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Glaubwürdiges Fundraising

Spendenaktion „Mein Ziegelstein für die Garnisonkirche“
Spendenaktion „Mein Ziegelstein für die Garnisonkirche“

Tebartz van Elst, Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau von Kirchen, politischer Widerstand gegen kirchliche Schulen und Religionsunterricht – ein kräftiger Gegenwind bläst der Kirche in Deutschland entgegen. Skandale kann sie sich nicht mehr leisten sonst droht weiterer Spendenrückgang.

Der 20. März 2011 war geschichtlich kein hervorstechender Tag. Für die Kirche in Deutschland aber ist er ein unsichtbarer Wendepunkt. An dem Tag stimmten 76 Prozent der Magdeburger Bürger gegen den Wiederaufbau der Ulrichskirche in Magdeburg als Bürgerkirche. Immerhin eine der wichtigsten Kirchen der Reformation, von der die Thesen Luthers in die Welt getragen wurden. Walther Ulbricht, erster Staatschef der DDR, hatte die noch intakte aber beschädigte Kirche wie viele andere auch aus dem Stadtbild Magdeburgs tilgen lassen. Zurück blieb eine Wiese, die den Magdeburgern zum Schluss aber wichtiger war als eine Bürgerkirche, die das Telemann-Erbe würdigt und ein kirchlicher, aber auch zivilgesellschaftlicher und historisch wertvoller Ort der Stadt sein sollte. Fast unbemerkt hatte im Mutterland der Reformation ein Bürgerbegehren gegen eine Kirche stattgefunden.

Wiederholt sich Geschichte?

Auch das Wiederaufbauprojekt der Garnisonkirche Potsdam sieht sich seit Kurzem mit einem Bürgerbegehren konfrontiert. Die Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ wird am 20. März 2014 das Begehren starten und will die Stadt zwingen, aus dem Projekt auszusteigen. Ein Jahr hat die Initiative Zeit, 13 500 Potsdamer zu ihrer Unterschrift samt Adresse zu überzeugen und so zehn Prozent aller wahlberechtigten Potsdamer für das Begehren zu gewinnen. Der Termin ist taktisch klug gewählt, denn der 21. März gilt als Tag der Schande in Potsdam. An dem Tag konstituierte sich in der Garnisonkirche der deutsche Reichstag unter der Führung Adolf Hitlers. Der Anfang einer dunklen Ära. Dem versucht die Stiftung Garnisonkirche Potsdam entgegenzutreten, indem sie sich inhaltlich bewusst von Militarismus, Fremdenfeindlichkeit und Krieg absetzt. Das ist auch dringend nötig, denn allein mit kirchlichen Argumenten ist ein solches Wiederaufbauprojekt nicht zu stemmen. Es gibt in den neuen Ländern einfach zu wenig christlich motivierte Spender. Deshalb argumentiert die Stiftung auch mit der „neuen Mitte“, die Potsdam durch die Kirche gewinnen würde. Anders als die Wiederaufbauinitiative in Magdeburg wird die Stiftung auch von hohen kirchlichen Würdenträgern gestützt. Allen voran der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Dr. Wolfgang Huber.

Offenbar hat man auch aus dem Fall Magdeburg gelernt. Denn dort reagierte die Kirche nicht einmal, als bereits Plakate mit einer durchgestrichenen Kirche im Stadtbild auftauchten. In einer schnellen ersten Stellungnahme sah die Stiftung Garnisonkirche Potsdam den Bürgerentscheid sogar positiv. Potsdams Superintendent Joachim Zehner freut sich sogar auf das Bürgerbegehren gegen das Projekt. Bei der Frühjahrssynode des Evangelischen Kirchenkreises Potsdam sah er darin auch eine Chance: „Die Initiative hilft, den Wiederaufbau mit seinen Inhalten in die Medien zu bringen.“ Der Bau, für den in der ersten Bauphase 40 Millionen Euro benötigt werden, könne so für Spender überregional bekannter werden.

Fundraising wird schwieriger

Fundraising wird für die Kirchen aber durch Öffentlichkeit momentan nicht unbedingt leichter. So beklagte Caritas-Chef Peter Neher kurz nach Bekanntwerden der Bausummen für den Bischofssitz in Limburg über Spendenrückgänge und auch Essens Bischof Franz-Josef Overbeck drückt das Thema beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. „Wir haben den Spendenrückgang sehr deutlich gemerkt“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Auch die evangelischen Kollegen mussten ihre Wohnungen und Amtssitze plötzlich dem medialen Vergleich und Dauerfeuer stellen. Dabei ist das nicht neu. Zuschüsse für Großprojekte wie Kirchentage oder kirchliche Schulen werden regelmäßig von Abgeordneten von Land und Bund aufs Korn genommen. Und nicht nur von der Linken. In Sachsen zum Beispiel bevorzugt von der FDP, einer Partei mit nachweislich christlicher Wertetradition. Der Verweis auf das Kirchenrecht ist da wenig hilfreich, steht es doch meist dem Verlangen der Bürger nach mehr Transparenz entgegen.

Fakt ist, dass auch eine alte Institution wie die Kirche genauso in der Kritik steht wie Politik, Gewerkschaften und ADAC. Institutionen unterliegen einer ständigen Anpassung an ihre Umwelt. Wenn Erich Kästner sagt: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, dann meint er damit sicher auch, nicht nur im Verborgenen sondern gerade als Vorbild zu agieren. Die Kirche hat mit ihren strukturellen und personellen Möglichkeiten, ihrer Geschichte und ihrem Wertekanon eigentlich die besten Voraussetzungen für ein glaubwürdiges Fundraising. Aber sie muss das auch überzeugend leben und nicht nur den Christen, sondern allen Bürgern kommunizieren und vermitteln. Daran zu glauben reicht heute nicht mehr. Spender brauchen sichtbares Vertrauen.

Matthias Daberstiel


(Bild: Stiftung Wiederaufbau Garnisonkirche Potsdam)

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