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NGOs und Unternehmen: Auf eine gute Zusammenarbeit!?

„Sie sollten uns sponsern!“, sagt der Vorstandsvorsitzende einer NGO. Der Fundraiser nickt zustimmend und denkt „Warum sollten sie?“. Die Führung vieler sozialer Einrichtungen lebt mit der Illusion, dass ihre zunehmenden finanziellen Probleme mit einem reichen Sponsor gelöst werden könnten, der plötzlich in der Tür steht. Dabei unterliegt die Beziehung zu einem Unternehmen, das sich sozial engagieren möchte, immer einer Reihe von Regeln, die beherrscht werden müssen, um mitspielen zu dürfen.

Für NGOs ist eine Partnerschaft mit Unternehmen, umgangssprachlich häufig noch „Sponsoring“ genannt, einer der vielen Wege des modernen Fundraisings und nicht immer der einfachste. Für Unternehmen bieten die Kooperationen im gemeinnützigen Bereich eine von vielen Möglichkeiten, ihren Umsatz zu steigern. Auf der einen Seite steht der Bedarf an finanziellen Mitteln für ideelle Zwecke im Mittelpunkt, auf der anderen die Investition finanzieller Mittel, mit dem Ziel, sie zu vermehren. Zwei Welten treffen aufeinander: unterschiedliche Ausgangsbedingungen, unterschiedliche Ziele, ein in unterschiedlichen Sichtweisen begründetes Handeln.

Die Wirklichkeit der Unternehmen

Von Unternehmen wird heutzutage mit Recht erwartet, dass sie den Dritten Sektor und seinen gesellschaftlichen Einsatz kennen, respektieren und unterstützen. Auf diesen Erwartungen basiert das Modell des sozial verantwortlichen Handelns, der Corporate Social Responsibility (CSR). Ihre Umsetzung soll bei gesellschaftlichen Problemen helfen und gleichzeitig zu einem besseren Verständnis auf der Unternehmensseite für gemeinnützige Zwecke führen. CSR trägt zur Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen bei und zu mehr Glaubwürdigkeit; nicht zuletzt sorgt sie für mehr Vertrauen in das Unternehmen. Kurz zusammengefasst: Unternehmer wissen meist genau, was sie mit CSR wollen und setzen ihre Ziele durch strategische Kooperationen mit gemeinnützigen Einrichtungen um.

Die Wirklichkeit der NGOs

Diese präzise Zielsetzung und Strategie ist bei gemeinnützigen Organisationen leider seltener zu finden. Zwar würden diese gern auf die Unterstützung von Unternehmen zurückgreifen, glauben aber, es tun zu können, ohne in die Partnerschaft zu investieren und sich mit der eigenen Identität sowie den aktuellen Markttendenzen zu beschäftigen. Gerade Unternehmenskooperationen basieren auf einem Geschäft von Leistung und Gegenleistung! Die erfüllte Partnerschaft mit einem Unternehmen setzt – genauso wie Fundraising im Allgemeinen – eine gewisse Institutional Readiness (Bereitschaft der Organisation) voraus, sich mit sich selbst zu beschäftigen, das eigene Handeln zu reflektieren, eventuelle Fehleinstellungen zu korrigieren und auch in der öffentlichen Darstellung Gegenleistungen für das Partnerunternehmen zu erbringen.

Die Beziehungsregeln

Wollen Sie einen Unternehmenspartner für die Unterstützung Ihres guten Zweckes gewinnen, müssen Sie die Gesetze des unternehmerischen Handelns verstehen. Sie müssen wissen, wo die Stärken Ihrer Organisation liegen und welche Vorteile ein Unternehmen aus der Kooperation mit Ihnen erwarten darf.

Stellen Sie einen Katalog mit Leistungen zusammen, die Ihre NGO einem potenziellen Unternehmenspartner anbieten kann. Versuchen Sie gemeinsam mit Ihrem Vorstand und Ihren Projektverantwortlichen möglichst realistisch einzuschätzen, welchen finanziellen und strategischen Wert die einzelnen Angebote aus der Sicht eines Partners haben könnten.

Geht ein Unternehmen eine Partnerschaft mit Ihnen ein, handelt es sich um ein Geschäft. Wenn es nicht gut läuft, sind Sie mitverantwortlich. Denn die Beziehung zwischen Ihnen und einem Unternehmen ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – vertraglich geregelt. Wie in jeder guten Beziehung sollten Sie sich deshalb bereits im Vorfeld über die wichtigsten Fragen einer Unternehmenspartnerschaft klar werden. Unsere Checkliste gibt erste Anregungen dazu.

Selbstcheck: Wie fit sind Sie für eine Unternehmenspartnerschaft?

Ihre Organisation: Institutional Readiness

□ Ihre NGO hat ein Leitbild und eine langfristige Strategie.

□ Ihr Vorstand kennt den Unterschied zwischen Sponsoring und Unternehmenskooperation.

□ Eine Unternehmenspartnerschaft ist mit Satzungszweck, Idealen und Werten Ihrer Organisation grundsätzlich vereinbar.

□ Ihr Vorstand ist bereit, die Bedürfnisse potenzieller Unternehmenspartner ernst zu nehmen und ihre Ziele mit zutragen.

□ Ihr Vorstand ist bereit, sich und Ihre NGO gemeinsam mit einem Unternehmenspartner in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

□ Ihr Vorstand ist bereit, Ihrem Kooperationspartner einen Einblick in die Arbeit Ihrer Organisation zu gewähren, auch in die aktuellen Herausforderungen.

Ihr Fundraising-Fachwissen

□ Sie kennen sich mit grundsätzlichen Marketingstrategien von Unternehmen aus.

□ Sie sprechen die Unternehmenssprache und können sie in die Sprache der gemeinnützigen Organisationen übersetzen.

□ Sie wissen, welche Kooperationspartner für Sie nicht infrage kommen und sind mit Ihrem Vorstand einer Meinung darüber. (Sie haben z. B. „Plan B“, wenn Ihr Vorstand den potenziellen Kooperationspartner nicht akzeptiert.)

□ Sie wissen, welche potenziellen Partner für Sie infrage kommen. (Branche, Region etc.)

□ Sie sind professionell genug, um die Erwartungen eines Unternehmens zu erfüllen. (z. B. können Sie Fristen einhalten und dem Unternehmen einen festen Ansprechpartner nennen.)

□ Sie sind flexibel genug, um auf Veränderungen der Unternehmensziele zeitnah zu reagieren.

Ihr Kooperationsprojekt

□ Sie können den gesellschaftlichen Nutzen Ihres Kooperationsprojektes in einem Satz formulieren.

□ Sie wissen, warum ein Unternehmen ausgerechnet Sie unterstützen soll. (z. B. können Sie den Hauptvorteil einer Kooperation mit Ihnen für ein Unternehmen in einem Satz formulieren.)

□ Sie wissen, was mit Ihrem Projekt passiert, wenn Sie keinen Kooperationspartner finden.

□ Sie wissen, wie lange Sie mit einem Unternehmen kooperieren wollen.

□ Sie haben festgelegt, wer in die Verhandlungen mit einem Unternehmenspartner involviert sein wird.

□ Sie können fünf Unternehmer persönlich um Unterstützung für Ihr Projekt bitten. (Alternativ: Sie können die Namen von fünf Unternehmern über Ihren Vorstand besorgen.)

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