AKADEMISCHES

Weniger Deutsche spenden

Weniger Menschen spenden mehr
Weniger Menschen spenden mehr

Die Deutschen haben von Januar bis September 2019 rund 3,3 Milliarden Euro gespendet. Das ist das drittbeste Ergebnis seit Beginn der Erhebung im Jahr 2005. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Spendenniveau um moderate 1,3 Prozent gesunken. Die Prognose für das Gesamtjahr sieht dennoch – selbst bei pessimistischer Betrachtungsweise – gut aus. Das sind Ergebnisse der GfK-Studie „Trends und Prognosen“, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrats durchgeführt wird.

Es ist mittlerweile fast schon das gewohnte Bild: Weniger Menschen spenden, aber das Spendenaufkommen insgesamt ändert sich kaum. Im Zeitraum Januar bis September 2019 spendeten rund 15,7 Millionen Deutsche Geld an gemeinnützige Organisationen oder Kirchen, 800.000 Menschen weniger als 2018 (Bild 1). Dies ist der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung. Dr. Max Mälzer, neuer Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats e.V.: „Der Trend der letzten Jahre, dass immer weniger Menschen spenden, bleibt damit leider ungebrochen. Erfreulicherweise sind die Auswirkungen auf das gesamte Spendenvolumen dennoch gering.“


Was zählt mit rein?

Der Deutsche Fundraising Verband rechnet dagegen anders. Seiner Berechnung nach, liegt das Spendenaufkommen bei über 30 Milliarden Euro pro Jahr. Denn in den Zahlen der GfK sind Großspenden und Erbschaften nicht eingerechnet, machen aber mittlerweile einen veritablen Anteil des Gesamtspendenmarktes aus. Der Verband rechnet hier mit über zwölf Milliarden Euro statt der für 2018 vom Spendenrat avisierten über fünf Milliarden Euro. Auch die Spenden von Unternehmen, die laut einer Studie von Bertelsmann bei 9,5 Milliarden Euro jährlich liegen, sind hier unberücksichtigt. Außerdem zählt der Verband auch die Kirchensteuer mit hinzu, weil man sich ja freiwillig einer Religionsgemeinschaft anschließt.

Ist also alles gut in Spendendeutschland? Grundsätzlich gibt es Positives: Der Betrag der durchschnittlichen Spende pro Spendenakt liegt wie im Betrachtungszeitraum des Vorjahres bei sehr guten 35 Euro. Damit liegt dieser Wert erneut auf dem Rekordniveau des Ausnahmejahres 2015. Die durchschnittliche Spendenhäufigkeit pro Spender stieg sogar auf einen neuen Rekordwert. Die Deutschen spenden im Schnitt sechsmal pro Jahr. Beide Faktoren sorgen maßgeblich für die stabile Entwicklung des Gesamtspendenvolumens.

Die Gruppe 70+ dominiert weiterhin den Spendenmarkt.
Die Gruppe 70+ dominiert weiterhin den Spendenmarkt.

Die biologische Uhr tickt

Nach wie vor spendet die Generation 70plus am meisten. Ihr Anteil am Gesamtspendenvolumen stieg sogar wieder deutlich von rund 35 Prozent auf knapp 41 Prozent. Damit liegt ihr Anteil wieder auf dem Niveau von 2017. Auch die Spendenbereitschaft innerhalb dieser Altersgruppe ist mit 42,5 Prozent deutlich überdurchschnittlich. Nur in der Betrachtung des Spendenvolumens pro Spender liegt diese Altersgruppe mit 255 Euro pro Spender knapp hinter der Altersgruppe 40–49 Jahre (263 Euro pro Spender). Dr. Max Mälzer, warnt deshalb bereits: „Die Altersgruppe 70+ setzt sich in fast jeder Analyse von den anderen Altersgruppen ab. In Anbetracht der offensichtlichen demografischen Entwicklungen ist dies sicherlich ein Fingerzeig auf die zukünftigen Spendenentwicklungen.“ Denn offenbar kommen nicht genügend neue Spender nach.

In der Altersgruppe 60–69, klassischerweise zur Babyboomer-Gruppe gehörig, spenden nur 25,8 Prozent und auch nur 183 Euro im Schnitt pro Jahr (Bild 2). Schon länger wird diskutiert, ob sich die Babyboomer mit genau denselben Werten ansprechen lassen, wie die Gruppe der 70+. Legt man typologische Untersuchungen zu Grunde, ist das nahezu ausgeschlossen. Auch der Vertrauensverlust in Institutionen und auch in NGOs könnte ein Grund für die stetig sinkende Zahl der Spenderinnen und Spender sein. Zwar stieg im Edelmann-Trust-Barometer 2019 das Vertrauen der Bevölkerung für NGOs erstmals seit drei Jahren wieder an, aber wie schon Warren Buffet, größter Spender der Welt und Hedgefond-Manager sagte „Du brauchst 20 Jahre, um Vertrauen aufzubauen aber es genügen fünf Sekunden, um es zu ruinieren. Wenn man das weiß, denkt man darüber differenzierter.“


Katholische Organisationen verlieren weiter

Ein Indiz dafür ist die Entwicklung von Spenden für konfessionelle Organisationen. Nach stetigen Rückgängen in den letzten Jahren stieg der Anteil am Gesamtspendenaufkommen leicht von 23,2 Prozent auf 23,7 Prozent. Allerdings lässt sich feststellen, dass die Zugewinne allein auf evangelische Organisationen entfallen, während katholische Organisationen einen weiteren Rückgang hinnehmen müssen. Das kann viele Gründe haben. Auch die abnehmende Zahl von Menschen, die sich der christlichen Konfession zugehörig fühlen. Aber die fortwährende Debatte um Reformen in der katholischen Kirche und Themen wie Geldverschwendung und Missbrauchsfälle ist sicher nicht vertrauensbildend. Die Top 25 der nicht konfessionellen Organisationen setzen dagegen ihre bereits in den letzten Jahren erkennbare Steigerung am Anteil der Gesamtspendeneinnahmen fort (26,7 auf 30,1 %).

(Bilder: Deutscher Spendenrat, GfK)

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