip Kostenlos“ zur Lektüre empfohlen.

Den „alten Hasen“ fehlte im Programm zu oft der Blick über den Tellerrand. „Da stagnieren wir aber seit Jahren bei den Themen auf dem Kongress. Leider“, sagte ein Urgestein der Fundraisingszene. Andere sahen das deutlich positiver und einen großen Schritt nach vorn. Auffällig war ein durchaus heterogenes Publikum. Neben großen Spendenorganisationen waren auch Bildungseinrichtungen, Kliniken und regionale soziale Einrichtungen vertreten. Einzig Organisationen aus dem Osten blieben wieder Fehlanzeige. Deutschland ist hier immer noch geteilt. Ein Lob kam von den Neulingen, die den Kongress durchweg sehr positiv bewerteten und von Schweizer Teilnehmern, die das Konzept als Drei-Tage-Veranstaltung für ihre Kommunikation durchaus zu schätzen wussten. Der eintägige swissfundraisingday findet am 25. Juni 2015 wieder in Bern statt.

Höhepunkt, und das war in den letzten Jahren eher nichts so, war die Gala am Abend. Der Moderator witzig und reaktionsschnell, der Sponsorenauftritt mit dem Prädikat überraschend (Kinderchor bei Grün-Software AG). Die Preisträger, allen voran Pfarrer Franz Meurer, extrem unterhaltsam und gleichzeitig mit einem sehr schönen Schuss Lebenserfahrung. Dann eine fast schon intime Laudatio von Titus Dittman, Skaterlegende, auf Dr. Martina Klein, die zum zweiten Mal einen Fundraisingpreis, diesmal für ihre Kampagne für das Kinder-MRT des Klinikum Dortmund, abräumte. In dem Zusammenhang wurde einzig Kritik laut, weil die Transparenz der Preisvergabe zu Recht als verbesserungswürdig erachtet wurde. Im letzten Jahr durfte noch abgestimmt werden. Der Auftritt von Barbara John, Vorsitzende des Paritätischen Landesverbandes Berlin als Laudatorin auf den Sonderpreis für Fabian Wichmann und Exit Deutschland für den unfreiwilligsten Spendenlauf in Wunsiedel, geriet dagegen deutlich unspektakulärer, was durch eine spontane Auktion ihres Buches zugunsten von Exit aber gerettet wurde. Ein Kollege, der zum ersten Mal den Kongress besuchte, stellte beeindruckt fest: „Das hatte schon ein wenig von Industrie“, womit er die Professionalität des Auftritts und wohl auch die Leichtigkeit meinte, mit der die Preisträger präsentiert wurden. Tolle Show! Fremdschämen diesmal Fehlanzeige. Ein Kompliment an die Veranstalter! Danach wie immer Disco und für die Kommunikation die Sky-Bar im 14. Stock. „Mein Höhepunkt“, wie es ein Teilnehmer treffend formulierte.

Der dritte Tag begann müde und mit einem Paukenschlag. Über Nacht hatten sich Bahn und GDL geeinigt, den Bahnstreik zu beenden und in die Schlichtung einzutreten. Die meisten Teilnehmenden hatten sich aber bereits um Alternativen für die Rückfahrt bemüht. Trotzdem war zur Abschluss-Key-Note von Prof. Margot Kässmann, Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017, der Saal noch gut gefüllt. Auch hier war das Thema des Vortrags vorher nicht zu erfahren. Was dann kam, war eine sehr eindringliche und geschickte Botschaft, wie Luthers Wort heute noch in die Gesellschaft einwirkt. Gewürzt mit lockeren Anekdoten und sehr viel Wortwitz, was für viel Heiterkeit und einen sehr erfreulichen Abschluss des Kongresses sorgte. Der nächste Fundraisingkongress ist vom 27. bis 29. April 2016 in Berlin geplant. Man darf gespannt sein, wie sich der Kongress nach diesem doch positiven Gesamteindruck auch thematisch weiterentwickelt.

Der Kongress bei Twitter: #dfk15

Weitere Rückblicke:

im Fundraiser-Magazin: www.fundraiser-magazin.de

von Sozialmarketing.de: http://sozialmarketing.de

Mehr Video-Statements zum Kongress in der Facebook-Gruppe des Verbandes:
https://www.facebook.com/groups/fundraisingverband

(Bild: Ute Nitzsche)

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