AKTUELLE DEBATTE

Banken torpedieren Zahlscheine

Deutschen Banken geht es nicht gut. Zumindest muss man das denken, wenn man sich die jüngsten Gebührenideen für beleghafte Einzahlungen ansieht. Einzelne Banken lenkten nach Protest ein und machen Ausnahmen für Spender. Andere geben sich hartleibig.

Die deutschen Banken nagen trotz Finanzkrise gewiss nicht am Hungertuch. Trotzdem überraschten sie Spender verschiedener Organisationen mit dem Hinweis, dass künftig für Überweisungsträger, die am Schalter abgegeben werden, Gebühren fällig werden. Die Postbank will 99 Cent, die Sparda Bank Berlin sogar 1,50 Euro für diese beleghaften Buchungen haben. Hintergrund ist, dass die Finanzinstitute versuchen, den Aufwand zu reduzieren. Eine Sprecherin der Sparda-Bank Berlin eG weist deshalb auch auf die Zwänge hin, als Genossenschaftsbank im Sinne ihrer Mitglieder zu handeln. „Wir sind satzungsgemäß verpflichtet, den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Genossenschaft zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund fördern wir die Nutzung kostengünstiger Alternativen zu beleghaften Überweisungen, wie beispielsweise das Online-Banking.“

Arne Peper, Geschäftsführer des Deutschen Fundraising Verbands (DFRV), kritisiert das: „Potenzielle Spenderinnen und Spender dürfen nicht durch zusätzliche Bankgebühren abgeschreckt und davon abgehalten werden, gemeinnützige Organisationen zu unterstützen.“ Denn für die meisten spendensammelnden Organisationen ist der Versand von Briefen mit vorbereiteten Zahlscheinen bislang die erfolgreichste Art der Spendensammlung, mit den geringsten Verwaltungskosten im Vergleich zum Spendenvolumen. Für den Deutschen Fundraising Verband (DFRV) treffen deshalb diese Gebührenpläne vor allem die Hauptspenderzielgruppe: Menschen über 70 Jahre.

Der Sparda Bank Berlin ist dieser Fakt offenbar nicht vertraut: „Wir würden sehr bedauern, wenn die Kosten für beleghafte Überweisungen direkten Einfluss auf die Spendenbereitschaft hätten. Unserer Erfahrung nach ist die Nutzung beleghafter Überweisungen nicht ausschließlich eine Frage des Alters. Kunden haben verschiedene Vorlieben und entscheiden sich aufgrund unterschiedlichster Faktoren für die eine oder andere Form des Bankings. Auch Spenden können per Dauerauftrag oder Online-Überweisung zu den Empfängern gelangen. Auch die Deutsche Kreditwirtschaft, der alle Bankenverbände angehören, äußert sich in einer Stellungnahme dazu und empfiehlt: „Elektronische Überweisungen werden von sehr vielen Kunden genutzt und stellen auch bei Spenden eine attraktive Alternative zum Beleg dar.“ Peper sieht das nicht so. „Vor allem ältere Menschen nutzen diese Zahlscheine. Sie fühlen sich mit dem Onlinebanking nicht vertraut oder besitzen überhaupt keinen Computer. Für sie sind beleghafte Überweisungen oft der einzige Weg, ihre Bankgeschäfte zu tätigen. Wenn jede Überweisung extra kostet, werden viele darauf achten, dass sie nur noch absolut notwendige Überweisungen beauftragen.“ Somit werden jüngere Bankkunden vielleicht an die beleglose Überweisung herangeführt, die für Spendenorganisationen wichtige Zielgruppe bleibt aber auf der Strecke.

Doch die Sparda Bank will ihr Konzept nicht ändern: „Dienstleistungen, die mit einem vergleichsweise hohen Aufwand für die Bank realisiert und darüber hinaus nicht von allen Mitgliedern in Anspruch genommen werden, sind kostenbasiert bepreist“, heißt es in einer Stellungnahme. Zu den Kostenfaktoren zählen laut Bank die datenschutzgerechte Aufbewahrung bis zur Ausführung, die Vorbereitung der Unterlagen einschließlich Aufbereitung aufgrund unleserlicher Schrift bis hin zur vollständigen Abwicklung. „Diese Kosten entstehen unabhängig davon, ob es sich um eine Überweisung an eine gemeinnützige Spendenorganisation handelt oder nicht“, führt die Banksprecherin an. „Darüber hinaus wäre es uns als Bank mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, Spenden an gemeinnützige Organisationen zu filtern. Der Grundsatz der Gleichbehandlung unserer Kunden und Mitglieder hat hier Priorität“, heißt es auf unsere Anfrage. Dass die meisten Überweisungsträger mit dem Wort „Spende“ deutlich gekennzeichnet und mit der internationalen Codierung 06 versehen sind, zählt dabei nicht, denn offenbar hat auch die Sparda-Bank ein Problem mit dieser Codierung, denn „im Prozess der technischen Weiterverarbeitung aller Überweisungsaufträge wird die Codierung 06 der beleghaften Überweisungen nicht übernommen.“

