AKTUELLE DEBATTE

Sorgen um die Spendenbereitschaft

Laut den aktuellen Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und des Deutschen Spendenrates in der Bilanz des Helfens bleiben die Spendeneinnahmen, die gemeinnützige Organisationen von Privatspendern erhalten, relativ stabil. Aber die Zahl der Spenderinnen und Spender hat wieder abgenommen.

Die Deutschen haben 2017 rund 5,2 Milliarden Euro gespendet. Das ist das drittbeste Ergebnis seit Beginn der Erhebung der GfK im Jahr 2005. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Spendenniveau stabil geblieben und nur leicht, um 1,4 Prozent, zurückgegangen. Im sonst so spendenstarken Dezember wurden 14 Prozent weniger gespendet als im Vorjahresmonat. Damit machte er dennoch 20 Prozent des gesamten Spendenvolumens 2017 aus. Das sind Ergebnisse der GfK-Studie „Bilanz des Helfens“, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrates durchgeführt wird.


Starke Verluste bei Spenderinnen und Spendern

Rund 21 Millionen Menschen – das sind knapp 32 Prozent der Deutschen – gaben 2017 Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen. Im Vergleich zum Vorjahr waren das etwa 1,1 Millionen Menschen weniger, was gleichzeitig den niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung markiert. Damit ist Deutschland auch in internationalen Rankings weit hinter anderen Ländern zurück.

Der Betrag der durchschnittlichen Spende pro Spendenakt blieb mit 35 Euro konstant. Und trotz Rückgang der Spender hielt sich auch das Volumen dank der gestiegenen Spendenhäufigkeit pro Spender relativ stabil bei rund 5,2 Milliarden Euro. Die Spendenhäufigkeit stieg von 6,7 auf 6,9 Spendenakte pro Jahr.


Mehr Spenden für Kultur und Umwelt

Deutsche spendeten im Jahr 2017 mehr für Kultur- und Denkmalpflege, Umweltschutz, Not- und Katastrophenhilfe sowie Hilfe für Kinder, Kranke und Behinderte. So stieg beispielsweise der Anteil, der auf den Bereich Not- und Katastrophenhilfe entfällt, im vergangenen Jahr wieder auf 12,6 Prozent an. Insgesamt wurden 654 Millionen Euro für Not- und Katastrophenhilfe gespendet – das sind 35 Millionen Euro mehr als 2016.

Die GfK-Studie zeigt auch, wie sich das Spenderverhalten der Deutschen in den letzten Jahren verändert hat. So ging beispielsweise das Spendenvolumen in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen insgesamt zurück. Während die 30- bis 39-Jährigen im Jahr 2017 rund elf Prozent weniger als im Jahr 2015 spendeten (ein Rückgang von 413 Millionen auf 368 Millionen Euro), sind es bei den 40- bis 49-Jährigen sogar knapp 30 Prozent (von 1.094 Millionen auf 779 Millionen Euro). Über die Gründe gibt die Studie keinen Aufschluss.

Wer beteiligt sich an Crowdfunding-Projekte? Ganz klar die Generation X.
Wer beteiligt sich an Crowdfunding-Projekte? Ganz klar die Generation X.

Crowdfunding nimmt zu

Zum ersten Mal befragte die Studie die Deutschen auch nach dem Thema Crowdfunding. Laut einer GfK-Studie vom Januar 2018 wissen 37 Prozent der Befragten, was mit dem Begriff „Crowdfunding“ gemeint ist. Von diesen haben etwa sechs Prozent in den letzten zwölf Monaten mindestens ein Crowdfunding-Projekt unterstützt. Projekt-bezogenes Crowdfunding ist besonders bei den 30- bis 49-Jährigen sehr beliebt. „Wir beobachten gerade in der Generation X, dass sich das Spendenverhalten ändert“, sagt Daniela Geue, Geschäftsführerin des Deutschen Spendenrates. „Zuwächse im klassischen Bereich bleiben aus, dafür wird Crowdfunding wichtiger. Hieraus ergeben sich große Potenziale für Spenden sammelnde gemeinnützige Organisationen, wenn sie die Chancen der Digitalisierung engagiert nutzen.“ Dem entgegen stehen allerdings die Zahlen des Crowdfunding-Monitor 2017, der erstmals seit Jahren eine Stagnation im Crowdfunding ausmacht.


