AKTUELLE DEBATTE

Transparenz für Haus- und Straßensammlungen

Ludwig Sothmann bei der Straßensammlung

In nur noch drei deutschen Bundesländern gibt es Sammlungsgesetze, auf deren Grundlage Behörden die Organisationen, welche eine Haus- und Straßensammlung durchführen wollen, einer Prüfung unterziehen. Eine organisationsübergreifende Initiative in Bayern hat jetzt eine Selbstverpflichtung unterzeichnet, um das Vertrauen der Bürger in diese Sammlungen zurückzugewinnen.

Die Gründe, weshalb die Sammlungsgesetze der Bundesländer kassiert wurden, sind vielschichtig. Von Bürokratieabbau und Stärkung der Mündigkeit des Verbrauchers ist da oft die Rede. Katrin Altpeter, Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren in Baden Württemberg, begründete die Aufhebung ihres Sammlungsgesetzes Ende 2012 damit, dass die anderen Länder damit keine schlechten Erfahrungen gemacht hätten und fügte an: „Den ursprünglichen Zweck, die Bevölkerung vor unseriösen Sammlungsveranstaltern zu schützen, konnte das Sammlungsgesetz zuletzt immer weniger erfüllen.“ Kritiker, wie fairwertung e.V. oder aber das DZI, das gern als Feigenblatt für die Abschaffung der Sammlungsgesetze genutzt wird, weisen dagegen darauf hin, dass mit der Aufhebung eine bisher wirksame ordnungspolitische Funktion der Behörden entfalle. Dem hat die Ministerin wenig entgegenzusetzen. Die spendenbereiten Menschen hätten die Möglichkeit, sich über Internet und Medien über die Seriosität von Sammlungsveranstaltern zu informieren, begründet sie. Allerdings war die Lage für den Spender früher einfacher: konnte bis dato eine Organisation keine behördliche Sammelgenehmigung vorweisen, war er gewarnt. So bleibt dem Spender jetzt nur die Möglichkeit, die Spende an der Haustür oder auf der Straße rigoros abzulehnen, wenn er die Organisation nicht kennt.

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sieht die Bürger vor „Schwarzen Schafen“ auch nach Aufhebung des Sammlungsgesetzes geschützt. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Denn nur wenn die öffentliche Ordnung gestört wird und der Betrug offensichtlich ist, kann die Polizei wirklich eingreifen –  sie muss vor Ort den Betrugsverdacht begründen. Ohne Sammlungsausweis ist das schwierig. Vertreter von Städten berichten von einem Anstieg der Sammelnden in den Stadtzentren. Das Kreisverwaltungsreferat München mahnte schon 2010 „dringenden Korrekturbedarf“ an. Nach dessen Meinung ist auch die „Warnung vor unlauteren Spendensammlungen“ in der Presse problematisch, da sich hier die Behörde einer Amtspflichtverletzung schuldig macht: Als Behörde muss sie neutral bleiben und kann maximal Informationen anderer Behörden, etwa die der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Rheinland-Pfalz, weitergeben.

Die ADD geht mithilfe ihres gesetzlichen Instrumentariums gezielt gegen dubiose Sammler unter gemeinnützigem Deckmantel vor. Immer wieder verhängt sie landesweite Sammlungsverbote gegen Organisationen, die Gemeinnützigkeit vortäuschen.
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern, der alle großen Wohlfahrtsverbände angehören hat nun gemeinsam mit dem VDK, dem Volksbund Bayern, dem BUND Bayern und weiteren Organisationen eine Selbstverpflichtung für Sammlungen auf öffentlichen Plätzen, Straßen und Haussammlungen verabschiedet, die am 1.Januar 2013 in Kraft getreten ist.

Zentrale Elemente sind die Veröffentlichung eines Sammlungskalenders, ein Sammlungsausweis mit Ansprechpartner und Kontaktdaten der sammelnden Organisation, die Verpflichtung, nur ehrenamtliche Sammler einzusetzen und maximal zehn Prozent Verwaltungskosten zu haben, sowie die Einrichtung einer Clearingstelle, um die gemeinsamen Sammlungstermine zu koordinieren und Spenderanfragen zu beantworten.

So aktiv zu werden hatte auch finanzielle Gründe: „Schlicht und ergreifend sind die Sammlungsergebnisse bei allen Wohlfahrtsverbänden zurückgegangen“, bestätigt Wilfried Mück, Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern. Er macht dafür neben konkurrierenden Spendenaufrufen auch das zwischen den verschiedenen Organisationen unabgestimmte Sammeln verantwortlich. Deshalb hat die Selbstverpflichtung mit ihrem Sammlungskalender auch eine koordinierende Funktion für alle bayernweit sammelnde Organisationen. „Dann weiß jeder vom Anderen, wann gesammelt wird und in einer Woche stehen nicht zwei oder drei Organisationen vor der Tür“, bringt es Mück auf den Punkt. Erfreut ist er über das gemeinsame Vorgehen der unterschiedlichen Verbände: „Das war absolut harmonisch und konstruktiv!“

Für Wilfried Mück in seiner Funktion als Verwaltungsdirektor der Caritas in Bayern sind die Sammlungen auch schlichtweg unersetzlich. „Wir haben da ein Spendenaufkommen von über 13 Millionen Euro im Jahr in Bayern und das geht 1:1 wieder in die Projekte vor Ort. Die Straßensammlungen sind durch nichts zu ersetzen!“, betont er. Gerade die persönliche Ansprache sieht auch Gerd Krause, Landesgeschäftsführer Bayern des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., als Trumpf bei der Sammlung: „Die jährliche Haus- und Straßensammlung ist für den Volksbund in Bayern als Element unserer Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig und Ausdruck der starken Verbundenheit der bayerischen Bevölkerung mit der Arbeit und der Idee der Kriegsgräberfürsorge. Durch die persönliche Ansprache entsteht ein direkter Kontakt zwischen Sammlern und Spendern.“

Alle Beteiligten waren sich bei der Vorstellung im Februar auch einig, dass diese Selbstverpflichtung kostengünstiger als das DZI-Spendensiegel sei. Besonders der Verwaltungsaufwand und die Kosten seien auf Kreisverbandsebene so nicht mehr tragbar. „Das Spendensiegel ist ja eine ganz andere Nummer und nicht gerade günstig“, bestätigt Mück. Mit der Selbstverpflichtung hätten die Verbände alle ein Auge darauf, wie Straßensammlungen in der Praxis abzulaufen haben. „So sind wir alle ein Stück weit sicherer!“, meint Mück. Selbstverständlich müssten die Verbände dafür sorgen, dass über die Verwendung der Sammlungsmittel Rede und Antwort gestanden wird. „Aber die Selbstverpflichtung ist eine gute Basis, um das in Bayern flächendeckend umzusetzen.“

(Foto: LBV)

Zurück

Einen Kommentar schreiben