Diese Codierung macht auch anderen Sorgen. Die Deutsche Bank wird wahrscheinlich erst Ende 2015 an ihren sogenannten Beleglesern, also den Automaten, die Überweisungsbelege einlesen, wieder Spendenzahlscheine annehmen können. Der Automat kommt seit der SEPA-Umstellung nicht mit dem Spenden-Zahlschein klar. Spender wurden laut Auskunft des DFRV daraufhin an den Schalter gebeten und dort oft fälschlicherweise auch mit Gebührenforderungen oder gar mit dem Hinweis, Spenden würde unter SEPA nicht mehr funktionieren, konfrontiert.

Immerhin hat wenigstens die Postbank auf den Protest zur Gebührenerhebung reagiert und angekündigt, Spender künftig von diesen Gebühren auszunehmen. Anders als die Sparda Bank Berlin sieht man hier offensichtlich keine Probleme bei der Differenzierung der Zahlscheine. „Wir finden es großartig, dass die Postbank im Sinne der gemeinnützigen Organisationen entschieden hat und so die Kultur des Gebens in Deutschland fördert. Wir hoffen, dass möglichst viele Banken nun diesem positiven Beispiel folgen und ihren Kundinnen und Kunden ebenfalls ein gebührenfreies Spenden ermöglichen“, zeigt sich Arne Peper vom Verhandlungserfolg begeistert. Bei der Sparda-Bank verweist man in dem Zusammenhang lieber auf das sogenannte „Gewinnsparen“, durch das jährlich über eine Million Euro an Spendengeldern an gemeinnützige Organisationen in den neuen Bundesländer und Berlin fließen, die sich dem Thema Krebs widmen, und weist den Vorwurf nur an den eigenen Gewinn zu denken damit entschieden zurück.

Dabei ist das Thema nicht neu. Für Barzahlungen besteht das Problem schon viel länger. Die Kindernothilfe bittet deshalb ihre Spender sogar, am Schalter um einen Erlass der Gebühren zu bitten. „Ein Appell an die Barmherzigkeit des Kreditinstituts hilft da schon“, meint Angelika Böhling, Pressesprecherin der Kindernothilfe. Mittelfristig wird sich das Bankgeschäft allerdings immer mehr online und beleglos abspielen. Die Deutsche Bank hat gerade angekündigt weitere 200 Filialen zu schließen. Ob der Überweisungsträger im Spendenbrief dann allerdings nur noch zum Call-to-Action ohne eigentliche Zahlungsfunktion taugt, bleibt abzuwarten.

(Bild: Hypovereinsbank)

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Kommentar von Helga Schrod |

Hätte bei der Hauptspendenzielgruppe der über 70-Jährigen eine Umstellung auf das Lastschriftverfahren nicht mehr Vorteile? Statt vorgedrucktem Zahlschein gibt es eine vorgedruckte Lastschrift mit ggfs. beigefügtem Freiumschlag, der an die gemeinnützige Organisation adressiert ist.

Alle anderen Spender, die eh schon Onlinebanking betreiben, werden per E-Mail angesprochen.

Beide Zielgruppen (Empfänger per Brief, oder per Email) lassen sich durch eine Umfrage im Vorfeld voneinander abgrenzen.

Möglicherweise lassen sich die Kosten für den zusätzlichen Handlingsaufwand und anfallende Gebühren für den Lastschrifteinzug bei der gemeinnützigen Organisation durch die Einsparungen beim Porto für den Versand der Spendenbriefe gegenfinanzieren.

Unabhängig davon würde es m.E. Sinn machen, wenn gemeinnützige Organisationen ihren Zahlungsverkehr, der mit insgesamt 6 Mrd. Euro ja keine geringe ökonomische Gestaltungsmacht darstellt, weitgehendst über ethisch einwandfrei arbeitende Banken abwickeln würden. Banken, die ihre Profite mit Lebensmittelspekulationen oder durch mehr oder weniger bewusstem Schüren von Immobilienblasen Millionen von Hypothekenabzahlern in den finanziellen Ruin treiben, sollten dazu nicht gehören.

