AKADEMISCHES

Online-Spenden ist zu oft ein Hürdenlauf

Diese zehn Organisationen hatten nach Ansicht der Tester die beste Website für Online-Fundraising und alle einen Indexwert über 75.
Diese zehn Organisationen hatten nach Ansicht der Tester die beste Website für Online-Fundraising und alle einen Indexwert über 75.

Spricht man von Barrierefreiheit, hat man eher eine Rampe im Hinterkopf. Bei einer aktuellen Studie ging es aber darum, wie leicht man über Internetseiten von Non-Profit-Organisationen spenden kann. Die Ergebnisse zeigen: Es ist viel Luft nach oben.

Im April und Mai 2017 wurden in einem Projekt an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg unter Führung von Prof. Dr. Hartmut Kopf und dessen Agentur kopf.consulting 551 deutsche Spendenorganisationen anhand von sieben Kriterien analysiert und mit einem definierten Index beurteilt. Die Forschungsfrage lautete: Wie einfach, schnell und ohne Umwege kann man auf den Webseiten deutscher Spendenorganisationen online spenden?


Trend mit Hürden

Für Prof. Dr. Hartmut Kopf zeigte sich am Anfang der Studie ein Widerspruch: Viele Experten bezeichnen das Thema Online-Spenden als den Trend im Fundraising, gleichzeitig kommen aber nach der aktuellen Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung nur 2,3 Prozent aller Spenden direkt über die Homepages der Organisationen. Deshalb analysierte er die Webseiten der gemeinnützigen Organisationen, die im Spendenrat, dem dzi, Venro und anderen Vereinigungen aktiv sind und stellte fest: 90 Prozent von ihnen stellen Onlinespendern Hürden in den Weg.


Die Ergebnisse

Auffällig war besonders, dass die Organisationen oft sogar auf sichtbare Spendenaufrufe verzichteten, obwohl sie Spenden benötigen. Die Bestplatzierten im Ranking (Bild) überzeugten dagegen durch sehr gute Suchmaschinenoptimierung, auffällige, mehrformatige Spendenaufrufe, in den Spendenprozess integrierte Auswahlmöglichkeiten für Verwendungszwecke, die Möglichkeit, die Spendenfrequenz zu bestimmen sowie das Angebot, Spendentransaktionen durch mehrere Zahlungsmethoden zu realisieren.

Prof. Dr. Hartmut Kopf legte mit seinem studentischen Team sieben Kriterien für die Qualität einer guten Website für Online-Spenden fest und bildete daraus einen Indexwert:

  • Suchmaschinenoptimierung
  • Optimierung für mobile Geräte
  • Optimierung durch Leichte Sprache
  • Sichtbarkeit und Darstellung des Spendenaufrufes
  • Nutzerfreundlichkeit des Spendenrealisierungsprozess
  • Menge der Zahlungsoptionen
  • Transparenz der Spendenverwendung

Das Ergebnis ist ernüchternd, weil ja auch viele große Organisationen befragt wurden. Lediglich 10 Prozent der untersuchten Websites schafften einen Indexwert über 75. Das Optimum liegt bei 100. Fast ein Drittel (31 Prozent) scheint noch gar nicht auf die Gewinnung von Online-Spendern ausgerichtet zu sein. 26 Prozent möchten zwar Online-Spenden, haben aber die anwenderfreundliche Umsetzung nicht im Blick (Indexwerte 26 bis 50). Ein weiteres Drittel liegt im oberen Mittelfeld, wo es zur Spitze hin aber noch Optimierungsbedarf gibt (Indexwerte 51 bis 75).


Worauf sollten Spendenorganisationen achten?

Wesentliche Herausforderung für die Mehrheit der Seiten ist die Sichtbarkeit: Viele Seiten sind kaum oder unzulänglich für Suchmaschinen optimiert. Zusätzlich fehlt die Optimierung auf mobile Endgeräte. Das führt bei zunehmender mobiler Internetnutzung dazu, dass potenzielle Spender das Spendenanliegen wortwörtlich nicht zu Gesicht bekommen. Sehen sie zwar das Spendenanliegen, finden sie oft keinen konkreten Spendenaufruf. Zu viele Seiten verstecken den Spendenaufruf in Untermenüs oder verzichten ganz auf ihn. Erfolgreiches Online-Fundraising braucht zudem eine einfache Zahlungsabwicklung. Und: Kann die Zahlung an einen bestimmten Zweck gebunden werden, kann der Spender zwischen Einzel- und Dauerspende wählen, hat er eine Auswahl an Zahlungsoptionen, und findet die finanzielle Transaktion auf der Seite der Spendenorganisation statt oder wird der Spender auf Internetseiten einer Bank oder eines Spendenmarktplatzes weitergeleitet?


Studie zeigt Nachholbedarf

„Die Komplexität der Online-Fundraising-Lösungen steigt schnell an, und viele Organisationen zeigen sich ihr nicht gewachsen“, stellt Prof. Dr. Hartmut Kopf deshalb fest. Dabei wird das Gewinnen von Online-Spendern aufgrund des demografischen Wandels immer relevanter. „Das Thema kann nicht ausgesessen werden, will man die Zukunft der eigenen Organisation nicht gefährden. Die notwendigen Fähigkeiten für ein barrierefreies Online-Spendenerlebnis müssen entweder in der eigenen Organisation aufgebaut oder durch Externe beauftragt werden“, ist sich Studienleiter Kopf sicher.

Mehr Informationen zur Studie hier.

(Quelle: Studie kopf.consulting 2017)

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