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Unternehmen Weltverbesserer: Social Entrepreneur sein und trotzdem Geld verdienen

Ob in den Bereichen Bildung, Umweltschutz oder Armutsbekämpfung: immer mehr Unternehmer engagieren sich für soziale und ökologische Belange. Social Entrepreneurs denken innovativ, pragmatisch, nachhaltig und sie brennen für ihr Projekt. Gute Voraussetzungen, um erfolgreich durchzustarten, auch oder gerade weil, der Profitgedanke nicht im Vordergrund steht. Trotzdem muss auch ein Sozialunternehmen rentabel sein, sonst wird es nicht lange auf dem Markt bestehen. Um eine Projektidee in die Tat umzusetzen, kann man Hilfe bei Ashoka bekommen. Doch Eigeneinnahmen sind auch für den Sozialunternehmer überlebenswichtig. Die Unternehmensberaterin Annja Weinberger brachte den Teilnehmern der fundraising2.0-conference nahe, dass Gutes tun und Geld verdienen keine unüberwindbaren Gegensätze sein müssen.

Von der Vision zur gesellschaftlichen Veränderung

Auf der SOCAP/Europe Konferenz in der Amsterdamer Börse trafen sich im Juni vergangenen Jahres über 600 Investoren, Projektinitiatoren und Firmen aus der ganzen Welt, die ihre Tätigkeit in den Dienst der Nachhaltigkeit gestellt haben oder dies in der Zukunft planen. SOCAP versteht sich als Brücke zwischen der „alten“ Philanthropie-Form des Spendens und dem sozialen Investment. Gerade einmal 4% der Teilnehmer kamen aus Deutschland. Dabei engagieren sich auch hier bereits zahlreiche Menschen für einen gesellschaftlichen Wandel. Aber nicht jeder Engagierte wird zum Social Entrepreneur. Unternehmerische Lösungen für drängende soziale Probleme zu finden und umzusetzen, dafür bedarf es eines enormen Potentials an Innovation, Pragmatismus und Kapital. Sozialunternehmer sind in der „everyone is a changemaker-Welt“ diejenigen, die die Institutionen, Märkte und Mechanismen zur Überwindung gesellschaftlicher Probleme schaffen, so Felix Oldenburg, Geschäftsführer von Ashoka Deutschland. Um den Sozialunternehmen den Start zu erleichtern, bietet die Organisation ihren Fellows Gelegenheit, ihre Projekte zu präsentieren, Vernetzungsmöglichkeiten und ein Lebenshaltungsstipendium. Mit dieser Hilfe wurden bereits erstaunliche Projekte auf den Weg gebracht. Allen gemeinsam ist die Idee, Erfolgsrezepte in der Gesellschaft zu verankern.

Gutes tun und trotzdem Geld verdienen

Die Gründer und Initiatoren sozialer Unternehmen haben in erster Linie die Umsetzung ihres Projektes vor Augen. Die Zweckbestimmung des Unternehmens ist ausschließlich auf die Lösung brennender sozialer oder ökologischer Probleme ausgerichtet. Dabei verzichten die Investoren auf Dividenden für ihre Einlagen und reinvestieren ihre Gewinne in den Gründungszweck des Social Business. So definiert es der Gründungsvater des Social Entrepreneurship, Muhammad Yunus. Abweichend davon, erlaubt das sogenannte Social Investment Business eine begrenzte Verzinsung des eingesetzten Kapitals für die Social Investors. Damit kann es durchaus gelingen, gesellschaftliche Probleme zu lösen und gleichzeitig die Interessen der Kapitalgeber an einer angemessenen Rendite zu befriedigen.

Aber was ist mit den Social Entrepreneurs selbst, dürfen sie Geld verdienen? Auf der Website von Ashoka Deutschland ist zu lesen: „Der Inhalt und das Ziel der Arbeit von Social Entrepreneurs ist gemeinnütziger Natur. Sich selbst zu bereichern ist nicht ihr Ziel.“ Für Annja Weinberger, Unternehmensberaterin und Gründercoach, ist es eine Frage der Definition und der inneren Haltung. „Selbstverständlich verdienen Social Entrepreneurs Geld", sagt sie. „Geld einnehmen“ mit „sich bereichern“ gleichzusetzen, findet Frau Weinberger problematisch. Ihrer Meinung nach ist es gerade im Social Business wichtig, die Balance zwischen der Liebe zum Projekt und der Möglichkeit, damit auch Geld zu verdienen, zu finden.

So werden Sie als Sozialunternehmer wirklich zum „besseren" Unternehmer.

Es ist symptomatisch für Sozialunternehmer, dass diese mit guten Ideen und viel Enthusiasmus an den Start gehen. Damit bringen sie eine der wichtigsten Voraussetzungen mit, um ein erfolgreiches Unternehmen zu führen. Aus unternehmerischer Sicht ist das nicht genug. Entscheidend sei ein funktionierendes Geschäftsmodell, eine überzeugende Geschäftsidee und intensives Marketing, so Weinnberger. „Sehen Sie das Geldverdienen nicht als notwendiges Übel an", appelliert sie an alle Social Entrepreneurs. Denn wenn ein Sozialunternehmen sich nicht irgendwann von selbst trage, dann müsse es schließen. Damit werde nicht nur die Energie verschwendet, die dem Projekt zusteht, das schade letztendlich auch den Nutznießern des Projektes.

Damit es eine Zukunft hat, muss das Social Business florieren, und das lässt sich, neben der Projektförderung, nur mit entsprechenden Eigeneinnahmen erreichen. Hier ist eine wirtschaftliche Denkweise gefragt, die sich mit Marketingstrategien, Geschäfts- und Ertragsmodellen beschäftigt. Das Unternehmen aus Kunden- oder Nutzersicht zu betrachten, erfordert einen Rollenwechsel und einen anderen Blick. Frau Weinberger rät: „Investieren Sie in Ihre Werbemaßnahmen genauso viel Energie, Liebe und Mühe, wie in ihr Projekt selbst. Machen Sie durch Werbemaßnahmen auf sich aufmerksam. Nutzen sie Social Media, machen Sie Pressearbeit, suchen Sie sich Testimonials und schaffen Sie Vertrauen in Ihr Unternehmen. Denn ein Angebot ist erst dann marktfähig, wenn ein drängendes Problem für eine Zielgruppe gelöst werden kann."

Weiterführende Informationen
Coaching: Agentur für Authentische Kommunikation
Förderung + Vernetzung: Ashoka Deutschland
Literatur: Helga Hackenberg und Stefan Empter: Social Entrepreneurship - Social Business: Für die Gesellschaft unternehmen

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