Immer weniger Spender gehören einer Konfession an

Die Spenden für nicht-konfessionelle Organisationen nahmen 2017 weiter zu. Parallel zu dieser Entwicklung ging der Anteil der Spenden für katholische Organisationen um zwei Prozentpunkte zurück. Auch der Anteil der Spenden für evangelische Organisationen weist eine leicht negative Tendenz auf. Im Langzeitvergleich zeigt eine Ad-hoc-Befragung von GfK zudem, dass immer weniger Spender einer Konfession angehören. Der Anteil römisch-katholischer Spender sank von 35 Prozent im Jahr 2010 auf 31 Prozent im Jahr 2017. Der Anteil der Spender, die der evangelischen Konfession angehören, fiel im gleichen Zeitraum von 37 auf 35 Prozent.

Insgesamt scheint eine Diskussion um den Spendernachwuchs und um die Gewinnung der 60–70 Prozent an Nicht-Spendern in Deutschland mehr als nötig, um auch zukünftig die Finanzierung bürgerschaftlichen Engagements zu sichern.

(Bilder: GfK/Deutscher Spendenrat, Bilanz des Helfens 2018)

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Kommentar von Madlen |

Liebes ngo-dialog Team,

ihr schreibt, dass die Studie keinen Aufschluss über die Gründe gibt, warum das Spendenverhalten bei den 30- bis 49-Jährigen zurück geht. Im darauf folgenden Absatz schreibt ihr, dass es bei dieser Generation X eine Verschiebung im Spendenverhalten Richtung Crowdfounding gibt. Damit ist doch die logische Erklärung gegeben, oder nicht?

Viele Grüße
Madlen

Antwort von Matthias Daberstiel

Nun ganz so einfach ist es leider nicht. Denn in der Studie wurden Menschen befragt. Ich glaube nicht, das dabei die Menschen zwischen Crowdfunding und Spende in Ihren Antworten unterscheiden. Zumal crowdfunding donation-based und reward-based sein kann.Die Crowdfunding-Studie fand zu einem anderen Zeitpunkt statt und fragte wer Crowdfunding nutzt. Das es hier Überschneidungen in der Zielgruppe gibt ist Fakt, das heißt aber nicht das sich das Spenden plötzlich Richtung Crowdfunding verschiebt. Da besteht statistisch kein nachweisbarer Zusammenhang, weil danach nicht gefragt wurde.

Kommentar von Madlen |

Hallo Herr Daberstiel, vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort!

Kommentar von Stephanie Neumann |

Liebes ngo-dialog Team,

danke für die Zahlen und die Analyse.

Gibt es aus Ihrer Sicht hier einen Zusammenhang mit den Investitionen in Neuspendergewinnung der spendensammelnden Organisationen. Diese geht, meiner Ansicht nach, seit Jahren zurück.

Beste Grüße
Stephanie Neumann

Antwort von Matthias Daberstiel

Hallo Frau Neumann,

ein sehr spannender Gedanke. Leider gibt es keine offizielle Zahlen über die Werbeausgaben von NGOs. Kolleginnen und Kollegen berichten aber immer wieder über fehlende Investitionsbereitschaft, gerade in die Zielgruppe der 40-50 jährigen. Wenn investiert wird, sind die  Ergebnisse meist aber auch unter denen der Ü-70-jährigen. Das sind aber nur Erfahrungsberichte und keine validen Daten. Leider hat die GfK schon vor einigen Jahren Ihren Mailing-Report eingestellt, der die Mailingauflagen auch für NGOs zählte. Nur daran könnte man einen Zusammenhang zwischen sinkenden Auflagen und sinkenden Spenderraten mit etwas Phantasie sehen. Allerdings muß auch klar sein, das eine bessere Zielgruppenauswahl und -ansprache und damit geringere Auflagen auch durchaus bessere Ergebnisse bedingen können.

Viele Grüße

Matthias Daberstiel