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Fundraising als Beruf: „Profis sind ein seltenes Gut“

„Wir suchen eine/einen Referentin/Referenten für Fundraising zum nächstmöglichen Termin“ – die aktuellen Chancen auf eine Stelle für Fundraiserinnen und Fundraiserinnen in Deutschland sind zu beneiden. Doch wie entwickelt sich das moderne Berufsfeld? Bei der hohen Nachfrage nach gründlich ausgebildeten Mittelbeschaffungs-Spezialisten bleiben viele Fundraising-Stellen über Monate unbesetzt, die Bewerberzahlen halten sich in Grenzen und die Fluktuation nimmt zu. Was steckt dahinter?

Professionelles Fundraising in Deutschland ist ein vergleichsweise junger Beruf. Erst seit Mitte 90er Jahren spricht man im gemeinnützigen Bereich von diesem eigenständigen Berufsbild, das sich nach und nach aus der Öffentlichkeitsarbeit, dem Projektmanagement und der Spendenverwaltung herauskristallisiert hat. Eine zertifizierte Berufsausbildung zum „Fundraising Manager“ gibt es seit 1999. Die Berufsbezeichnung „Fundraiser“ ist – ähnlich wie im journalistischen Bereich – nicht geschützt: Jeder kann Fundraiser werden, der auf die betriebwirtschaftliche Vorkenntnisse und stark ausgeprägte persönliche soziale Kompetenzen zurückgreifen kann.

Prognose positiv: Hervorragende Berufschancen

Nach Einschätzungen des Deutschen Fundraising Verbandes sind derzeit ca. 2.500 Personen in Deutschland hauptberuflich im Fundraising tätig. Die Prognose ist positiv: Entwickelt sich die Kultur des Gebens in Deutschland nach dem angelsächsischen Vorbild, ist in den nächsten zehn Jahren mit ca. 5.000 Mittelbeschaffungs-Experten zu rechnen. Die Berufschancen stehen dann besonders gut, wenn man neben einer fachlichen Ausbildung genügend Praxiserfahrungen mitbringt.

Ein Kriterium für die fachliche Qualifikation ist inzwischen zweifellos der Abschluss der Fundraising Akademie Frankfurt am Main. Als Marktführer hat die Fundraising Akademie in den vergangenen zehn Jahren über 500 Fundraising-Manager ausgebildet. Die Nachfrage für die berufsbegleitenden Kurse, die zwei Mal im Jahr starten, lässt nicht nach.

Stellenangebote: Unrealistische Vorstellungen schrecken Profis ab

Allein über den Email-Verteiler der Fundraising Akademie wurden im vergangenen Jahr ca. 120 Stellenausschreibungen für Fundraiser verbreitet. „Das ist ein Viertel mehr als im Jahr davor“, sagt Dr. Thomas Kreuzer, Direktor der Fundraising Akademie. Umgerechnet mindestens zwei Stellenausschreibungen pro Woche sprechen dafür, dass die Nachfrage nach qualifizierten Fundraising-Fachkräften stetig steigt.

In den Stellenausschreibungen werden meistens Referenten und Sachbearbeiter gesucht, aber auch Fundraising-Leitungsstellen sind regelmäßig ausgeschrieben. Doch ungeachtet der Ebene fehlen bei der Konzeption der Stellen seitens der NGOs-Leitung meist grundlegende Fundraising-Kenntnisse. „Die Stellen werden häufig auf reine Umsatzgenerierung beschränkt, ohne dass die Leitung einer NGO sich im Klaren ist, dass ins Fundraising zunächst investiert werden muss“, so Kreuzer. Je präziser die übertriebenen Erwartungen in einem Anforderungsprofil ausgedruckt sind, desto weniger qualifizierte Bewerber melden sich. Diese unrealistischen Vorstellungen in den Stellenausschreibungen schrecken vor allem die erfahrenen Bewerber ab, die ihre ersten Begegnungen mit der „Institutional Readiness“ einer NGO bereits hinter sich haben und wissen, dass die Erfolge im Fundraising ihre Zeit brauchen. Die gravierende Folge: Fundraising-Leitungsstellen bleiben bis zu einem Jahr unbesetzt.

Dazu kommen die häufig zeitlich befristete Verträge: Nach einem Jahr soll eine Fundraising-Stelle sich selbst tragen! Kein Wunder, dass die hoch qualifizierte, erfahrene Fundraiserinnen und Fundraiser bei einem anstehenden Stellenwechsel sich Zeit lassen und sich auch räumlich als unflexibel erweisen. Sie sind nach wie vor ein seltenes Gut.

Personalberater mit Non-Profit-Hintergrund sind gefragt

„Um der derzeitigen Situation entgegen zu wirken, brauchen wir Personalberatungs-Agenturen, die ein gutes Know-how im Fundraising-Bereich haben und gleichzeitig auf umfassende Kenntnisse des gemeinnützigen Bereiches zurückgreifen können“, erläutert Dr. Kreuzer. Die Führungsebene von NGOs hat in den vergangenen Jahren erkannt, dass gute Fundraiser eine Menge Wert sind. Bei der Suche ist man oft auf die Kompetenz externer Personaldienstleister angewiesen und hier mangelt es an Spezialisten.

„Die Unterstützung von Personalberatern mit einem Non-Profit-Hintergrund ist bei der Personalauswahl genauso wichtig wie für Bewerbungs-Trainings und Coaching on the Job“, so Kreuzer. „Wir haben viele gut ausgebildete und erfahrene Fundraiserinnen und Fundraiser in Deutschland, die eine Chance verdient haben, in den Organisationen ihren Platz zu finden, als Experten akzeptiert zu werden und die Zukunft einer NGO auch inhaltlich mitzugestalten.“ Die Zeiten von empathischen Einzelkämpfern sind vorbei.

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