Freundliche Grüße

Kommentar von Christina Richtmann |

Danke für die wichtige Info. Gibt es eine Liste von den Banken, die diese Gebühren z.Z. erheben?

Gruß Ch. Richtamann

Kommentar von Carsten Direske |

Es ist eine bodenlose Frechheit, wie Banken inzwischen ticken: Nicht nur, dass sie im allgemeinen Zinstief immer noch horrende Dispo-Zinsen kassieren - und damit sicher nicht die Vermögenden treffen, sondern gerade auch Menschen mit Geldproblemen - nein, jetzt wollen sie Kundinnen und Kunden auch noch bestrafen, die vom "digital gap" betroffen sind. Ganz zu schweigen davon, dass Teile des Bankensektors mit unser aller Milliarden Steuergeld "gerettet" wurden - aus einer Krise, die die Finanzwirtschaft selbst verschuldet hatte. Es reicht!

Banken müssen viel mehr an ihre gesellschaftliche Verantwortung erinnert werden. Umgekehrt wird ein Schuh draus - ich fordere: Keinerlei Gebühren für Spendenüberweisungen jedweder Art an anerkannte gemeinnützige Organisationen.
Auch bei SEPA gibt es einen eigenen Geschäftsvorfallcode für Spenden:
GVC 119 SEPA Credit Transfer Einzelbuchung Spende
SEPA Purpose Code: CHAR.
Das ließe sich leicht von Gebühren ausklammern.
Also, meine Damen und Herren bei Deutscher Bank/Postbank, Commerzbank, Sparkassen, Volksbanken und Co: Zeigen Sie endlich mal an der richtigen Stelle Flagge!

Kommentar von Matthias Daberstiel |

Hallo Herr/Frau Richtamann,

Nein, leider gibt es keine Liste der Banken ohne Gebühren. Selbst bei den Sparkassen und Volksbanken wird das regional sehr unterschiedlich gehandhabt. Man muss also immer die jeweiligen Gebührenaushänge beachten.

Viele Grüße Ihre ngo-dialog-Redaktion.

Kommentar von Richtmann Christina |

@ Herrn Daberstiel.

danke, aber ich wollte eigentlich die Negativliste, als die Namen der Banken, die Gebühren erheben. Dann könnten die Einrichtungen ihre Spender darauf hin weisen, und diese ggf. ihre Spende um die Gebühren verringern
@ Frau Schrod,
"weitgehendst über ethisch einwandfrei arbeitende Banken abwickeln würden" das ist natürlich richtig, wenn auch nicht überall praktikabel. Aber hier geht es ja um die Banken der Spender!

Kommentar von Matthias Daberstiel |

Hallo Frau Richtamann,

Bekannt sind zum Beispiel folgende Banken, die keine Ausnahmen für beleghafte Spendenüberweisungen in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen ausweisen:

Deutsche Bank (zwischen 75 Cent und 1,50 €)

Santander Consumer Bank (95 Cent)

Commerzbank (Im Kontoführungspreis enthalten - keine Ausnahme für Spenden außer bei Bareinzahlungen)

Sparkasse Köln/Bonn (zwischen 0,46 € und 2,50 €)

Kreissparkasse Köln (zwischen 0,48 und 1,20 €)

Sparkasse Dortmund (zwischen 0,45 € und 2,50 €)

Sparda-Bank Berlin (1,50 €)

Oldenburgische Landesbank (1,50€ ab einem Freiposten)

Sparkasse Vorderpfalz (0,75 € bis 4 €)

Sparkasse Regensburg (1 Euro)

Sparkasse Rhein-Haardt (0,35 bis 1 Euro)

Kieler Volksbank (0,31 €)

Volksbank Hannover (50 Cent)

Targobank (bei Online-, Plus- und Vorteils-Konto zwischen 2,50-3,50 €)

Die Liste ließe sich wahrscheinlich unendlich weiterführen. Fakt ist, viele Kunden beschweren sich nicht oder scheuen den Wechsel, weil Sie dann die Kontoverbindungen allen Lieferanten (Versorger, Vermieter usw.) mitteilen müssten. Siehe dazu auch der Artikel im Tagesspiegel